Steckbrief
Name: Janny Armbruster
Geburtsjahr: 1963
Familienstatus: verheiratet
Anzahl Kinder: 1
Beruf: Referentin an der Universität Potsdam
Fraktion: Bündnis 90/Die Grünen
Wie beurteilen Sie die Verkehrsentwicklung im Norden Potsdams, und wie vermeiden Sie ein Verkehrschaos, wenn Krampnitz voll erschlossen und bezogen ist?
Armbruster: Mehr Einwohner machen mehr Verkehr. In den Stoßzeiten stehen Autos schon jetzt im Stau. Allen ist klar, dass das so nicht weitergehen kann! Wir brauchen intelligentere Lösungen für unsere Mobilität. Eine heißt: Verkehr verringern. Wenn in Krampnitz etwa 10 000 Menschen leben, brauchen sie vor Ort Einkaufsmöglichkeiten, Kitas, Jugendeinrichtungen, Grund- und weiterführende Schulen, Sporteinrichtungen, Arztpraxen und moderne Arbeitsplätze. Damit sie sich erst gar nicht ins Auto setzen müssen. Krampnitz soll deshalb kurze und sichere Schulwege bekommen. Dass es mit weniger Individualverkehr besser geht, dafür gibt es Beispiele: Freiburg, Münster, Köln oder Bremen haben bereits autofreie oder autoarme Wohnprojekte entwickelt. Entscheidend dafür, ob wir ein Verkehrschaos im Norden vermeiden können, ist aber die geplante Straßenbahn, die Krampnitz mit der Innenstadt Potsdam, aber auch mit Neufahrland und Fahrland ab 2025 verbinden wird. Sie muss so schnell kommen wie nur irgend möglich. Und auch der geplante Radschnellweg in die Potsdamer Innenstadt kann eine wichtige Alternative sein, um nicht im Stau stecken zu bleiben.
Nördlich von Neu Fahrland gibt es großen Unmut, weil der 638er Bus nur noch bis zum Campus Jungfernsee fährt und dort zur Weiterfahrt in die City der Umstieg in die Tram nötig ist. Sollte es Ihrer Meinung nach eine Rückkehr zum durchgehenden 638er geben, oder welche Verbesserungen sollten durchgesetzt werden, um die Situation für die ÖPNV-Nutzer zu verbessern?
Armbruster: Dass viele jetzt bei Wind und Wetter in die Tram oder den Bus umsteigen müssen, ist misslich und eine Verschlechterung für die Groß Glienicker. Die Umstände an der Haltestelle sind absolut verbesserungswürdig. Das haben die Stadtverordneten bereits beschlossen. Wartehäuschen, kürzere Wartezeiten und auch ein Kiosk sollen dafür sorgen, dass sich die Umsteigesituation für alle verbessert – bis Groß Glienicke an Krampnitz angebunden wird. Hier ist künftig ein zentraler Umsteiger in die Straßenbahn am östlichen Einkaufszentrum von Krampnitz geplant. Generell können wir auch hier von anderen Städten lernen, wo es an den Umsteigestellen zum Beispiel die Garantie einer Höchstwartezeit von fünf Minuten für den Anschluss gibt.
Wie sollte es Ihrer Meinung nach mit dem Thema „freier Uferweg“ am Groß Glienicker See weitergehen? Braucht Potsdam eine/n Uferbeauftragte/n, um das Thema öffentliche Uferwege besser voranzubringen? Wofür werden Sie sich in Bezug auf den öffentlichen Uferweg am Groß Glienicker See gemäß Bebauungsplan einsetzen?
Armbruster: Seit 1999 haben wir einen gültigen, juristisch nicht mehr anfechtbaren Bebauungsplan, der den zweieinhalb Kilometer langen Uferweg vorsieht. Einige Anwohner haben den Weg auf ihren Grundstücken dennoch mit hohen Hecken gesperrt. Selbst das Innenministerium als zuständige Enteignungsbehörde hat der Stadt ein drei Meter breites Wegerecht über ein Grundstück am See eingeräumt. Dennoch gibt es Eigentümer am See, die den gültigen Bebauungsplan mit dem Weg nicht respektieren wollen. Ich bin deshalb ausdrücklich dafür, an den Enteignungsverfahren festzuhalten, damit die Groß Glienicker den Uferweg unmittelbar am Wasser durchgängig frei nutzen können. Und um in den Uferwegstreitigkeiten alle Einigungsmöglichkeiten auszuschöpfen, halte ich einen Uferwegbeauftragten der Stadt für sinnvoll.
Die Prostitution am Groß Glienicker Ortseingang aus Richtung Seeburg ist ein dauerhaftes Ärgernis für den Ortsteil. Die Prostitution weitet sich inzwischen bis in das nähere Umfeld der umliegenden Kitas aus. Der Ortsbeirat hat – bisher vergeblich – die Verlegung des Ortseingangs bis zum Eingang Döberitzer Heide gefordert, um die städtischen Möglichkeiten zu verbessern, gegen die siedlungsnahe Prostitution vorzugehen. Was werden Sie unternehmen, um dieses Problem zu bekämpfen?
Armbruster: Die Stadt Potsdam hat auf den Straßenstrich an der Potsdamer Chaussee in Groß Glienicke Richtung Seeburg reagiert und beim brandenburgischen Innenministerium einen Prostitutions-Sperrbezirk an der L20 beantragt. Prostitution, vor allem Straßenstrich, gehört nicht in die direkte Nachbarschaft von Kitas und Einkaufzentren. Zugleich müssen wir aber auch darüber nachdenken, wie wir die Frauen schützen können, die sich hier anbieten. Viele junge Osteuropäerinnen oder Migrantinnen aus anderen Herkunftsländern sehen sich aus wirtschaftlicher Not und nicht selten unter Druck zur Prostitution gezwungen. Gerade die ärmsten dieser Frauen stehen auf dem Straßenstrich. Wir haben als Stadt also auch Vorsorge zu treffen, um diese Frauen zu schützen.
Der Norden Potsdams benötigt dringend ein weiteres Sportzentrum, da es entweder keine innerörtliche Angebote gibt oder bestehende aufgrund von Anwohnerklagen für den Vereinssport nur noch eingeschränkt nutzbar sind. Möglich wäre eine solche Anlage am Ortsrand von Groß Glienicke. Der dafür notwendige B-Plan 19 ist seit Jahren in der Priorität 1, ohne dass es erkennbar vorangeht. Wie wollen Sie die Sportentwicklung in diesem Ortsrandgebiet fördern?
Armbruster: Für die Unterstützung des Vereinssports sind Investitionen nötig. Denn nur gut ausgestattete Sportanlagen sorgen dafür, dass Vereinssportlerinnen und -sportler aller Altersgruppen beste Bedingungen vorfinden, um ihrer Leidenschaft mit Freude und Erfolg nachzugehen. Für etwa 1,9 Millionen Euro wird jetzt in einem ersten Schritt ein neuer Kunstrasenplatz im Potsdamer Norden am Lerchensteig entstehen.
Seit Jahren fordert der Ortsbeirat in Groß Glienicke, dass die B 2 in der Ortslage ausgebaut wird. Inzwischen ist die Ausbauplanung abgeschlossen, aber das Geld noch nicht im Investitionshaushalt eingeplant. Mit dem Bau von Krampnitz wird der Durchgangsverkehr auf der B 2 noch einmal zunehmen und damit auch die Dringlichkeit des B 2-Ausbaus. Wie werden Sie sich dafür einsetzen, dass die beschlossenen Maßnahmen umgehend umgesetzt und die Gelder für den B 2-Ausbau in den nächsten Doppelhaushalt eingeplant werden?
Armbruster: Es ist klar: Auch wenn die schon in der ersten Frage beschriebene Verkehrsstrategie den Anstieg des Individualverkehrs begrenzen wird, muss der Ausbau der B2 spätestens parallel zur Entwicklung in Krampnitz erfolgen und trotz anderer Prioritäten Eingang in die mittelfristige Finanzplanung der Landeshauptstadt Potsdam finden.
Dass Kitas und Schulen im Potsdamer Norden nicht ausreichend vorhanden sind und auch in den nächsten Jahren nicht ausreichend vorhanden sein werden – insbesondere weiterführende Schulen –, ist kein Geheimnis und für Betroffene ein großes Ärgernis. Wie sehen Sie in diesem Zusammenhang die immer noch bestehende Regel, dass Schulen in erster Linie Schülerinnen und Schüler aus dem unmittelbaren Wohn- bzw. Einzugsgebiet aufnehmen müssen und Schülerinnen und Schüler aus Ortsteilen, in denen es keine weiterführenden Schulen gibt, auf Schulen verwiesen werden, die entweder noch weiter weg sind und/oder die der Schulempfehlung der jeweiligen Schülerinnen und Schüler nicht entsprechen?
Armbruster: Natürlich müssen Kinder vorrangig wohnortnah beschult werden, damit sie nicht weite Wege in Kauf nehmen müssen. Diese Regelung wurde mit der gerade verabschiedeten neuen Grundschulverordnung des Landes Brandenburg sogar noch verschärft. Sie wird voraussichtlich ab dem Schuljahr 2019/20 die Potsdamer Schuleinzugsbereiche ersetzen. Jugendlichen an weiterführenden Schulen wird auch ein weiterer Schulweg zugemutet werden müssen. Und in Ausnahmefällen wird es vorkommen, dass Kinder mit einer Gymnasialempfehlung ihr Abitur an einer Gesamtschule schreiben werden. Leider dauert der Bau einer neuen Schule bis zur Schlüsselübergabe etwa fünf Jahre – zu lange, um mit den sich laufend verändernden Verhältnissen in einer schnell wachsenden Stadt immer Schritt zu halten. Nicht nur zu dieser Problematik müssen wir uns fragen, ob ein ungebremstes und strategisch nicht gesteuertes Wachstum Potsdams sinnvoll ist. Wir sollten besser selbst entscheiden, wie schnell Potsdam wachsen soll? Dafür setze ich mich ein, für ein strategisch durchdachtes Wachstumskonzept für unsere Stadt.
Wir bedanken uns bei Frau Armbruster für die Beantwortung der Fragen.