Erweiterung des Nedlitzer Klärwerks ist im Zeitplan
Das Potsdamer Klärwerk in Nedlitz ist neben einem kleineren Klärwerk in Satzkorn Potsdams einziges Klärwerk. Es bietet die Rahmenbedingungen für das mikrobiologische Reinigungsverfahren des Abwassers für derzeit 90.000 Einwohner*innen. Dabei handelt es sich allerdings nicht um Trinkwasser – das ist Aufgabe der Wasserwerke. Fünf Stück an der Zahl versorgen die Potsdamerinnen und Potsdamer mit Trinkwasser (vier in Potsdam, eines in Ferch). Das Trinkwasser wird zum Teil aus Uferfiltrat und zu einem großen Teil aus Grundwasser gewonnen. Aufgrund der weniger werdenden Regenfälle und der ansteigenden Temperaturen wird die nachhaltige Gewinnung des Trinkwassers aus dem Grundwasser immer schwieriger. „Daher wird man auch zusätzliche Quellen aus den umliegenden Regionen erschließen und einbinden müssen“, so Torsten Möller, Abteilungsleiter/Wasserwerke Kläranlagen bei der Energie, Wasser Potsdam (EWP) im Gespräch mit dem POTSDAMER.
Klarwasser für die Stadt
Die Nedlitzer Anlage ist zu klein, um das gesamte Abwasser der Stadt reinigen und als Klarwasser wieder in die Natur abgeben zu können. An den Potsdamer Süden ist die Kläranlage der Berliner Wasserbetriebe (BWB) in Stahnsdorf angeschlossen, der Potsdamer Norden (Groß Glienicke) an die Kläranlage der BWB in Ruhleben. Doch das soll sich bald ändern. Der Erweiterungsbau des Nedlitzer Klärwerkes soll im Frühjahr 2022 in Betrieb genommen werden und statt 90.000 dann 120.000 Einwohner*innen versorgen. 2026 werden auch die Groß Glienicker über die zu erweiternde Anlage in Satzkorn angeschlossen.
Die Satzkorner Anlage wurde im Rahmen der Gemeindegebietsreform 2005 an Potsdam übergeben und hat eine Kapazität von derzeit 10.000 Einwohner*innen und kann bis auf 30.000 erhöht werden. Der Beginn der Umbaumaßnahmen in Satzkorn ist für 2023 geplant, die dann 2026 abgeschlossen sein sollen.
Alles im Plan mit der Erweiterung in Nedlitz
Ohne die bauvorbereitenden Maßnahmen, bei dem das gesamte Baufeld medienfrei gemacht werden musste, gibt es sieben Bauphasen, die bis zur Inbetriebnahme der neuen Anlage minutiös aufeinander abgestimmt werden müssen. Die besondere Herausforderung dabei ist es, alle Arbeiten im laufenden Betrieb durchzuführen. Das gilt sowohl für die baulichen Maßnahmen als auch für die Implementierung der für die Steuerung der Prozesse verantwortlichen Software, die zum größten Teil für die Nedlitzer Anlage individuell programmiert werden muss.
Mit dem Abschluss der Rohbauarbeiten rechnet man noch in diesem Jahr. Bis Mitte 2021 sollen dann die wechselseitig durchzuführenden Ausrüstungs- und Anlagenbauarbeiten erfolgen, denen sich Zwischenabnahmen und Probeläufe in der zweiten Hälfte 2021 anschließen.
Die sehr komplexen Bauarbeiten an der nachgeschalteten Filtration als vierte Reinigungsstufe sind trotz detaillierter Planungen der Bauprozesse von Corona nicht völlig verschont geblieben. „Der Mitarbeiter- und Baumaschineneinsatz sowie die Materialbeschaffung waren durch Corona nur einige der von uns immer wieder neu zu planenden Faktoren“, erzählt Andreas Dunst, Projektleiter Klärwerke bei der EWP, dem POTSDAMER bei einer Besichtigung vor Ort.
Bisher seien die Verzögerung sehr überschaubar, so Dunst, weil während der Pandemie durchgearbeitet wurde – allerdings nicht in der ursprünglich geplanten Besetzung, weil viele Arbeiter der beauftragten Firmen aus dem nahen Ausland kommen und während der letzten Monate nicht nach Deutschland einreisen durften. „Die Gesamtgröße des Bauprojektes und seine spezifischen Anforderungen machte es ohnehin notwendig, Firmen aus anderen Bundesländern zu beauftragen. Und weil Herstellungsprozesse in der Regel global organisiert und auch von der Pandemie betroffen sind, sind Verzögerungen noch durchaus möglich. Bei einem solch komplexen und großen Projekt muss man immer mal nachjustieren, auch wenn die Koordination der Gesamtabläufe schwierig zu überwachen und sehr anspruchsvoll ist. Ich glaube aber, dass wir eventuelle Verzögerungen auch aufholen und somit den geplanten Termin einhalten können“, äußert sich Dunst zuversichtlich.
„Das Klärwerk ist seit den 1950er Jahren in Betrieb und nicht alles wurde immer so detailliert dokumentiert, wie wir es heute tun“, so Dunst. Dennoch sei es gelungen, heute einen vollständigen Anlagen- und Revisionsplan zu erstellen, der ein effizientes Arbeiten und Bauen – auch in der Zukunft – ermögliche. „Der tägliche Kampf um die Einhaltung des Zeitplans und des geplanten Budgets bleibt trotzdem bestehen.“
Da ein Klärwerk in der Regel außerhalb oder zumindest am Stadtrand gebaut wird, Potsdam aber nur noch über den Norden wachsen kann und das seit Jahren auch stetig tut, liegt das Klärwerk bald eher im Zentrum als außerhalb der Stadt. „Ein neuer Standort kam wegen fehlender Flächen nicht infrage, auch wäre der komplette Neubau einer so umfangreichen Kläranlage viel zu kostenintensiv“, erklärt Dunst.
Mehr Technik und mehr Natur
Laut Dunst seien die größten Herausforderungen neben dem Gesamtbau die Koordination der Softwareentwicklung sowie die Anschlüsse neuer Bauwerke in ein bereits vorhandenes Betriebs- und Anlagensystem. „Wir können ja nicht alles einfach ein paar Monate abschalten und dann wieder anschalten. Alle Maßnahmen müssen bei einem geregelten Betrieb durchgeführt werden, um die neuen Anlageneinheiten sinnvoll und fließend in bestehende zu integrieren.“
Lärm- und Geruchsemissionen, Auswirkungen für den Naturschutz bis hin zu einem Grünflächenkonzept wurden im Vorfeld umfangreich untersucht, um Emissionen und Beeinträchtigungen für Natur und Einwohner so gering wie möglich zu halten. Sogar die umliegenden Bewohner*innen habe man frühzeitig über die Baumaßnahmen und deren Nebenwirkungen informiert, schließlich möchte man eine Kläranlage schaffen, die sich möglichst gut in die Umgebung einfügt.
Die großen Verdunstungsflächen der Becken begünstigen das Mikroklima und eine spätere Dachbegrünung soll zusätzliche Lebensräume für Insekten und andere Kleintiere schaffen. „Wir versuchen die Gestaltung der Anlage in die grüne Umgebung der Lennéschen Feldflur einzufügen, damit sie weniger auffällt“, begründet Dunst das naturnahe Gestaltungskonzept.
2023 soll die gesamte Kläranlage ans Netz gehen. Dabei wird der Einsatz der eigenen Softwareentwicklung das Herzstück der Anlage sein. Eine steigende Automatisierung der Prozesse und eine softwarebasierte Steuerung bedeuten in der Regel weniger Personalbedarf, wegen des bereits bestehenden hohen Automationsniveaus seien aber Personaleinsparungen durch die neuen Anlagen wie Nachklärbecken, Rücklaufschlammpumpwerk und Flockungsfiltration nicht zu erwarten. „Ohne Mitarbeiter geht es nicht. In jeder der zwei Tagesschichten benötigen wir mindestens sechs bis acht Mitarbeiter, die sich um die einwandfreie Funktionalität der Prozesse kümmern. In der Nacht werden dann Bereitschaftsdienste für Notfälle bereitgestellt, die in kürzester Zeit auf dem Gelände sind, um im Notfall eingreifen zu können“, beschreibt Dunst die Personalplanung.
Bald ist Richtfest
Jeder Arbeitstag von Andreas Dunst beginnt mit einem Gang über die gesamte Baustelle, um mit den Baufirmen und Planern die anstehenden Aufgaben detailliert abzustimmen. Auch am Ende des Arbeitstages steht der obligatorische Gang über die Anlage, um zu überprüfen, ob die Tagesaufgaben erreicht wurden. Dazwischen liegen einige Stunden Schreibtischarbeit, um zu planen, zu kontrollieren, zu organisieren oder fragende Journalisten herumzuführen und zu informieren.
Wegen der gut laufenden Bauarbeiten, die weitestgehend im Zeit- und Budgetplan liegen, steht in den nächsten Wochen das Richtfest an, auf das sich Dunst schon sehr freut. „Wir haben dann einen Zeitpunkt erreicht, bei dem wir auf das Geschaffene auch ein bisschen mit Stolz zurückschauen und sehr zuversichtlich in die Zukunft schauen können“, sagt Dunst mit einem Lächeln, für den es keine Probleme, sondern nur Lösungen zu geben scheint.
Was macht Dunst, wenn die Bauarbeiten an diesem Klärwerk abgeschlossen sind, will der POTSDAMER wissen. „So richtig abgeschlossen sind die Arbeiten nie“, weiß Dunst aus Erfahrung. „Es bleiben immer noch Teilaufgaben, die operativ begleitet werden müssen. Doch die wesentliche Aufgabe wird dann der Umbau des Klärwerkes in Satzkorn sein.“
sts