Dieter Jetschmanegg im Gespräch mit dem POTSDAMER
Dieter Jetschmanegg ist seit dem 01. Mai 2019 Dezernent für die Zentrale Verwaltung der Landeshauptstadt Potsdam verantwortlich und damit für die strategische Steuerung, die gesamte innere Verwaltung mit Kommunikation und Partizipation, Recht und Vergabemanagement, Personal und Organisation, E-Government und Verwaltungsmanagement. Der POTSDAMER befragte den Dezernenten.
Welche dieser umfangreichen Aufgabenfelder stellt aufgrund der Corona-Situation eine besondere Herausforderung für Sie dar und steht daher im Fokus Ihrer Abteilung?
Der Oberbürgermeister hat den Geschäftsbereich 5, Zentrale Verwaltung, mit seinem Amtsantritt neu gegründet. Nicht zuletzt die Herausforderungen, die wir als Stadt aber auch als Verwaltung im Kontext der Coronapandemie zu meistern haben, zeigen, dass diese Strukturentscheidung richtig war. So ist es gelungen, die internen Dienstleistungen vernetzt auf die neuen Aufgabenstellungen auszurichten und effizient abzustimmen. Ein Aufgabenfeld, das in diesem Kontext natürlich besonders angesprochen war und ist, ist das betriebliche Gesundheitsmanagement. Galt und gilt es doch für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter „Corona-konforme“ Arbeitsbedingungen zu schaffen. Gleichzeitig wollen wir die Leistungsfähigkeit der Verwaltung für die Bürgerinnen und Bürger aufrechterhalten und haben sie in einigen Aufgabenfeldern wesentlich ausgebaut. Die Zuständigkeit hierfür lag und liegt bei den Fachbereichen Personal, Organisation und E-Government. Last but not least ging und geht es darum, in dieser dynamischen Zeit sowohl die Bürgerinnen und Bürger als auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über die Veränderungen und Maßnahmen zu informieren. Dies läuft unter der Regie des Fachbereiches für Kommunikation und Partizipation, der in der Krise insbesondere auch innovative Kommunikationsformate genutzt und ausgebaut hat.
Der Fachbereich Recht hat in diesen Pandemiezeiten eine besondere Rolle. Er ist für alles, was wir in und für die Stadt tun, unser Navigator und Garant für rechtskonformes Handeln in diesen stürmischen Zeiten. Um es mit einem Satz zu beantworten: Mein Fokus liegt auf vernetzter Problemlösung und Teamarbeit.
Bestätigt hat sich auch, dass die strategische Steuerung ein wichtiges Instrument für das Treffen von Entscheidungen für die mittel- bis langfristige Entwicklung der Landeshauptstadt ist. Gerade in unruhigen Zeiten bedarf es der Orientierung. Dabei kommt dem Instrument insbesondere die Funktion zu, die politische und administrative Ebene zu verzahnen. Um diese Wirkung noch besser entfalten zu können, habe ich dem Oberbürgermeister empfohlen, dieses Themenfeld direkt in seinem Bereich zuzuordnen. Das ist in 2020 erfolgt.
Wie beurteilen Sie die aktuelle Situation der Verwaltung in puncto Digitalisierung? Wo steht die Stadt Potsdam heute und wo wird sie in fünf Jahren stehen?
Die Coronapandemie aber auch der Cyberangriff zu Beginn des vergangenen Jahres haben gezeigt, wie wichtig die Digitalisierung ist und welche Chancen damit verbunden sind. Die Landeshauptstadt Potsdam steht hier sicherlich nicht in den vorderen Rängen der Republik, muss sich aber auch nicht verstecken. So haben wir die Dynamik der Coronapandemie genutzt, um die technische Ausstattung und die organisatorischen Bedingungen für mobiles Arbeiten wesentlich zu verbessern. Gleichzeitig haben wir die IT-Sicherheit nach dem Cyberangriff ausgebaut und damit am Fundament für kommende Digitalisierungsmaßnahmen gearbeitet. Eine Baustelle, die es eindeutig zu benennen gilt, ist die Digitalisierung von Fachverfahren. Hier haben wir uns vorgenommen, das Onlinezugangsgesetz zum Anlass zu nehmen, nicht nur den Onlinezugang für die Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten, sondern zugleich auch den Workflow dahinter in der Verwaltung zu digitalisieren. Ich möchte, dass wir in den kommenden Jahren alle Verwaltungsleistungen für die Bürgerinnen und Bürger digital zugänglich machen und dann auch die dahinterliegenden Verfahren für alle wesentlichen Prozesse digital ablaufen.
Welche besonderen Hürden muss die Landeshauptstadt dabei nehmen, um die gesteckten Ziele zu erreichen?
Wichtig ist, dass wir weiterhin unsere IT-Infrastruktur ausbauen. Sie bildet das Fundament für die Digitalisierung von Fachverfahren.
Eine große Herausforderung besteht darin, qualifiziertes Personal zu gewinnen und zu binden. In allen Geschäftsbereichen ist ein umfassender Digitalisierungsprozess kapazitiv zu begleiten. Prozesse müssen identifiziert, dokumentiert und ggf. angepasst werden – nicht nur innerhalb der Organisationseinheiten, sondern organisationsübergreifend. Das wird ein Kraftakt – und zwar für alle. Zugleich verabschieden wir in den nächsten Jahren viele gestandene Führungskräfte und erfahrene Mitarbeitende in den Ruhestand. Für eine Verwaltung, wie die Landeshauptstadt Potsdam, ist das ein tiefer Einschnitt. Denn jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin ist eine wertvolle Wissensträger*in in den Abläufen, Zuständigkeiten und Prozessen, die eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Digitalisierung bilden.
Welche Bereiche oder Services sollen schon bald digitalisiert sein und so die Verwaltung entlasten und den Potsdamer*innen das Leben erleichtern?
Das Onlinezugangsgesetz als Bund–Länderprogramm sieht für die Entwicklung von Onlinezugängen zu den öffentlichen Leistungen eine föderale Arbeitsteilung vor. Wir haben uns entschieden, unseren Prozess der Digitalisierung eng mit diesem Programm zu verzahnen. Entsprechend werden wir uns auch bei der Priorisierung an den Prioritäten, wie sie zwischen dem Land und den kommunalen Interessenvertretungen entwickelt werden, orientieren. Im Fokus der weiteren Aktivitäten werden aber zunächst die Dienste des Bürgerservice stehen, also all jene Dienste und Services, welche die Bürger 24/7, also sieben Tage die Woche, rund um die Uhr, idealerweise medienbruchfrei, von zu Hause aus erledigen können.
Häufig ist zu hören, dass die Stadtverwaltung zu wenige Mitarbeiter*innen habe. Mit welchen Maßnahmen wollen Sie dem steigenden Bedarf an Mitarbeitenden in der Verwaltung begegnen?
Oberbürgermeister Schubert hat hier mit seinem Amtsantritt ein deutliches Zeichen gesetzt – und sowohl im Rahmen des Nachtragshaushalts 2019 als auch mit dem aktuellen Doppelhaushalt in erheblicher Zahl zusätzliche Stellen geschaffen – insgesamt mehr als 300. Die Herausforderung besteht nun darin – für all diese Stellen die Fachkräfte zu gewinnen.
Wie bereits oben erwähnt verabschieden wir zugleich in den nächsten Jahren viele gestandene Führungskräfte und erfahrene Mitarbeitende in den Ruhestand.
Das stellt insbesondere meinen Fachbereich Personal vor besondere Herausforderungen. Aber auch hier ist bereits das Fundament gelegt. Seit 2018 wurde ein separates Recruiting-Team aufgebaut, seit 2019 gibt es einen Bereich Gesunde Verwaltung, der diese Themen im Fokus hat. Seit Oktober 2020 ist eine neue Fachbereichsleiterin an Bord. Auch im schwierigen Jahr 2020 haben wir 250 neue Kolleginnen und Kollegen in der Verwaltung begrüßen dürfen.
Was hat die Verwaltung als Arbeitgeber zu bieten?
Zuallererst: Die Mitarbeitenden der Landeshauptstadt arbeiten ganz konkret und direkt an der Entwicklung und Gestaltung der Landeshauptstadt des Landes Brandenburg und für die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt. Das ist für viele – so auch für mich – die größte Motivation. „Gemeinsam für das Gemeinwohl.“ Ist ein Slogan, der hierfür gerade von Mitarbeitenden formuliert wurde.
Als Arbeitgeberin hat die Landeshauptstadt viel zu bieten: Unsere Arbeitszeiten sind flexibel – dank unserer modernen Arbeitszeitregelung: Teilzeit, Vollzeit, Altersteilzeit, mobiles Arbeiten oder Sabbatical sind möglich. Für Vereinbarkeit allgemein und für einen Wiedereinstieg in den Beruf bieten wir dadurch beste Voraussetzungen.
Die Bezahlung erfolgt nach Tarif (TVöD) inkl. Jahressonderzahlungen, regelmäßiger Stufensteigerungen innerhalb der Entgeltgruppe und einem Krankengeldzuschuss.
Die Chancengleichheit für Frauen und Männer ist für uns selbstverständlich. Zudem profitieren unsere Beschäftigten von einer attraktiven Altersvorsorge, die wir als Arbeitgeberin fördern.
Besonders stolz bin ich darauf, dass es uns gelungen ist, mit dem aktuellen Haushalt die finanziellen Mittel für die Bezuschussung des VBB-Firmentickets zu sichern. Seit September 2020 haben alle Mitarbeitenden die Möglichkeit, dieses Ticket in Anspruch zu nehmen.
Unsere Mitarbeitenden haben die Möglichkeit, sich individuell weiterzuentwickeln. Jedes Jahr bieten wir intern über 120 Kurse, unter anderem zu den Themen IT, Kommunikation, Gesundheit, Persönlichkeitsentwicklung und Recht. Außerdem fördern wir berufsbegleitende Fortbildungsmaßnahmen mit verschiedenen Instrumenten.
Die Gesundheit unserer Mitarbeitenden haben wir ein umfangreiches Angebot erarbeitet: Betriebssportgruppen, kostenfreie Kurse, ein Gesundheitstag und vieles mehr tragen dazu bei, dass unsere Kolleginnen und Kollegen gesund, fit und motiviert sind.
Das Rathaus und weitere Dienstgebäude bilden den Verwaltungscampus und befinden sich in der nördlichen Innenstadt Potsdams und damit guter Anbindung für alle Mobilitätskonzepte.
Derzeit bauen wir unsere Fähigkeiten im Bereich des ortsunabhängigen Arbeitens weiter aus. Alle Mitarbeitende sollen jederzeit die Möglichkeit haben, von außerhalb des Rathauses zu arbeiten. Auch ist die Digitalisierung unserer internen Kernprozesse derzeit das Thema, an dem wir mit Hochdruck und großen Engagement arbeiten.
Unsere Leitlinien Wertschätzung, Teamgeist, Wirksamkeit, Mut, Lösungsorientierung sowie Verantwortung bilden den gemeinsamen Rahmen unserer Arbeit.
Die Vielfalt Potsdams spiegelt sich auch in der Verwaltung der Landeshauptstadt wider: Mit mehr als 2.400 Beschäftigten in über 200 Berufen sowie 60 Auszubildenden und Studenten sind wir eine der größten Arbeitgeberinnen der Region.
Inwiefern werden die Mitarbeiter in den Prozess der Digitalisierung der Verwaltung einbezogen? Ist das überhaupt möglich?
Die Digitalisierung wird nur dann die Effekte bringen, wenn sie im Einklang von Technologie, Prozess und Mensch erfolgt. Auf diesen Dreiklang achten wir. Dabei ist zunehmend zu beobachten, dass es die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selbst sind, die wichtige Impulse für die Digitalisierung setzen.
Einige Städte sind schon seit Jahren den Weg der Digitalisierung sehr konsequent und erfolgreich gegangen. Kann Potsdam von diesen Städten lernen?
Natürlich kann Potsdam von anderen Städten lernen, und in dieser dynamischen Zeit wird es zunehmend darauf ankommen, dass wir uns als Städte vernetzen und auf die guten Lösungen anderer aufsetzen. Mit dem Beitritt zum Zweckverband Digitale Kommune haben wir uns die Möglichkeit eröffnet, dies auf kommunaler Ebene im Land Brandenburg noch stärker als bisher zu tun. Darüber hinaus engagiert sich die Landeshauptstadt u.a. beim Deutschen Städtetag, wie hier z.B. im Arbeitskreis Digitalisierung.
Berlin stattet die Verwaltung der Bezirke derzeit sehr aktiv mit einigen Tausend Laptops für das mobile Arbeiten und das Arbeiten im Home-Office aus. Plant Potsdam ähnliche Maßnahmen, und wenn ja, wann?
Die Landeshauptstadt Potsdam hat erst kürzlich ihren Mitarbeitenden das Mobile Arbeiten deutlich erleichtert. Über 1.200 Beschäftigte haben aktuell die Möglichkeit, von einem privaten PC auf sämtliche dienstliche E-Mails, Dokumente und Fachverfahren zuzugreifen. Zusätzlich wurden übergangsweise und zum gleichen Zweck Notebooks bereitgestellt, über welche ein sicherer Zugang zum Netz der Stadtverwaltung erfolgen kann. Ersteres ist solange als Zwischenlösung gedacht, bis wir eine verwaltungsweite strategische Entscheidung zum Umgang mit dem Mobilen Arbeiten getroffen haben. Aktuell laufen unter Federführung unseres Personalbereiches die konzeptionellen Vorbereitungen. In diesem Zusammenhang wird die Landeshauptstadt prüfen, inwieweit u.a. klassische Desktop-PCs durch Notebooks ersetzt werden können.
Das Interview führte Steve Schulz