Brückenbaustellen behindern die Strecke zwischen Golm und Wustermark. Wie lange noch?
Seit 4. Oktober geht auf der Regionalbahnstrecke zwischen Wustermark und Golm für den Personenverkehr nichts mehr. Die Züge der Linie RB 21 fallen zwischen Golm und Wustermark aus und werden durch Busse ersetzt. Einige Busse fahren montags bis freitags in den Randzeiten die ganze Strecke zwischen Potsdam Hauptbahnhof und Wustermark. Am Samstag und Sonntag den ganzen Tag über. „Beachten Sie die veränderten (früheren/späteren) Fahrzeiten der Busse. In Wustermark bzw. Golm haben Sie von den Bussen Anschluss an die planmäßig abfahrenden Züge in Richtung Potsdam bzw. Rathenow. Ihre Reisezeit verlängert sich um bis zu 66 Min.“, heißt es in der offiziellen Information der Bahn. Auch die RB 20 und RB 22 sind von den Sperrungen betroffen.
Für die Pendler nach Potsdam, Berlin und Oranienburg und für die zahlreichen Studenten der Potsdamer Uni ist das eine sehr schwierige Situation. Ein Pendler aus Marquardt berichtet „Die Fahrzeit (nach Berlin) verlängert sich um 20 bis 30 Minuten. Die Teilsperrung der Strecke von Wustermark nach Golm ist natürlich nötig, wenn wichtige Bauarbeiten anstehen. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass eine solche mehrmonatige Unterbrechung nicht just über die Herbst- und Wintermonate gelegt wird. Denn erstens steht man jetzt morgens in Golm in der Frühe im Schnitt eine Viertelstunde auf dem offenen Bahnsteig, zweitens fällt das Fahrrad im Winter sowie bei Kälte und Regen als Ersatz aus.“
Vegetationsschutz geht vor
Gerade in der Winterzeit, wenn noch mehr Menschen auf die Bahn umsteigen (müssen), wird die gesamte Strecke blockiert. Bahnsprecher Gisbert Gahler dazu: „Wegen der gesetzlichen Vorgaben aus dem Naturschutz – Vegetationsschutz und Schutz der Fauna – steht für die Umsetzung der Baumaßnahme in diesem Gebiet nur der Zeitraum von September bis Oktober zur Verfügung.“ Ist das in diesem Fall angemessen? Von der Vegetation um die Baustellen herum ist durch die lange Bauphase kaum noch etwas übrig. Zusätzliche Autofahrten gehen auf das Negativkonto der Umweltbilanz.
Verwunderung löst der Fakt aus, dass die Güterzüge die Strecke weiterhin nutzen dürfen. Die Strecke ist wechselseitig eingleisig befahrbar. Da Güterzüge sich an keinen Fahrplan halten müssen, passen sie irgendwie durch. Gisbert Gahler: „Die Belastung des westlichen Berliner Außenringes durch den Schienengüterverkehr ist derzeit besonders hoch aufgrund der parallelen Einschränkungen und von Baumaßnahmen am östlichen Ring (Karower Kreuz und Biesdorfer Kreuz).“ Es passt also offensichtlich ganz gut, dass der Personenverkehr auf der westlichen Umfahrungsstrecke den Güterverkehr gerade nicht stört.
Die Brücke in Priort
Die erste Baustelle auf der für Personenverkehr gesperrten Strecke ist die Brücke über den Großen Graben in Priort. Sie sollte eigentlich 2016/17 fertig gestellt werden, aber das gesamte Projekt wurde abrupt gestoppt. Die Bahn erklärt dazu: Es gab Probleme, Risse und Bewegungen am planmäßig teilweise abgerissenen südlichen Brückenpfeiler und im Baugrund sowie wetterbedingte Einflüsse (Starkregen) bei der Montage der Fertigteile – Weiterhin waren Risse im Böschungsbereich Süd zu erkennen.
Da weitere Bewegungen im Böschungsbereich der restlichen Pfeiler nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden konnten, wurde die Räumung der Baugrube veranlasst, um Personenschäden zu vermeiden. „Eine Weiterführung der Baumaßnahme war auf Grund vorbenannter Situation und aus sicherheitstechnischen Gründen so nicht mehr möglich.“ so Gahler.
Da eben nur im Winter gebaut werden darf, wurde für die Zwischenzeit (2017 bis 2018) ein Provisorium errichtet, damit die Züge fahren konnten. Für die aktuelle Baustelle wäre es also zu wünschen, dass es nicht zu doll regnet. Der Einschub der neuen Brücke ist für Anfang des neuen Jahres 2019 geplant.
Brücke nördlich von Grube
Die zweite Baustelle befindet sich nordwestlich des Heinebergs ungefähr auf halber Strecke zwischen dem Bahnübergang nach Siedlung Schlänitzsee und Grube. Die neue Eisenbahnbrücke soll der kontrollierten Entwässerung der landwirtschaftlichen Flächen dienen. Und die „Lebensräume des heimischen Otters verbinden“. In einem entsprechenden Beschluss des Ministeriums für Infrastruktur und Raumordnung heißt es: „Das Land Brandenburg ist fast flächendeckend Verbreitungsgebiet des Fischotters. Aufgrund seiner hohen Arealansprüche ist er sehr empfindlich gegenüber straßenbaubedingten Trenn- und Barrierewirkungen bzw. unterliegt einer starken Gefährdung durch Kollision mit Kraftfahrzeugen. Zielsetzung der Straßenbauverwaltung ist es, die straßenbaubedingten Trenn- und Barrierewirkungen durch artgerechte Schutzmaßnahmen zu minimieren.“ Für die Schiene gilt das ebenso. Für den Fischotter wird eine Art Weg neben dem Wasser angelegt. Ob Fischotter tatsächlich im nähren Umfeld des Schlänitzsees leben, wäre ein Thema für eine folgende Ausgabe.
Zugsperrung bringt weitere Probleme
Die Fahrgäste müssen leider mit weiteren Nachteilen rechnen, die durch den Ersatzverkehr zu Stande kommen: An der Bushaltestelle „Marquardt Schule“ gibt es kaum Parkplätze. Allerdings werden die Menschen, die den Bahnhof Marquardt sonst mit dem Auto angefahren haben, wohl eher gleich komplett das eigene Auto nehmen. Das führt u.a. zu einem verstärkten Rückstau, zum Beispiel auf der B2 Richtung Berlin. Vor den Ferien im Oktober war teilweise die gesamte Strecke ab Groß Glienicke bis Spandau während des morgendlichen Berufsverkehrs dicht.
Da die Züge ab Golm Richtung Berlin und Schönefeld eingesetzt werden, gibt es viele vernünftige Pendler, die ihr Auto in Golm abstellen. Nur reicht dafür der kleine P&R-Platz am Bahnhof Golm nicht aus. Auf den REWE-Parkplatz auszuweichen ist leider keine Option. Der ist nur für Kunden bestimmt und zeitweise auch komplett belegt. Der Golmer Peer Wendt schlägt vor: „Vom Bahnhof kommend gleich hinter dem IKMZ (Unibibliothek) links und dann vor der Schranke rechts gibt es viele, frei zugängliche Parkplätze.“
Es gibt Hoffnung
Die Deutsche Bahn bedauert die wiederholten Einschränkungen. Mit einer Dankeschön-Aktion möchte sie sich bei den Fahrgästen für deren Geduld bedanken. Das ist nett gemeint. Eine echte Lösung wäre besser: Der aktuelle Fahrplan gilt nur bis zum 8. Dezember 2018. Aber erst am 15. Februar 2019 soll die Strecke wieder komplett frei gegeben werden.
Auf Nachfrage des POTSDAMERs deutete Gisbert Gahler an, dass im Moment gerade geprüft wird, ob für die Zeit dazwischen nicht doch eine „Basis-Bedienung mit sinnvollen Anschlussbeziehungen realisiert werden kann“. Das heißt, es könnten evtl. doch einige Züge ab Fahrplanwechsel im Dezember fahren, wenn alles gut geht. Die vielen Pendler, Schüler und Studenten würde das sehr freuen! sk
Den aktuellen Fahrplan für den Schienenersatzverkehr finden Sie hier: https://bauinfos.deutschebahn.com/berlin-bb,3