In Groß Glienicke ist die Mauer erlebbar
Am 13. August gedachte man dem Bau der Mauer in Groß Glienicke, im Gutspark, an dem nördlichen Ende des Groß Glienicker Sees, an dem noch ein Stück Originalmauer an die Teilung Deutschlands erinnert.
Der Bezirksbürgermeister von Spandau, Helmut Kleebank, der tags zuvor bereits in Spandau der Mauertoten gedachte, eröffnete die Gedenkstunde mit der Begrüßung der Gäste und dem Hinweis, dass es sich bei dem heutigen Anlass nicht unbedingt um eine Feier als vielmehr um eine Besinnung handele. „Die Gedenkstätte in Groß Glienicke ist neben den vielen Gedenkstätten in der Region eine sehr wichtige Gedenkstätte, an dem der Todesstreifen und die Vergangenheit noch erkennbar sind“, so Kleebank. Aus diesem Grund sei es wichtig, die Geschehnisse im Gedächtnis zu behalten, vor allem in Zeiten, in denen wir unzufrieden sind oder etwas für ungerecht halten.
„Es gab hier in Deutschland eine andere Welt, in der sich Menschen dazu genötigt sahen, aus dem Land zu fliehen und dabei ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Wir müssen uns daran erinnern, dass wir Privilegien genießen, in einer Zeit, die von sehr viel Freiheit geprägt ist. Und man darf sich nicht dazu hinreißen lassen, das System anzugreifen, das einen beschützt und Werte durcheinander zu bringen“, mahnte Kleebank mit Bezug auf die aktuellen Fragen der Zuwanderung und Integration.
Weil das Erinnern immer mehr verloren gehe, möchte Kleebank, dass man zu einem Multiplikator wird und den Gedanken an die Geschehnisse aufrechterhält und weiterträgt.
Der Ortsvorsteher von Groß Glienicke, Winfried Sträter, betont die Wichtigkeit gemeinsamer Gestaltung des Gedenktages von Spandau und Groß Glienicke. Laut Sträter erlaube diese „besondere Gedenkstätte eine einmalige Leichtigkeit der Begegnung an einem einst so düsteren Ort“.
„Fast 30 Jahre nach dem Mauerfall gibt es immer noch eine Fremdheit gegenüber unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung, die es zu überwinden gilt und die auch eine Gefahr für uns alle sein kann, wenn wir sie nicht überwinden“, mahnt Sträter.
Es sei noch vieles zu tun, damit sich Ost und West noch besser verbinden, meint Sträter und weist auf ein mangelndes Verständnis im Einigungsprozess hin, wenn „sich Ostdeutsche heute dafür schuldig fühlen oder sich dafür entschuldigen sollen, in der ehemaligen DDR aufgewachsen zu sein oder dafür rechtfertigen müssten, dass sie nicht über die Mauer gesprungen sind“.
„Das Schlimmste, was passieren könnte, wäre, wenn sich aus einer Proteststimmung ein ruchloser Nationalismus entwickelt, denn die Mauer hat ihren Ursprung im Nationalsozialismus, dessen Zusammenbruch und der Vierteilung Deutschlands“, gibt Sträter zu bedenken.
Sträter möchte sich „nationalsozialistische Tobsuchtsanfälle“ ersparen, weil diese Art der Politik immer an die Wand fahre. Man sollte daher nicht nur an den Bau der Mauer oder den an der Mauer Verstorbenen gedenken, sondern vor allem daran, wie es zum Bau der Mauer gekommen ist und aus der Historie lernen sowie sich dafür einsetzen, diese Umstände zu vermeiden, die wieder zu einer Mauer führen können – sei sie auch nur im Kopf.
Am Ende der Gedenkveranstaltungen bleibt zu wünschen, dass auch die jüngere Generation mehr an diesen Veranstaltungen teilnimmt, um Erinnerung weiter zu leben und gegen bekannte Entwicklungen rechtzeitig anzugehen.
sts