Großer Wurf oder netter Versuch?
Alle Familien, die sogenannte Sozialtransferleistungen erhalten oder die nur über ein geringes Haushaltseinkommen verfügen, müssen ab dem 01. August dieses Jahres keine Kitagebühren mehr zahlen. So sieht es das Gute-KiTa-Gesetz des Bundes vor („Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung“). Die Ausweitung der Beitragsfreiheit gilt für Kinder in der Krippe (bis zum vollendeten dritten Lebensjahr), im Kindergarten bis zur Einschulung, im Hort (bis zum Ende der Grundschule) sowie in der Kindertagespflege. Dabei sind alle Betreuungsumfänge beitragsfrei.
Laut dem Landesministerium für Bildung, Jugend und Sport (MBJS) ist die Beitragsfreiheit möglich, weil Brandenburg vom Bund bis zum Jahr 2022 rund 165 Millionen Euro erhält. Mit diesem Geld sollen in den Jahren 2019/20 die Elternbeitragsfreiheit für Geringverdiener ausgeweitet sowie längere Betreuungszeiten finanziert werden. Zudem sei vorgesehen, mehr qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen und die Elternarbeit auf Landesebene und der Ebene der örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe zu verstärken.
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und Jugendministerin Britta Ernst (SPD) haben sich am 31. Juli dieses Jahres anlässlich der Einführung des neuen KiTa-Gesetzes in der Kita „Fahrländer Landmäuse“ im Potsdamer Ortsteil Fahrland über die bevorstehende Umsetzung des Gute-Kita-Gesetzes im Land Brandenburg informiert. Die Kita „Fahrländer Landmäuse“ arbeitet seit 2005 unter der Trägerschaft des Vereins „Treffpunkt Fahrland e.V.“ und betreut bis zu 143 Kinder.
Die neue Geschäftsführerin des Treffpunkt Fahrland e.V., Anke Malchercyk, freut sich über jede finanzielle Unterstützung und qualitative Verbesserung, die den Kinder zugutekommt. Leider fehlen Malchercyk weitere wichtige Positionen und Maßnahmen, die die desolate Betreuungssituation in vielen Kitas Brandenburgs nachhaltig verbessern. So fordert Malchercyk den Ausbildungsberuf der/des Erzieherin/Erziehers kostenlos zu gestalten. „Wer soll sich denn heute noch für den Beruf des Erziehers entscheiden, wenn die Ausbildung schon Geld kostet?“, so Malchercyk gegenüber dem POTSDAMER.
Weil jedes Land selbst entscheiden kann, wie es das erhaltene Geld einsetzt, fordert Malchercyk den Ministerpräsidenten und die Ministerin bei ihrem Besuch auf, auch an den Betreuungsschlüssel zu denken, der lediglich auf dem Papier bei 1:5 liege. „Durch die langen Betreuungsbedarfe sowie Krankenstände, Urlaube, Weiterbildungsmaßnahmen und für familienfreundlichere Öffnungszeiten, wie sie vom Land für ein ‚bedarfsgerechteres Angebot‘ vorgesehen sind, haben die Kitas in Brandenburg schon seit Jahren zu wenige Erzieher. Der Betreuungsschlüssel ist ein wesentlicher Garant für eine gute Betreuung der Kinder. Da nützt einem ein Schönrechnen überhaupt nichts, wenn die Realität in Brandenburg ein deutlich anderes Bild zeigt. Wir brauchen nicht nur mehr, sondern auch sehr gut ausgebildetes Personal. Außerdem brauchen Kitas dringend zusätzliche Mittel für eine bessere Ausstattung“, erweitert Malchercyk ihren Forderungskatalog.
Ministerpräsident Woidke und Ministerin Ernst bestätigen Malchercyk den an sie zu Recht herangetragenen Bedarf und sagen zu, der seit Jahren beobachteten Entwicklung entgegenwirken zu wollen. Mit welchen Maßnahmen und welchen Mitteln müsse dabei noch genau geprüft werden. Man habe jedoch das Ziel, auch in der Realität einen Betreuungsschlüssel von 1:5 zu garantieren und dafür zu sorgen, dass man bald im Land über mehr und gut ausgebildetes Fachpersonal verfügt, damit die Betreuung der Kinder in ihrer Gesamtqualität deutlich steigt. sts
Mehr zum neuen Gute-Kita-Gesetz finden Sie auf: www.bmfsfj.de