Erst Restaurierung, dann Abtransport?

Mit dem Fortschritt immer nach oben strebend, in die Zukunft und in das Weltall reisen. Kein Weg sei zu weit gewesen und keine Bemühung zu groß, wenn man buchstäblich zu den Sternen greifen möchte – so wollte sich der Sozialmus mit seinen vermeintlichen Errungenschaften in der ehemaligen DDR darstellen. Was daraus letztendlich geworden ist, wissen wir. Vor knapp 30 Jahren verschwand der sogenannte real existierende Sozialmus in Ostdeutschland. Dennoch finden wir heute noch Zeugnisse dieser Ideologie. Eines davon sind die Mosaikbilder von Fritz Eisel, die nach wie vor in Potsdam in der Breite Straße im Bereich des Erdgeschosses des Rechenzentrums zu finden sind. Was damals die Vorstellungen der politischen Elite darstellen sollte, ist heute ein Kunstwerk, das es zu bewahren gilt. Doch was mit ihm passieren soll, ist noch unsicher.

Mosaikbilder in Potsdam, Zukunftsmusik der DDR: Satelitenschüssel.

Zukunftsmusik der DDR: Satelitenschüssel. Fotos: kb

Ungeklärte Zukunft

Wo sich bis 1968 einst die ursprüngliche Garnisonkirche befand, wurde zu Zeiten der DDR das Rechenzentrum erbaut, welches als Komplex zur damaligen VEB Maschinelles Rechnen des Bezirkes Potsdam gehörte. In den Jahren 1971/72 kreierte Fritz Eisel die 18 Platten mit aus jener Zeit typischen Mosaikbildern. Fritz Eisel erschuf die Wandmosaike aus kleinen bunten Glassteinen, die im gesamten Umfang je Bild etwa drei Meter hoch und etwas mehr als drei Meter breit sind.
Wie damals oft üblich, sollte die Ideologie, der gesellschaftlichen und politischen Überlegenheit der DDR über den vermeintlich bösen und kapitalistischen Westen thematisiert werden. Das gesamte Kunstwerk mit dem Titel „Der Mensch bezwingt den Kosmos“ ist eines der Highlights der Stadt Potsdam, dessen Bestehen nicht nur wegen der aktuellen direkt anliegenden Baumaßnahmen der neuen Garnisonkirche in Gefahr ist. Auch die Einflüsse der Umwelt über die Jahre hinweg haben den denkmalgeschützten Bildern einiges abverlangt, so dass jetzt Maßnahmen zur Sicherung von vier Mosaiken notwendig geworden sind. Hierbei handelt es sich aber nicht um eine komplette Sanierung, sondern um Sicherungsarbeiten, die etwa zweieinhalb Wochen Arbeitszeit in Anspruch nehmen sollen. Das Ziel ist, Folgeschäden zu vermeiden und bereits entstandene Schäden zu reparieren. Wichtig ist es den beteiligten Akteuren, dass die Mosaike in dieser Zeit nicht aus dem Bild der Stadt verschwinden, also sprich verhüllt werden. Der gesamte Prozess soll sichtbar bleiben.

Mosaizistin Svenja Teichert

Mosaizistin Svenja Teichert

An diesem Vorhaben arbeiten nun die Experten der Firma Cosmomusivo aus Berlin, welche Spezialisten auf dem Gebiet der Mosaikkunst sind. Eine von ihnen ist die Mosaizistin Svenja Teichert, die aktuell an der Erhaltung der Bilder beteiligt ist. In feiner Handarbeit werden Risse und sonstige noch so kleine Makel von ihr mittels Japanpapier, Glasfasernetzen und anderen Materialien behoben. So werden Stück für Stück die kleinen gläsernen Steine der Mosaike ihren Platz auf den Kunstwerken wieder zugeführt. Wenn die Bilder wieder in ihrem vollen Glanz strahlen und uns somit von vergangen Tagen erzählen, ist dennoch unklar, was mit ihnen und dem Rechenzentrum passieren wird. Immerhin bietet die unmittelbar anliegende noch im Bau befindliche neue Garnisonkirche ordentlich Stoff für hitzige Debatten. Muss das Rechenzentrum zu Gunsten der Kirche in Gänze weichen oder wird es einen Kompromiss geben?
Bei einem Verbleib des Rechenzentrums bliebe aber die Frage offen, wie genau das Gebäude genutzt wird. Das Aufeinandertreffen von diesen geschichtsträchtigen Orten sorgt nach wie vor für Spannung unter den beteiligten Interessengruppen. Potsdams Oberbürgermeister, Mike Schubert, lässt zuweilen den Dialog über die Zukunft des Rechenzentrums noch offen. Was also aus den Bildern wird, kann niemand sagen. Klar scheint aber zu sein, dass die Mosaike nicht den Standort wechseln werden. Immerhin verschiebe man Denkmäler nicht einfach nach Belieben. Diese Mosaike werden wegen ihrer Historie an diesem Standort verbleiben.

Knapp 30 Jahre nach Verschwinden der Deutschen Demokratischen Republik werden wir uns in der Stadt Potsdam vermehrt damit auseinandersetzen, wie mit dem architektonischen Erbe jener Zeit umgegangen wird. Werke dieser Art sind Zeitzeugen einer Epoche, die uns nur wenige Jahrzehnte später schon als weit entfernt vorkommen. Doch es gilt, genau diese zu bewahren, damit nicht das Vergessen einsetzt. Kunst sagt immer etwas über die Zeit aus, aus der sie stammt. Jedoch hat der Kunstbetrachter eine individuelle Sicht und ist frei in seiner eigenen Interpretation.

 

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