Laut Burkhard Exner, Bürgermeister und Kämmerer der Landeshauptstadt Potsdam, müsse sich die Landeshauptstadt für Investitionen immer mehr verschulden

In der gestrigen (10.05.21) Berichterstattung des Landes Brandenburgheißt es, dass die Kommunen trotz Corona ihre Schulden abbauen würden. Dies sieht der Finanzbeigeordnete der Landeshauptstadt, Burkhard Exner, jedoch ganz anders.

„Das kann ich für die Landeshauptstadt Potsdam leider so nicht bestätigen. Im Gegenteil. Der Schuldenstand der Stadt, inklusive des dazugehörigen Kommunalen Eigenbetriebes KIS wächst seit Jahren, nicht zuletzt aufgrund der Investitionen in die Bildungsinfrastruktur, kontinuierlich an. Das Land hat hier einen schwerwiegenden systemischen Denkfehler. Es wird ausschließlich auf den „Kernhaushalt“ geschaut und nicht auf den „wirklichen „Schuldenstand“ der Landeshauptstadt, da hier der KIS regelmäßig als kommunaler Eigenbetrieb nicht beachtet wird“.

Burkhard Exner, der Finanzbeigeordnete der Landeshauptstadt Potsdam, ist verärgert über die Aussage des Landes und beurteilt die finanzielle Lage völlig anders.

Burkhard Exner, der Finanzbeigeordnete der Landeshauptstadt Potsdam, ist verärgert über die Aussage des Landes und beurteilt die finanzielle Lage der Stadt völlig anders.
Foto: sts (Archivbild)

Dieser systemische Fehler zieht sich in der Auffassung des Landes durch wie ein roter Faden.  Bis hin zum kürzlich veröffentlichten Gutachten im Auftrag des Ministeriums der Finanzen und für Europa des Landes Brandenburg zur „Überprüfung des kommunalen Finanzausgleichs in Brandenburg zum Ausgleichsjahr 2022“. Diese 230 Seiten enthalten reichlich politischen Sprengstoff. Allein für die Landeshauptstadt Potsdam empfiehlt das Gutachten künftig eine Reduzierung der laufenden Zuweisungen (Schlüsselzuweisungen aus dem Finanzausgleich, FAG) in Höhe von jährlich 17 Mio. EUR. Verluste in Millionenhöhe sind ebenfalls für die anderen kreisfreien Städte vorgesehen. Aber auch die größeren Städte im kreisangehörigen Raum – wie Falkensee oder Oranienburg sowie Bernau und Eberswalde – sollen kräftig zur Kasse gebeten werden. Ihnen droht die Streichung von 7,7 % ihrer Zuweisungen.

In einem Gutachten im Auftrag des Ministeriums der Finanzen und für Europa des Landes Brandenburg zur „Überprüfung des kommunalen Finanzausgleichs in Brandenburg zum Ausgleichsjahr 2022“ wird allein für die Landeshauptstadt Potsdam künftig eine Reduzierung der laufenden Zuweisungen, also der Schlüsselzuweisungen aus dem Finanzausgleich in Höhe von jährlich 17 Mio. EUR empfohlen. Analoge Verluste in Millionenhöhe sind ebenfalls für die anderen kreisfreien Städte vorgesehen. Aber auch die größeren Städte im kreisangehörigen Raum – wie Falkensee oder Oranienburg sowie Bernau und Eberswalde – sollen kräftig zur Kasse gebeten werden. Ihnen droht die Streichung von 7,7 % ihrer Zuweisungen.

Zwei Faktoren bilden hier den Hintergrund: zum einen soll die sog. Verbundquote gesenkt werden und damit die Finanzmasse für die Kommunale Ebene generell sinken, und zwar jährlich in dreistelliger Millionenhöhe. Und zum anderen soll es nach diesen gutachtlichen Empfehlungen vor allem zur finanziellen Beschneidung der Städte und Gemeinden mit einer Größe ab 35.000 Einwohnerinnen und Einwohner kommen.

Bürgermeister Burkhard Exner erklärt dazu: „Wir dürfen nicht zulassen, dass das Land vor allem die Städte schwächt, die als Mittel- und Oberzentren eine Vielzahl von kommunalen Leistungen nicht nur für ihre Bürgerinnen und Bürger, sondern für die Einwohnerinnen und Einwohner der Gemeinden auch in ihrem Umfeld erbringen.“ Beispielhaft kann hier auf die Versorgungsgebiete der kommunalen Krankenhäuser verwiesen werden.

Ein Teil des Geldes soll an kleinere Städte und Gemeinden umverteilt werden. Das Land selbst will aber vor allem die Höhe der kommunalen Zuweisungen insgesamt reduzieren. Damit würde es zu einer Umverteilung vorrangig zugunsten des Landes und zulasten der Kommunen kommen. Die dafür entscheidende „Verbundquote“ soll von 22,43 % auf 21,24 % gesenkt werden. Wird dieses Vorhaben vollständig umgesetzt, würden den Kommunen pro Jahr mehr als 110 Mio. EUR entzogen.

Dabei muss das Gutachten aus kommunaler Sicht mindestens aus zwei Gründen absolut in Frage gestellt werden.

Zum einen darf die Entscheidung über die zukünftige Ausgestaltung der Finanzbeziehungen zwischen dem Land und seinen Städten, Gemeinden und Landkreisen ab dem Jahr 2022 nicht – wie im Gutachten geschehen – auf Basis der Zahlen der Jahre von 2016 bis 2019 getroffen werden. Ein solches Vorgehen lässt komplett die Folgen der SARS-CoV-2-Pandemie außer Acht. Das Land selbst hat für sich und die Kommunen das Vorliegen einer außergewöhnlichen Notlage erklärt. Diese Notlage muss auch bei der zukünftigen Neuregelung des kommunalen Finanzausgleichs Berücksichtigung finden. „Alles andere wäre absurd und würde auch allen bisherigen Überlegungen zu kommunalen Rettungsschirmen widersprechen“, so Kämmerer Exner.

Zum anderen ist das genannte Gutachten methodisch fragwürdig, zumal wenn es feststellt, dass sich die kommunale Verschuldung verringert hätte. So wird gezielt eine systematische Methode gewählt, die wesentliche Bestandteile der kommunalen Verschuldung ausklammert, indem etwa im Fall der Landeshauptstadt die ständig steigenden Schulden des Eigenbetriebes „Kommunaler Immobilien Service“ unberücksichtigt bleiben. Hier wird immer mit einem statistisch konstruierten Kernhaushalt gerechnet, der für die Landeshauptstadt Potsdam die Kreditbelastung des „Kommunalen Immobilien Service“ (KIS) Eigenbetrieb der Landeshauptstadt Potsdam (bewusst) außen vorlässt. „Damit führt man die Öffentlichkeit in die Irre“, Bürgermeister Exner.

So verzeichnet die Landeshauptstadt für die Jahre 2016 bis 2019 eben nicht, wie im Gutachten angegeben, einen Rückgang der Schulden, sondern einen spürbaren Anstieg der Kreditbelastung. War die Landeshauptstadt zum 31. Dezember 2016 mit 233 Mio. EUR verschuldet (Pro-Kopf 1.354 EUR), so waren dies zum 31. Dezember 2019 285 Mio. EUR (Pro-Kopf 1.581). Dieser negative Trend setzt sich zudem fort: Bis zum Jahr 2025 ist ein Anwachsen der Kreditbelastung auf 531 Mio. EUR eingeplant (Pro-Kopf 2.744). Die Schulden des KIS sind dabei voll der Landeshauptstadt zuzurechnen, denn – anders als die rechtlich selbständigen Unternehmen wie die ProPotsdam oder die Stadtwerke – verfügt der Eigenbetrieb KIS nicht über eine eigene Rechtspersönlichkeit; die Schulden des KIS sind ohne weiteres Schulden der Landeshauptstadt selbst.

Über die zusätzliche Verschuldung werden fast ausschließlich Investitionen für die Erfüllung von Pflichtaufgaben, hierbei insbesondere für den Schulbau, finanziert. Jährlich kommen etwa 30-40 Mio. EUR Schulden für die Hochbau-Investitionen des KIS hinzu. Besondere Investitionshilfen oder eine Unterstützung für eine Entschuldung vom Land Brandenburg hat die Landeshauptstadt nicht erhalten. Laufen absehbar nicht nur die Rettungsschirme von Bund und Land aus, sondern wird dann auch noch der kommunale Finanzausgleich derartig gekürzt, wird die Verschuldung sich noch rasanter erhöhen. Der Landeshauptstadt stehen dann noch weniger Eigenmittel zum „Investieren aus eigener Kraft“ zur Verfügung.

Bürgermeister Burkhard Exner dazu: „Wir tragen unsere Lasten auf kommunaler Ebene mit. Aber auch das Land kann sich hier nicht der Verantwortung entziehen. Es darf sich dabei nicht die eine Seite ‚arm‘ und die andere ‚reich‘ rechnen. Dazu gehört auch die Frage der kommunalen Verschuldung. Das kann nicht die Basis für das Finden einer gemeinsamen Lösung sein. Es braucht aktuelle Daten und Fakten, die nichts gezielt weglassen. Ebenso müssen die Folgen der Pandemie mit in die Berechnungen einfließen. Um Ungleichgewichte zu verhindern, sollte das System des Finanzausgleichs nicht angepasst werden, bis wir hier verlässliche Zahlen haben. Selbstverständlich gilt: Wir stehen für Gespräche mit dem Land auf solider und seriöser Basis jederzeit zur Verfügung.“

LHP