Gemeinsam mit dem Bundesforst für mehr Artenvielfalt in der Döberitzer Heide

Bis zu 6.000 Soldaten werden im Jahr auf dem fast 550 ha großen Areal des Standortübungsplatzes in der Döberitzer Heide trainiert und sorgen durch die Vielfalt an Geländeübungsmustern für die Ansiedlung von ausgestorben geglaubten Tier- und Pflanzenarten.

Charakteristisch für den Standortübungsplatz: die Offenlandschaft

100 Jahre Truppenübungsplatz

Die erste militärische Nutzung des Areals zeugt aus dem Jahre 1713. Friedrich Wilhelm I. nutze das Areal als Truppenübungsplatz. Doch erst 1892 baute Kaiser Wilhelm II. den Truppenübungsplatz Döberitz auf, der noch weitere 100 Jahre, bis zu dem Abzug der russischen Truppen 1992, als ein solcher genutzt werden sollte. Seit 1992 nutzt die Bundeswehr für in Potsdam und Berlin stationierte Soldaten den an der B2 gelegenen südlichen Teil des ursprünglichen Gesamtgeländes als Standortübungsplatz.

Die Sicherheitsanforderungen sind bei diesem Schießstand geringer, weil hier nur mit Plastik-Munition geschossen wird.

Durch die intensive Nutzung des Geländes als Truppenübungsplatz über mehr als 100 Jahre sowie die beiden Weltkriege, in denen Flugzeuge ihre Ladungen über diesem Gelände abwarfen, ist der Großteil der Döberitzer Heide stark munitionsbelastet. Zum Teil sind die Wege und Übungsgelände von Munitionsrückständen geräumt worden. Je nach Übungsmuster wurden Räumungen von 0,5 bis 6 Metern Tiefe durchgeführt. Insgesamt acht Millionen Euro haben die Räumungen bisher gekostet. Eine komplette Räumung würde nach Angaben des Bundesförsters, Andreas Burchardt, der für die Liegenschaft zuständig ist, über 250 Millionen Euro kosten. Eine kaum zu bewerkstelligende Aufgabe.
Auch andere Institutionen nutzen das Gelände. So zum Beispiel die BRH Rettungshundestaffel, die Polizeihundestaffel, die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe und sogar der Sportverein SCC nutzt genau abgesteckte und sichere Teile des Geländes für seine berühmten Cross-Days, die jedes Jahres Ende Oktober stattfinden.

Bundesförster Andreas Burchardt erklärt die einzelnen Abschnitte des Übunsplatzes. Fotos: sts

Forst präpariert das Gelände für die Bundeswehr

„Weil das Gelände über 100 Jahre lang intensiv militärisch genutzt wurde, fiel es nie in den Bereich der Forstbewirtschaftung, wodurch sich der Sukzessionswald (wilder Wald) hervorragend entwickeln konnte“, erklärt Burchardt.
In den letzten Jahrzehnten vor 1990 war die Sowjet-Armee maßgeblich für die landschaftliche Gestaltung verantwortlich. Heute wird der Standortübungsplatz für die unterschiedlichen Übungen der Bundeswehr präpariert. Wobei darauf geachtet wird, dass in die Entwicklung des Waldes möglichst wenig eingegriffen wird, um für realistische Übungsbedingungen zu sorgen. Kilometerweite Sichtachsen und freies Gelände für Helikopterlandeflächen und Lazarettübungen sowie viele Übungsstraßen für die Fahrausbildung im Gelände entstanden in den vergangenen Jahrzehnten sowie weite Offenlandschaften, neuer Lebensraum für eine Vielzahl seltener und wieder heimisch gewordener Tier- und Pflanzenarten. Mehr als 5.000 Tier- und Pflanzenarten, 2.000 Käferarten und fast 900 Farne und Blütenpflanzen, 240 Wespen-, 190 Bienen-, 200 Vögel- und fast 50 Säugetierarten, darunter Fischotter und Seeadler, machen die Döberitzer Heide zu einem Juwel der Brandenburgischen Artenvielfalt.
So praktiziert die Bundeswehr nachhaltigen Naturschutz und pflegt die Offenlandbiotope, die für eine besondere Artenvielfalt der Flora und Fauna in der Region sorgen.

Brigadegeneral Andreas Henne führte durch das Gelände, während Hauptgefreiter Nico Timm und Obergefreiter Felix Krupp (v.r.), die Erbsensuppe vorbereiteten.

Bedrohte Pilzsammler

Doch so reichhaltig die Artenvielfalt auch ist, so gefährlich ist der Standortübungsplatz auch. Auf die Gefahren verweisen die vielen Schilder am Rande des Übungsgeländes. Trotz dieser Gefahrenhinweise müssen manchmal bis zu 30-mal täglich Spaziergänger – oft Familien mit Kindern –, Radfahrer, Party-Feiernde und vor allem Pilzsammler des Übungsplatzes verwiesen werden. Da dies eine Ordnungswidrigkeit darstellt, kann dies mit schmerzhaften Geldbußen geahndet werden.

Warnschilder weisen darauf hin, wie gefährlich Hochbunker (u.) und Munition im Gelände sind.

 

Das Gelände des Übungsplatzes gehört offiziell zu Berlin.

Vor allem an Wochenenden sei die Anzahl der ungebetenen Gäste groß, und mit ihr die Unfallgefahr, denn die Übungen der Soldaten finden auch am Wochenende statt, berichtet Brigadegeneral Andreas Henne, der über das Gelände führt.
Henne versteht die Neugier derer gut, die sich auf dem Gelände umschauen oder es für ihre Freizeitgestaltung nutzen wollen. Dennoch besteht Lebensgefahr. Um für mehr Akzeptanz und Transparenz zu sorgen, plant man gemeinsam mit dem Bundesforst Führungen über das Übungsgelände, um über die Aktivitäten und Ausbildungsmöglichkeiten der Bundeswehr auf dem Gelände als auch über das hohe Gefahrenpotential zu informieren. „Aktiver Bevölkerungsschutz“ nennt Henne dies, denn nicht nur wegen der chemischen Kampfstoffe aus dem 1. Weltkrieg, sondern auch wegen der Schießübungen besteht Lebensgefahr.

Der POTSDAMER wird die Führungstermine bekannt geben, sobald diese feststehen.

sts

 

Lebensraum döberitzer Heide

Der Baldrianscheckenfalter (Melitaea diamina) liebt die feuchte Umgebung. Zum Beispiel ist er auf Pfeifengraswiesen zu finden. Die Raupen ernähren sich von den Blättern des Kleinen Baldrians (Valeriana dioica) und anderen Baldrianarten.


Der Dukatenfalter (Lycaena virgaureae), mag die trockenen und warmen Bereiche der Döberitzer Heide. Der Feld-Thymian stellt die wichtigste Nektarpflanze für ihn dar.
Der Heidegrashüpfer (Stenobothrus lineatus) lebt in dauerhaft kurzrasigen Bereichen von Sandrasen, Weiden und Felskuppen, allgemein in Trockengebieten.

Fotos: Hannes Petrischak, Heinz Sielmann Stiftung