Das Naherholungsgebiet Ravensberge ist sicher den allermeisten Potsdamern ein Begriff. Gewiss hat sich auch herumgesprochen, dass es den Großen und den Kleinen Ravensberg gibt. Vielleicht ist aber nicht ganz so bekannt, dass der Kleine Ravensberg der höchste Berg Potsdams ist. Moment – werden jetzt vielleicht einige sagen. Wenn es auch einen Großen Ravensberg gibt, wie kann dann der Kleine Ravensberg der höchste Berg Potsdams sein?

Der höchste Punkt auf dem Kleinen Ravensberg

Der höchste Punkt auf dem Kleinen Ravensberg

Dafür gibt es zwei Gründe: Erstens liegt der Große Ravensberg schon außerhalb der Potsdamer Stadtgrenze. Zweitens ist der Kleine Ravensberg knapp acht Meter höher als der Große Ravensberg. Als Grund für diesen überraschenden Umstand wird meistens angegeben, dass der Große Ravensberg eine größere Ausdehnung hat und damit eine größere Sandmenge umschließt als der Kleine Ravensberg mit seiner etwas spitzeren Form.

Ein Bauwerk ist von sehr vielen Stellen aus zu sehen und dominiert die Silhouette des Kleinen Ravensberges – der Feuerwachturm. Der 36 Meter hohe Turm ist inzwischen nicht mehr mit Personal besetzt. Die Überwachung erfolgt durch eine Digitalkamera, die das umliegende Waldgebiet kontinuierlich alle sechs Minuten abtastet. Der genaue Standort des möglichen Brandes wird durch Überkreuzpeilung von mindestens zwei Feuerwachtürmen bestimmt. Die nächste Kamera befindet sich auf dem Wietkikenberg bei Ferch. Der Feuerwachturm steht aber nicht an der höchsten Stelle des Kleinen Ravensberges. Hier befindet sich »nur« der Punkt mit der amtlich angegebenen Höhe von 114,2 Metern. Wenn man von hier auf dem Weg weiter in westlicher Richtung läuft, sieht man erst einmal linker Hand eine nach unten verlaufende Waldschneise. Durch diese ist am Horizont in einer Entfernung von etwa 15 Kilometern der 170 Meter hohe Schornstein des stillgelegten Heizwerkes Genshagen zu sehen.

Der Feuerwachturm

Der Feuerwachturm
Fotos: Wolfgang Mörtl

Noch ein kleines Stück weiter auf diesem Weg, und man erreicht schließlich den höchsten Punkt des Kleinen Ravensberges. Lange Zeit hatte man von hier so gut wie keine Aussicht. Erst 2018 wurde dieser Bereich neugestaltet. In vier Richtungen wurden Sichtfenster freigeschnitten, eine Sitzbank und eine Informationstafel aufgestellt. Seit kurzem beschreiben Hinweisschilder die jeweilige Blickrichtung.
Neben dem Feuerwachturm ist auf dem Kleinen Ravensberg noch ein zweites, sehr interessantes Bauwerk zu finden. Geht man von der höchsten Stelle nicht den offiziellen Weg, der Teil des Europäischen Fernwanderweges E 10 ist, nach unten, sondern übersteigt eine der neuen Geländerstangen in südwestlicher Richtung, steht man nach wenigen Metern vor einer Ruine, dem sogenannten Mirenhaus Süd. Was hat es damit auf sich?
Im vorherigen Teil der Serie »Potsdams Berge« über den Telegrafenberg wurde schon angedeutet, dass für das Kalibrieren der Messinstrumente, die früher einmal auf dem Helmertturm standen, das turmartige Mirenhaus Süd hier auf dem Kleinen Ravensberg und das baugleiche Mirenhaus Nord auf einem namenlosen Hügel im Königswald genutzt wurden.
Um vom Helmertturm aus Winkelmessungen zur Vermessung der Erde durchführen zu können, wurden für die Messgeräte verlässliche Referenzpunkte benötigt, deren Position über lange Zeiträume als konstant angesehen werden konnten. Dazu wurden die beiden Mirenhäuser gebaut, in denen Glühlämpchen so positioniert waren, dass man sie vom Helmertturm aus anpeilen konnte. Noch 1933/34 wurde von Messungen mithilfe der beiden Fernmiren berichtet.

Greifvogelvorführungen auf dem Falkenhof

Greifvogelvorführungen auf dem Falkenhof

Plakette des Methusalemprojekts

Plakette des Methusalemprojekts

Am nordöstlichen Hang des Kleinen Ravensberges wurde ab 2003 auf einem ehemaligen Gelände des Deutschen Wetterdienstes ein Falkenhof errichtet. Hier sollen die Lebensweise von derzeit 38 Greifvögeln und weiteren Tierarten sowie deren Lebensräume interessierten Naturfreunden nähergebracht werden. Täglich können die Vögel im Freiflug beobachtet werden. Dieses spannende Angebot wird nicht nur von Kindern genutzt. Die Startzeiten sind auf der Internetseite des Vereins ersichtlich. Gegen einen Zusatzbeitrag kann man sich mit einem Greifvogel fotografieren lassen. Der Turm der ehemaligen Wetterstation wird vom Verein genutzt, unter anderem für eine Ausstellung sowie zum Start der Greifvögel für den Freiflug.
Wer etwa 700 Meter südlich des Falkenhofs inmitten von hohen Kiefern kleine Palmen entdeckt, muss nicht an seiner Wahrnehmung zweifeln. Ein Berliner „Botanik-Freak“ hat hier neben vier chinesischen Hanfpalmen eine Vielzahl exotischer Gewächse angepflanzt.
In den Potsdamer Wäldern findet man hin und wieder Plaketten an einzelnen Bäumen, zum Beispiel mit der Beschriftung »04712 Projekt Methusalem / Obf. Potsdam«. Was hat es damit auf sich? So gekennzeichnete Bäume wurden in das sogenannte Methusalemprojekt einbezogen, das seit 2004 in der Forst Brandenburg umgesetzt wird. Diese Bäume stehen nicht mehr für die forstwirtschaftliche Nutzung zur Verfügung. Sie »dürfen« natürlich altern und zerfallen und sollen dann als Totholz im Kreislauf des Waldes verbleiben, um somit Lebensraum für kleine Tiere, Insekten und Pflanzen zu bilden. In allen Nadelholzbeständen ab einem Alter von durchschnittlich 80 Jahren und Laubholzbeständen ab durchschnittlich 100 Jahren sollten dafür fünf Bäume je Hektar ausgewählt werden. Am südöstlichen Hang des Kleinen Ravensberges findet man am Ravensberggestell markierte Bäume.

Kleiner Ravensberg vom Turm der Residenz Heilig Geist Park aus gesehen

Kleiner Ravensberg vom Turm der Residenz Heilig Geist Park aus gesehen

Das Mirenhaus Süd

Das Mirenhaus Süd

Eine Besonderheit ist noch am westlichen Rand des Kleinen Ravensberges zu finden: die Mortzfeldt’schen Löcher. Dabei handelt es sich nicht um ein Feld, auf dem ein Mord geschehen ist, sondern um eine Maßnahme des Landforstmeisters Justus Mortzfeldt. Er vertrat schon im 19. Jahrhundert die inzwischen allgemein anerkannte Auffassung, dass der hohe Nadelbaumanteil Waldbrände und Insektenbefall begünstigen. Deshalb orientierte er wieder auf Mischwälder.
Dazu wurden auf seine Anregung hin mitten in einem geschlossenen Kiefernbestand westlich des Kleinen Ravensberges 44 kreisförmige Bereiche mit einem Durchmesser von etwa 50 Metern angelegt und in ihnen Rotbuchen beziehungsweise Stieleichen angepflanzt. Die Laubbäume sind mitten im Nadelwald ganz auffällig in Reihe gepflanzt.
Im »Bergführer Potsdam« finden Interessierte noch weiterführende Informationen zum Kleinen Ravensberg.

Wolfgang Mörtl

 

Bergführer Potsdam
Die schönsten Spaziergänge zu den 75 Gipfeln der Stadt
Wolfgang Mörtl
Taschenbuch, 2. Auflage
BeBra Verlag
ISBN: 978-3-86124-745-6