Die ÖDP sieht deutliche Unterschiede zu Bündnis 90/Die Grünen
Bündnis 90/Die Grünen stehen schon allein mit ihrer Namensgebung für „grüne“ Themen, die man im Allgemeinen mit „Umwelt- und Naturschutz“ assoziiert. Kaum in der Öffentlichkeit bekannt hingegen ist eine Partei, die in ihrem Namen ebenfalls ihren ökologischen Fokus verewigt hat, die ÖDP (Ökologisch-Demokratische Partei), die es schon seit 1982 gibt, und die damit nur zwei Jahre jünger ist als die Partei „Die Grünen“, die 1980 gegründet wurde und sich 1993 mit der Partei „Bündnis 90“ zusammengeschlossen hat.
Während „Die Grünen“ schon drei Jahre nach ihrer Gründung in den Bundestag einzogen und 1998 als „Bündnis 90/Die Grünen“ sogar erstmals gemeinsam mit der SPD Regierungsverantwortung übernahmen, fristete die ÖDP seit Ihrer Gründung eher ein Schattendasein.
Wenn auch die ÖDP bundespolitisch aktuell keine Rolle spielt, ist sie vereinzelt auf kommunaler Ebene sehr erfolgreich. Im März 2014 gewinnt die ÖDP bei der bayerischen Kommunalwahl rund 380 kommunale Mandate (2020 sogar 420) sowie acht Erste Bürgermeister. Bisher größter politischer Erfolg ist der Einzug ins Europäische Parlament im Mai 2014.
Auch in Potsdam ist die ÖDP seit 2020 mit dem Kreisverband Potsdam/Potsdam-Mittelmark vertreten. „Wir stehen dafür, das ökologische Gleichgewicht zu erhalten bzw. wiederherzustellen, damit alle Menschen gut, gesund und glücklich leben können. Wir stehen für eine Wirtschaft ohne Wachstumszwang. Die Ideologie des ‚Immer-mehr‘ vergiftet und zerstört unseren Planeten. Denn dabei geht es nicht darum, Hunger oder andere lebenswichtige Bedürfnisse zu stillen, sondern die nicht stillbare Gier nach Profit zu befriedigen“, sagt Thomas Löb, Landesvorsitzender Brandenburg, im Gespräch mit dem POTSDAMER.
Grüner als Grün?
Worin aber möchte sich die ÖDP von der berühmteren grünen Schwester unterscheiden? Auf diese Frage gibt die ÖDP unterschiedliche Antworten:
Als einen wesentlichen Unterschied zu Bündnis 90/Die Grünen beschreibt die ÖDP ihre Unabhängigkeit von Konzerninteressen. „Wenn man weiß, dass die Grünen großzügige Spenden der Metall-, Elektro- und Verkehrsindustrie annehmen, braucht man sich nicht zu wundern, warum ihnen die Konsequenz in Sachen Klimaschutz und Verkehrswende fehlt. Wie kann man von den Grünen eine ökologische Veränderung in der Landwirtschaft erwarten, wenn man weiß, dass sie von Chemie-Konzernen großzügige Spenden erhalten?“, fragt Löb rhetorisch.
„Die ÖDP steht für eine unabhängige Politik. Wir nehmen keine Spenden von Firmen an. Wir lassen uns weder Parteitage sponsern, noch bezahlen Firmen über Anzeigen unsere Mitgliederzeitschrift. All das ist bei fast allen anderen Parteien üblich. Diese haben das Wohl ihrer Geldgeber und Klientel im Blick – und nicht jenes der Bürger“, ergänzt der Politikwissenschaftler Axel Dierich, der im Juli dieses Jahres zum Vorstandsvorsitzenden des Kreisverband Potsdam/Potsdam-Mittelmark gewählt wurde.
„Wir sind auch der Meinung, dass es mehr Bürgerbeteiligungen, Volksbegehren und Volksentscheide geben muss. Dieser demokratische Grundgedanke schafft weniger Politikverdrossenheit und aktiviert das Einbringen junger Menschen in den öffentlichen politischen Diskurs“, ist Löb überzeugt.
In Bezug auf die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands bewertet die ÖDP den auf Wachstum ausgelegten Fokus als kritisch. „Das Wachstums-Credo unseres Wirtschaftssystems ist einer der Haupttreiber für die fortschreitende Zerstörung unseres Planeten und für soziale Krisen in unserer Gesellschaft“, heißt es von Seiten der ÖDP. Statt einer profitorientierten Ausrichtung müsse vor allem in der Wirtschaft der Fokus mehr auf Energieeinsparung und den Verzicht auf den Einsatz schädlicher Stoffe gelegt werden.
Und was will die ÖDP für Potsdam?
Auf kommunaler Ebene möchte sie „regionale Ideen für eine Wirtschaftsweise entwickeln, die Mensch und Umwelt gleichermaßen dient“. Dabei sollen Ansätze für Gemeinwohlökonomie und Kreislaufwirtschaft diskutiert werden, „um Natur und Ressourcen zu bewahren, anstatt stetig mehr zu verbrauchen“.„Wir haben die Vision einer lebenswerten, nachhaltigen und sozialen Stadt Potsdam vor Augen“, so Löb. Folgende sechs Punkte skizzieren die groben Ziele der ÖDP, aus denen das Programm für die anstehende Kommunalwahl 2024 erarbeitet werden soll:
Weniger Autos: Private Autos werden überflüssig – Im Stadtgebiet ist man zu Fuß, mit Öffis oder dem Rad am schnellsten und bequemsten unterwegs. Die Zahl privater Autos verringert sich und die Stadt wird grüner, sauberer und lebenswerter. Für Pendler aus dem Umland entstehen entlang der Einfallstraßen Parkhäuser mit komfortablem Anschluss an den ÖPNV.
Komfortable und sichere Radwege: Nach dem Vorbild vieler niederländischer Städte wird dem Radverkehr mehr Raum und Priorität eingeräumt. In ganz Potsdam entstehen sichere und komfortable Radwege, sowie ein Netz von Radschnellrouten.
Soziale Vergabe von Baugrundstücken: Potsdam verkauft stadteigene Baugrundstücke ausschließlich an Genossenschaften und öffentliche Träger oder vergibt sie als Erbpacht. Statt des Höchstgebots sind soziale und ökologische Faktoren bei der Vergabe entscheidend.
Ökologische und soziale Stadtentwicklung: In der Bauleitplanung setzt Potsdam ambitionierte Vorgaben für Bauherren. Ziele sind u.a. die Erhaltung städtischen Grüns, bezahlbare Mieten, eine nachhaltige Wassernutzung und die Verwendung nachhaltiger Baustoffe.
Mehrweg statt Abfall: Potsdam führt ein einheitliches System für Mehrwegverpackungen als Nachfolger der erfolgreichen Potspresso-Initiative ein. Soweit rechtlich möglich, wird darüber hinaus eine Steuer auf Einwegverpackungen erhoben.
Kreislaufwirtschaft: Potsdam unterhält bzw. fördert kommunale Repair-Cafés, in denen Bürger ihre defekten Geräte unter fachkundiger Anleitung selbst reparieren können
ÖPNV-Ausbau statt Elektro-Autos: Löb ist überzeugt, dass eine „Wachstumswirtschaft in Grün“ unweigerlich in den Kollaps führt. „Wenn alle Autos durch Elektro-Autos ersetzt werden, dann führt auch das zu massiven Umweltschäden, weil die dafür in großen Mengen benötigten seltenen Rohstoffe extrem großräumig abgebaut werden müssen. Wir brauchen insgesamt weniger Autos, weniger Lkw, weniger Flugverkehr“, positioniert sich Löb, wobei er vor allem in der Logistik große CO2-Emitenten identifiziert. „Viele Transporte sind sinnlos. Wozu brauchen wir Kartoffeln aus Zypern, wenn es welche aus Brandenburg gibt? Wozu müssen Schweine zur Schlachtung durch halb Europa gekarrt werden? Oder warum müssen wir Mineralwässer aus Frankreich trinken?“, so Löb.
„Die ÖDP steht für eine ökologische, giftfreie und regionale Kreislaufwirtschaft. Unsere Prioritäten sind klar: „Umwelt, Mensch und Tier gehen vor Profit und Gier“, fasst Löb die Position der ÖDP zusammen.
Ob die ÖDP mit ihrer Programmatik in dem kommenden Wahlkampf punkten und sich gegen die anderen Parteien behaupten kann, werden die Kommunalwahlen in knapp zwei Jahren zeigen. Bis dahin muss sie performen – wie alle anderen Parteien auch.
sts
Mehr über den Kreisverband Potsdam/Potsdam-Mittelmark der ÖDP erfahren Sie hier:
https://www.oedp-brandenburg.de/partei/kreisverbaende/potsdam/potsdam-mittelmark