Bundestagsabgeordnete Linda Teuteberg (FDP) im Gespräch
inda Teuteberg ist die nächste Kandidatin, die wir Ihnen vorstellen und die um das Direktmandat für den Bundestag wirbt.
Als Stadtverordnete ist Teuteberg, mehr als alle anderen Kandidatinnen und Kandidaten, sehr eng mit der Potsdamer Politik verbunden. Parallel ist sie aber auch eine erfahrene Bundestagsabgeordnete und kennt die Spielregeln „da oben“ sehr genau.
Auch sie hat sich unseren Fragen gern gestellt.
Frau Teuteberg, anders als alle anderen Kandidaten für die Bundestagswahl am 26. September im Wahlkreis 61 gestalten Sie seit vielen Jahren auch als Stadtverordnete die Politik Potsdams aktiv mit. Welche Themen sind aus Ihrer Sicht für Potsdam derzeit und für die nächsten Jahre die wichtigsten?
Mit meiner FDP-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung setze ich mich dafür ein, dass die Landeshauptstadt ihre Potenziale besser ausschöpft, um sowohl für die Potsdamerinnen und Potsdamer als auch für die Gäste der Stadt attraktiv zu bleiben. Die ungelösten Verkehrsprobleme, der unzureichende Wohnungsbau und die unbefriedigende Schulsituation sind Aufgaben, die ich als vordringlich ansehe. Vorangetrieben werden muss auch die Digitalisierung der Verwaltung mit dem Ziel, die Servicequalität und Bürgerfreundlichkeit der Ämter zu verbessern.
Bei allen Einzelaufgaben darf nicht vergessen werden, dass Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur in Potsdam bessere Rahmenbedingungen für wirtschaftliches Wachstum brauchen. Aktuell wollen wir mit einem Antrag unserer Fraktion erreichen, dass der Gewerbesteuerhebesatz in den kommenden Jahren nicht weiter erhöht wird. Dieser liegt In Potsdam inzwischen mit 455% selbst über dem der Nachbarstadt Berlin, was sich leider negativ auf den Wirtschaftsstandort Potsdam auswirkt. Um neue Ansiedlungen zu erleichtern und bereits bestehende Betriebe zu erhalten, fordern wir Freie Demokraten seit Jahren, den Gewerbesteuerhebesatz zu senken. Unsere diesbezüglichen Initiativen wurden von den anderen Fraktionen aber bislang weitgehend nicht unterstützt. Die Unternehmerinnen und Unternehmer in unserer Stadt brauchen nun Planungssicherheit für ihre wirtschaftliche Betätigung und künftige Investitionsvorhaben.
Welche davon wollen Sie nach Berlin mitnehmen und entsprechend mitbeeinflussen?
Wenn es um Förderprogramme des Bundes, z.B. für die Digitalisierung der Schulen, geht, habe ich natürlich die Situation und Bedürfnisse der Potsdamer Schulen im Hinterkopf. Von besonderer Bedeutung für unsere Region mit einer einzigartigen Dichte an – auch außeruniversitären – Forschungseinrichtungen ist die Wissenschafts- und Forschungspolitik. Weitere Verbesserungen des Schienenverkehrs in unserer Metropolregion sind mir ebenso ein wichtiges Anliegen. Und wie in Sachen Gewerbesteuer auf kommunaler Ebene benötigen wir auch bei Steuern und Abgaben, über die bundespolitisch entschieden wird, Entlastung für die Bürgerinnen und Bürger. Sowohl bei der Einkommensteuer als auch bei den Unternehmenssteuern müssen wir entlasten, damit Leistung und Investitionen sich lohnen.
Sie sind seit 2017 Mitglied im Bundestag. Für welche Themen haben Sie sich in dieser Zeit stark gemacht?
Als migrationspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion setzte ich mich für eine geordnete, gesteuerte und durchdachte Flüchtlings- und Einwanderungspolitik ein. Für einen planbaren Prozess mit geregeltem Arbeitsmarktzugang und vernünftigen Bleibekriterien brauchen wir ein modernes Einwanderungsgesetz. Es muss endlich einen praktischen Unterschied machen, wie ein rechtsstaatliches Asylverfahren ausgeht: Wenn kein Anspruch auf Schutz und Aufenthalt besteht, muss konsequent die Ausreisepflicht durchgesetzt werden. Darüber hinaus müssen wir mehr für eine gelingende und aktive Integration tun.
Was mir auch sehr wichtig ist: Starke Demokratie braucht Engagement und Teilhabe der Bürger – auf allen Ebenen. Als Brandenburgerin ist es mir besonders wichtig, künftigen Generationen das Bewusstsein für ihre Verantwortung und die deutsche Geschichte zu vermitteln. Als Vorstandsmitglied von Gegen Vergessen Für Demokratie e.V. engagiere ich mich für die Auseinandersetzung mit politischem Extremismus, den nationalsozialistischen Verbrechen und dem Unrecht der SED-Diktatur.
Zudem setze ich mich für eine Politik ein, die rechnen kann und die Generationengerechtigkeit im Blick hat. Besonders wichtig ist mir, das Aufstiegsversprechen der Sozialen Marktwirtschaft auf Vorankommen durch eigene Leistung zu erneuern. Dazu gehört eine ebenso ehrgeizige wie realistische Bildungspolitik sowie eine neue Balance zwischen Bürger und Staat: Leistung muss sich lohnen und Eigentumsbildung, Altersvorsorge und Vermögensaufbau leichter werden.
Die FDP versteht sich als eine die Freiheit verteidigende Partei. Auch Sie als Juristin haben es in der Vergangenheit immer wieder betont, dass die Grundrechte nicht infrage gestellt werden dürfen. Die Gesellschaft und die Politik hätten sich an diesen Grundrechten zu orientieren und die Grundrechte dürften nicht den gesellschaftlichen oder politischen Rahmenbedingungen angepasst werden. Kann Deutschland mit einer FDP in der Regierung mit einer anderen Pandemie-Politik rechnen, die sich mehr an Fakten, Grundgesetz und Grundrechten orientiert als das in der Vergangenheit der Fall war?
Dass es einen Unterschied zwischen einer entschlossenen, klugen Pandemiebekämpfung einerseits und einer schleichenden Gewöhnung an das Übermaß staatlicher Eingriffe andererseits gibt, haben wir mit vielen konstruktiven Vorschlägen für eine gezieltere, verhältnismäßige und verlässliche Coronapolitik immer wieder deutlich gemacht. Unsere Grundrechte sind über die Jahrhunderte erkämpft worden. Nicht der Staat gewährt seinen Bürgern Freiheiten, sondern wir Bürger gewähren dem Staat Eingriffsmöglichkeiten und für deren Rechtfertigung bedarf es nach unserem Grundgesetz der Verhältnismäßigkeit einer jeden Maßnahme. Wenn wir diese nicht als gegeben sehen und das war etwa bei den Ausgangssperren der Fall, dann stimmen wir nicht zu und gehen nötigenfalls auch bis vor das Bundesverfassungsgericht. Eine mögliche Beteiligung der FDP an einer Bundesregierung wird sich an diesen klaren Leitplanken orientieren. Die FDP ist und bleibt eine Bürgerrechts- und Rechtsstaatspartei: eine Partei, die die Freiheit verteidigt und eine Partei der staatspolitischen Verantwortung. Freiheit und Sicherheit dürfen dabei niemals gegeneinander ausgespielt werden.
Im Rahmen der Pandemie-Politik ist mehr denn je deutlich geworden, dass unsere Gesellschaft aus drei Gruppen besteht: den Kindern, den Alten und den Arbeitenden. Nachdem man viel zu spät und nicht ausreichend versucht hat, ältere Menschen vor schweren Krankheitsverläufen zu schützen, hat man es bis heute noch nicht geschafft, ein Konzept zu entwickeln, das den Kindern offene Schulen (und Kitas) und somit das Recht auf Bildung (und Erziehung) garantiert. Werden Sie das ändern? Könnten Sie sich vorstellen, eine Anwältin der Kinder und Jugendlichen zu sein?
Wir dürfen die Gesellschaft nicht spalten. Kinder, Alte und Arbeitnehmer sind keine gegensätzlichen Gruppen, sondern machen die Gesellschaft als Ganzes aus. Viele Altenheime wurden zu spät geschützt, hier gibt es schlimme Versäumnisse der Bundes- und auch der Landesregierung. Viele Ältere waren einsam, wurden unnötigerweise gefährdet und lebten isoliert. Das darf sich auf keinen Fall wiederholen. Die Notwendigkeit besserer Schutzkonzepte für besonders gefährdete Menschen haben wir Freien Demokraten von Anfang an zum Thema gemacht.
Was die Schulen betrifft: die Schulen und Kitas müssen im nächsten Winter offen bleiben. In Frankreich war es letzten Herbst und Winter möglich, mit regelmäßigen Tests und einem kompetenten Hygienekonzept die Schulen fast dauernd offen zu halten. Daran muss sich auch Deutschland messen. Unsere Kinder und Jugendlichen haben ein Recht auf Bildung. Die psychischen und sozialen Folgen von Lockdowns sind lange ausgeblendet und unterschätzt worden. Für das neue Schuljahr muss es eine Unterrichtsgarantie geben.
Sie sind seit vielen Jahren in der Kommunal-, Landes- und Bundespolitik aktiv und erfolgreich. Dennoch hatten Sie einen steinigen Weg – nicht zuletzt, weil man Ihnen vorwarf, als Frau Karriere machen zu wollen. Eine Eigenschaft, die man bei Frauen gerne kritisiert, bei Männern eher als positive Charaktereigenschaft feststellt. Was raten Sie Frauen, die Interesse daran haben, in die Politik zu gehen?
Frauen haben der Politik und unserem Land viel zu geben und Politik ist zu wichtig, um sie den Männern allein zu überlassen. Deshalb rate ich Frauen mit politischem Interesse unbedingt zum Engagement und lade sie zu den Potsdamer Freien Demokraten ein. Um politische Verantwortung zu übernehmen braucht man Demut und Selbstbewusstsein gleichermaßen sowie Durchhaltevermögen, um sich nicht entmutigen zu lassen.
In den letzten anderthalb Jahren ist deutlich geworden, dass die Länder ihre Aufgaben in der Digitalisierung völlig ignoriert haben. Was kann der Bund tun, damit Brandenburg seine Digitalisierungsaufgaben ernster nimmt und die notwendige Entwicklung endlich vollzogen wird?
Wir haben uns als FDP schon immer für einen stärkeren und ambitionierteren Einsatz des Bundes beim Thema Digitalisierung stark gemacht. Wie bewusst uns dieser Handlungsbedarf ist, wurde spätestens im letzten Bundestagswahlkampf deutlich, als wir das zu einem Kernthema gemacht haben – während andere Parteien uns dafür belächelten und kritisierten. Allerdings ist Digitalisierung nicht in erster Linie eine Frage der Zuständigkeiten, sondern gerade auch eine Frage der Einstellung. Man hätte auf Landes- und Bundesebene schon viel mehr erreichen können. Es geht also um eine grundsätzliche Geisteshaltung, die Digitalisierung als Mittel zum Erreichen wichtiger Ziele begreift. Das gilt sowohl für die Digitalisierung im Bereich der Bildung als auch in der Verwaltung. Bei der Digitalisierung haben unter anderem der Bundesverkehrsminister, Andreas Scheuer, oder auch die Staatsministerin für Digitales im Bundeskanzleramt, Dorothee Bär, nicht viel erreicht. Wenn man das Thema wirklich anpacken und voranbringen möchte, sind Bundes- und Landespolitiker gleichermaßen gefordert. Deshalb tragen wir das Thema auch so stark in die öffentliche Debatte, damit es mehr Beachtung erfährt. Und wir fordern seit Langem ein Digitalministerium, um diese Herausforderung ganzheitlich anzugehen. Digitale Bildung z.B. ist nicht nur eine Frage von Infrastruktur und Hardware, sondern auch und gerade der Weiterbildung von Lehrerinnen und Lehrern sowie entsprechender Unterrichtsmaterialien.
Sie sprechen auf Ihren Wahlplakaten eine breite politische Thematik an. Weniger ist von Themen zu lesen, die eine jüngere Klientel ansprechen. Wie möchten Sie diese für sich gewinnen?
Für uns als FDP ist es wichtig, dass man jungen Menschen eine Perspektive gibt. Eine Perspektive, die sie bereits früh auf ihrem Bildungsweg begleitet. Von der frühkindlichen Bildung über die Schule bis zur Universität und der Berufsausbildung müssen junge Menschen die Möglichkeit haben, sich ihren Interessen und Anlagen entsprechend entwickeln zu können. Und dabei müssen wir sie bestmöglich unterstützen.
Die Freien Demokraten setzen sich für die Wahlberechtigung ab 16 Jahren ein und ich habe dazu noch in meiner Zeit als Landtagsabgeordnete bereits einen Gesetzentwurf in den Brandenburger Landtag eingebracht im Hinblick auf das kommunale Wahlrecht ab 16. Vor allem ist die Generationengerechtigkeit für mich und die FDP ein ganz wichtiges Thema und das umfassend: Von der Umwelt- und Klimapolitik bis zu den Staatsfinanzen. Wir mahnen ganz deutlich an, dass wir uns nicht mehr als nötig verschulden dürfen. Deshalb haben wir auch für den aktuellen Bundeshaushalt ganz konkret Vorschläge gemacht, wie man mit weniger Neuverschuldung auskommen kann. Wir dürfen nicht auf Kosten zukünftiger Generationen leben. Politik, die rechnen und solide haushalten kann, ist der sprichwörtlichen Bazooka überlegen.
Was macht Linda Teuteberg in ihrer Freizeit?
Am besten entspannen kann ich bei einem guten Buch, einem schönen Essen mit Freunden oder einem Spaziergang durch unsere wunderbaren Park- und Seenlandschaften.
Warum sind gerade Sie die beste Wahl für die Potsdamerinnen und Potsdamer?
Weil ich mich für Potsdam als Ganzes einsetze, damit die Stadt, die wir alle lieben, lebenswert bleibt. Ich werde mich im Bundestag dafür stark machen, dass die Städte und Kommunen insgesamt gestärkt werden. Ich werde mich dafür einsetzen, dass Potsdam auch eine attraktive Stadt für Unternehmensansiedlungen bleibt, dass hier Innovation, Forschung und Wissenschaft betrieben werden. Damit Potsdam aber Potsdam bleiben kann, darf es keinen Stillstand geben, weder politisch noch wirtschaftlich. Zudem ist mir wichtig, dass Potsdam weiterhin eine bedeutende Stadt der Kunst und Kultur ist, auch das ist ein wichtiger Standortfaktor und trägt zur bundesweiten und auch internationalen Strahlkraft unserer schönen Stadt entscheidend bei! Als Brandenburgerin ist mir zudem die innere Einheit unseres Landes ein besonderes Anliegen: Innerhalb der Stadtgesellschaft und Region rund um Potsdam und mit dem Anspruch, dass Menschen aus dem Osten unseres Landes ganz selbstverständlich und mit gesamtdeutschem Denken Verantwortung in der Bundespolitik übernehmen.
Das Interview führte Steve Schulz