Verwaltungsgericht stoppt Bauvorhaben, Potsdamer Verwaltung hält Baugenehmigung für rechtens

Im Frühjahr dieses Jahres präsentierte die Verwaltung der Landeshauptstadt Potsdam (LHP) ihre Pläne für die Unterkunft weiterer Geflüchteter aus der Ukraine. Allein im Jahr 2023 wollte man zu den bereits fast 3000 Geflüchteten in Potsdam weitere 1400 Geflüchtete aus der Ukraine aufnehmen.
Allein für fast 500 Geflüchtete sollte hierfür ein Containerdorf am Nedlitzer Holz (Campus Jungfernsee) errichtet werden. Knapp 40 Millionen Euro soll die Unterkunft kosten, die Hälfte davon für den vierjährigen Betrieb.
Bereits im Vorfeld gab es gegen das Bauvorhaben deutliche Kritik, weil es sich bei der Fläche um ein Gartendenkmal und ein kulturhistorisches Erbe der Lennéschen Feldflur handelt, das an ein Naturschutzgebiet grenzt und auf dem seltene und zu schützende Pflanzen sowie Käferarten heimisch sind, wie ein vom Naturschutzverein Berlin-Brandenburg in Auftrag gegebenes Gutachten ergab.

Die bereits durchgeführten Bauarbeiten auf dem kulturhistorischen Areal zeigen massive Eingriffe in die Natur. Die Verwaltung sieht sich im Recht.

Die bereits durchgeführten Bauarbeiten auf dem kulturhistorischen Areal zeigen massive Eingriffe in die Natur. Die Verwaltung sieht sich im Recht.

Weil zusätzlich die Baupläne der Landeshauptstadt Eingriffe in tiefere Bodenschichten für die Installation von Frisch- und Nutzwasserleitungen zeigten, die in unmittelbarer Nähe alter Allee-Eichen vorgenommen werden sollten und mit großer Wahrscheinlichkeit das Wurzelwerk schädigen, so dass mit dem Absterben der Bäume zu rechnen ist, reichte der Naturschutzverein Berlin-Brandenburg beim Verwaltungsgericht (VG) Klage ein.

Der Rechtsanwalt und Vorsitzende des Naturschutzverein Berlin-Brandenburg, Dr. Christoph Partsch, sieht die Natur in Gefahr und ein rechtswidriges Handeln der Potsdamer Verwaltung.

Der Rechtsanwalt und Vorsitzende des Naturschutzverein Berlin-Brandenburg, Dr. Christoph Partsch, sieht die Natur in Gefahr und ein rechtswidriges Handeln der Potsdamer Verwaltung.

Im Rahmen der Klage bat das Verwaltungsgericht die Potsdamer Verwaltung darum, von Vollzugusmaßnahmen abzusehen, bis ein rechtsgültiges Urteil in der Sache gesprochen wurde. Dieser Aufforderung sei die Verwaltung allerdings nicht nachgekommen, so Dr. Christoph Partsch, Rechtsanwalt und Vorstand des Naturschutzvereins. „Stattdessen begann die Verwaltung vor wenigen Wochen mit den zerstörerischen und unwiederbringlichen Eingriffen in die Natur“, kritisiert Naturschützer Partsch. „Es hätte auch nie eine Baugenehmigung erteilt werden dürfen, weil bei der Vorstellung der Baupläne die Umwelt- und naturschutzrechtlichen Belange nicht enthalten waren und die vorgeschriebene Prüfung nach Alternativflächen nicht ausreichend durchgeführt wurde“, kritisiert Partsch im Interview der Radiosendung „Schulz reicht´s“ auf BHeins.

Tiefe Schächte wurden dicht an den alten und unter Schutz stehenden Eichen gegraben und dabei ihre Wurzeln durchtrennt.

Tiefe Schächte wurden dicht an den alten und unter Schutz stehenden Eichen gegraben und dabei ihre Wurzeln durchtrennt.

„Die Landeshauptstadt Potsdam hat den mündlichen Hinweis des Verwaltungsgerichts missachtet. Dies bereits ist ein Skandal und eine Respektlosigkeit vor dem Rechtsstaat.
Nun hat das Verwaltungsgericht Potsdam auf unsere dringliche Bitte hin einen schriftlichen Beschluss erlassen, der der Stadt Potsdam einsstweilen alle Arbeiten untersagt. Wir hoffen, dass die Stadt sich zumindest daran hält.
Die wertvolle Wiese auf dem Lenné-Trapez ist unwiederbringlich abgeräumt und zerstört. Eine Schande für Herrn Schubert.“
Auf Nachfrage des POTSDAMER heißt es dazu aus der Verwaltung: „Es ist korrekt, die Baumaßnahmen am Nedlitzer Holz sind am Donnerstag [12.10.2023, Anm. d. Red.]vorübergehend gestoppt worden … Wir bitten das Verwaltungsgericht nun um eine zügige Entscheidung in der Hauptsache, denn das Landesaufnahmegesetz verpflichtet uns in diesem Jahr noch rund 430 geflüchtete Menschen aufzunehmen. Darum prüfen wir parallel auch weitere Unterbringungsmöglichkeiten an Interimsstandorten im näheren Umfeld, um auf jeden Fall handlungsfähig zu sein und dem gesetzten Ziel der Landeshauptstadt, die Unterkünfte für geflüchtete Menschen im gesamten Stadtgebiet zu verteilen, Rechnung zu tragen.“
Neben städtischen Lösungen gab es bereits im Vorfeld auch private Angebote an die Stadt, mehrere Hundert Geflüchtete unterzubringen, die die Verwaltung jedoch nicht aufgegriffen oder weiterverfolgt hat. „Warum die Verwaltung daher ein wertvolles und kulturhistorisches Gartendenkmal zerstört hat, wird sie noch einmal beantworten müssen“, fordert Uta Fink vom BUND (Bund für Umwelt und naturschutz Deutschland) e.V.

sts