Gemeinsame Mahnung auch an die Demokratie

Anlässlich der 56. Wiederkehr des Mauerbaus am 13. August 1963 hielt das Bezirksamt Spandau von Berlin und die Heimatkundliche Vereinigung Spandau 1954 e.V. – Spandauer Geschichtsverein, eine Gedenkstunde zu Ehren der an der innerdeutschen Grenze zu Tode gekommenen Menschen ab, bei der auch die Namen der Toten öffentlich verlesen wurden.
Die „Spandauer Mauergedenkstätte“ befindet sich in Berlin-Staaken (Heerstr. /Bergstr.) und wurde zu einem Drittel durch die Heimatkundliche Vereinigung finanziert.

In Abwesenheit des Stadtrats nahmen die anwesenden Sprecher, der Bezirksbürgermeister von Spandau, Helmut Kleebank, sowie der 1. Vorsitzende der Heimatkundlichen Vereinigung, Karl-Heinz Bannasch, die Gelegenheit war, der Mauer-Toten zu gedenken und mahnten dabei, die Umstände nicht zu vergessen, die schließlich zum Mauerbau führten.
Kleebank erinnerte in seiner Rede an die Opfer, an deren Familien und Freunde sowie deren Sehnsüchte und Hoffnungen auf ein besseres und freieres Leben, die mit der versuchten Flucht aus einem Staat verbunden waren, der drauf ausgerichtet war, die Freiheitsrechte der Menschen zu unterdrücken.
In diesem Kontext erwähnt Kleebank den Nazi-Terror und dessen Parallelen zur ehemaligen DDR. Beide seien Geschichte. „Die friedliche Revolution von 1989 ist und bleibt eines der größten Wunder der Deutschen Geschichte“, so Kleebank. „Heute könnten wir Deutschen das glücklichste Volk der Erde sein, weil hier niemand zur Flucht gezwungen ist, im Gegensatz zu den vielen Menschen in anderen Teilen der Welt. Und auch wenn Deutschland keine perfekte Welt ist, in der es auch Arm und Reich und Ungerechtigkeiten gibt, so haben es wir Deutschen selbst in der Hand, dies zu ändern, weil es uns unser Rechtssystem ermöglicht“, meint Kleebank weiter.

In Spandau legten am 12. August K.-H. Bannasch (2.v.l.), G. Schiller (2.v.r.), H. Kleebank (r.) in Gedanken an die Mauertoten Kränze nieder

Kleebank erinnert auch daran, dass man das demokratische Wertesystem auch und besonders gegen einen erstarkenden Rechtsextremismus verteidigen müsse. „Der Gedenktag ist auch ein starkes Zeichen für die Freiheit und die Werte unseres Staates und für die Bereitschaft, diese zu verteidigen“, schließt Kleebank seine Rede.
Karl-Heinz Bannasch stellt fest, dass Erinnerung schwer fällt, wenn es nichts Greifbares gibt, woran man sich erinnern soll. Aus diesem Grund seien Mahnmale so enorm wichtig. Bannasch sieht den Bau der Mauer nicht als spontane Idee des DDR-Regimes, sonders als ein Instrument des Kalten Krieges, das bereits lange vor dem Mauerbau selbst von der damaligen Sowjetunion geplant und unterstützt worden sei. „Die Mauer war ein Instrument des Kalten Krieges, das als antifaschistischer Schutzwall definiert wurde“, so Bannasch.

„Wir sehen, der Beton war nicht für die Ewigkeit. Doch die Mauer mahnt uns. Man darf deshalb auch heute nicht die Augen davor verschließen, dass Menschen auf der Flucht sind und diese mit ihrem Leben bezahlen“, weist Bannasch auf die aktuelle Situation und den Umgang mit Geflüchteten hin.
Humanität und Menschenwürde haben nicht die Frage zu beantworten, ob jemand zu Recht oder Unrecht flieht, vielmehr gehe es darum, einen Dialog aufzubauen, der den Beteiligten nachhaltig und vorurteilsfrei helfe, fordert Bannasch auf.
Mit einem Zitat von Benjamin Franklin beendet Bannasch seine Rede: „Wer die Freiheit aufgibt, um die Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.“ Im Anschluss an die Reden legten weitere Gäste ihre Kränze an der Mauergedenkstätte nieder.

sts