Wie Kinder kochen und backen online lernen
Es liegt in der Natur der Kinder, beim Kochen und Backen zuschauen zu wollen. Ganz Eifrige wollen es auch mal selbst ausprobieren. Und das können sie auch ganz einfach. Die Groß Glienickerin und YouTuberin Derya Kaplan bietet seit Januar dieses Jahres Back- und Kochkurse auf ihrem YouTube-Kanal „Deryas leichte Rezepte“ an, die so aufbereitet sind, dass Kinder diese leicht nachmachen können. Vom Erdbeer-Tiramisu, Kuchen im Glas bis zum Tortellini-Auflauf oder Bulgur-Reis reicht die Rezeptvielfalt quer durch den europäischen Kontinent.
Die Rezepte, die in „Deryas leichte Rezepte“ präsentiert werden, sind einfach und leicht nachzukochen. Dabei achtet Derya vor allem darauf, dass die Kinder nicht zu viele Informationen erhalten und den präsentierten Inhalten und Arbeitsschritten gut folgen können. Die Videos sind immer gleich aufgebaut. Zuerst werden die Arbeitsgeräte gezeigt, dann die Zutaten und zum Schluss die Zubereitung. Jeder Handlungsschritt wird vorgemacht. Der Aufbau der Videos soll den Kindern Sicherheit und Struktur beim Kochen und Backen geben.
„Wenn man die Eigenmotivation der Kinder erhalten möchte, muss man die Lernvideos auch so konzipieren, dass die Kinder am Ende auf ihre Arbeit stolz sein können und es lecker schmeckt“, erzählt Derya dem POTSDAMER. Vor allem in Deryas Sprache sowie der Bezeichnung der benötigten Zutaten und eingesetzten Geräte sind Klarheit, Einfachheit und Verständlichkeit vorherrschend und ein Grund für den Erfolg der Koch- und Backvideos.
Bevor mit dem Kochen oder Backen begonnen wird, ist gute Vorbereitung angesagt. Das erhöht die Übersichtlichkeit und den Erfolg am Ende. Das Bereitstellen der Zutaten in einzelnen Schälchen soll den Kindern helfen, sich besser zu organisieren. „Es hilft den Kindern dabei, den Überblick zu behalten und sauberer zu arbeiten. Denn nichts kann den Spaß am Backen und Kochen so schnell wieder verblassen lassen, wie das anschließende Aufräumen“, weiß Derya aus Erfahrung.
Weniger Zahlen, mehr Farben
Einen Messbecher oder eine Waage findet man in Deryas leichten Rezepten nicht. „Weil mein Lern- und Videokonzept auch Kindern mit einer Behinderung dienlich sein soll, setze ich Maßeinheiten ein, die die Kinder einfach nachvollziehen können und aus dem Alltag kennen. Deshalb verwende ich als „Messbecher“ zum Beispiel einen handelsüblichen 200g-Sahnebecher, die Maßeinheiten Ess- und Teelöffel werden durch eine blaue und eine grüne Markierung am Löffelstiel deutlicher, und die Maßeinheit „eine Tasse“ gibt es bei mir überhaupt nicht, weil es zu viele unterschiedlich große Tassen in einem Haushalt gibt. Ansonsten verwende ich für die Mengenangabe Zahlenbilder, wie man sie auf Würfeln kennt oder verwende der Einfachheit halber handelsübliche Verpackungseinheiten wie einen Beutel Vanillezucker, eine Packung Quark oder Ähnliches. Dabei achte ich darauf, dass die bezeichnete Zutat auch der auf der Verpackung entspricht. Würde ich hier unterschiedliche Bezeichnungen verwenden, käme es bei den Kindern leicht zu Verwirrung und Missverständnissen“, erklärt Derya. „Weil kleinere Kinder oder Kinder und Jugendliche mit Behinderungen Schwierigkeiten haben, mit einem Messbecher, einer Waage oder anderen zahlenorientierten Angaben umzugehen, ist der Einsatz von Alltagsgegenständen sehr hilfreich.“
Pädagogisch fundiert
Wer sich schon einmal ein Back- oder Kochvideo von „Deryas leichte Rezepte“ angesehen hat, merkt schnell, dass hier kein Laie am Werk ist. Derya Kaplan ist gelernte Erzieherin und hat ihren Master im Fach Sonderpädagogik. Die Idee der Back- und Kochvideos entstand während eines Referendariats im Fach WAT (Wirtschaft, Arbeit, Technik) an einer Spandauer Schule. Derya erinnert sich: „Mir ist aufgefallen, dass die Kinder gerne kochen und backen, jedoch die Rezepte nicht lesen wollen oder nicht lesen können. Sie sind eher an Videos interessiert. Aus diesem Grund habe ich ein Konzept erarbeitet, mit dem die Kinder einfache Rezepte nachbacken und nachkochen können, ohne parallel lesen zu müssen. Außerdem fällt Kindern und Anfängern oftmals das Lesen der Rezepte schwer, da Begriffe und Techniken beschrieben werden, die schwer zu verstehen sind. Die Leser vermissen oft die Zwischenhandlungsschritte, also die genaue Beschreibung, wie man die einzelnen Schritte durchführt. Das Vormachen oder das gemeinsame Backen waren deshalb für mich der Grund für die Videoidee.“
Die Videos sind so konzipiert, dass sie sowohl für Anfänger, Kinder, Jugendliche als auch Erwachsene mit Behinderungen geeignet sind. „Kochen kann jeder lernen. Denn nicht das Rezept ist wichtig, sondern die Methode, wie etwas beigebracht wird. Es ist wichtig, dass man Inhalte so vermittelt, dass sie leicht verständlich sind und nachgemacht werden können“, ist Derya überzeugt.
Optimiert werden die Videos und deren Aufbereitung durch den Austausch mit Lehrern, Eltern und Kindern. Jede Woche kommt ein neues Video dazu, an dem Derya etwa zehn bis zwölf Stunden unentgeltlich arbeitet. Derya verdient mit den Lernvideos kein Geld. „Ich habe Spaß an der Videoproduktion und außerdem freue ich mich, wenn ich von Kindern und Eltern positive Rückmeldungen erhalte. Das ist mir Bezahlung genug“, bleibt Derya bescheiden.
Weil Derya, selbst Mutter zweier Kinder, weiß, wie gut die Lernvideos bei Kindern und Eltern ankommen, möchte sie mit Kitas, Schulen und anderen Lehrinstitutionen zusammenarbeiten, um den Kindern das Backen und Kochen näher zu bringen. Derya empfiehlt das begleitete Backen und Kochen ab fünf Jahre. „Wenn die Kinder etwas erfahrener und sicherer sind, kann man dann den begleitenden Anteil immer mehr reduzieren, so dass die Kinder nur noch Unterstützung bekommen, wenn sie nicht mehr weiter wissen.“
Der schnelle, sichtbare und vor allem gut schmeckende Erfolg motiviert die Kinder, weitere Rezepte auszuprobieren und gibt ihnen nicht nur Wissenswertes mit an die Hand, sondern fördert die Selbstständigkeit. Sogar Rezeptwünsche erfüllt Derya, damit die Bedürfnisse der Kinder erfüllt werden und der Spaß am Backen und Kochen lange anhält.sts