Johannes Lepsius schrieb ein Buch über die Vernichtung der Armenier in der Türkei

Johannes Lepsius (1858-1926) ist ein Potsdamer, auf den wir heute stolz sein können. Als Christenmensch lebte er den Bibelvers: „Tu deinen Mund auf für die Stummen und für die Sache aller, die verlassen sind“ (Sprüche 31,8).

Im Rahmen einer zielstrebigen „Türkisierung“ der Türkei wurden 1895 mindestens 100.000 armenische Christen auf Veranlassung des Sultans Abdul Hamid getötet, um die Vormachtstellung des Islam dort zu festigen. Daraufhin veröffentlichte der evangelische Theologe Johannes Lepsius 1896 sein Buch: „Armenien und Europa: Eine Anklageschrift wider die christlichen Großmächte und ein Aufruf an das christliche Deutschland“. Es wurde mehrfach aufgelegt und übersetzt, doch ausbremsen konnte er damit die Massaker an der Urbevölkerung Ostanatoliens nicht.

Lepsius wusste als kluger Kopf, wovon er mit Herzblut schrieb. Sein Vater Karl Richard Lepsius war bekannter Ägyptologe und seine Mutter Elisabeth konnte den aufgeklärten Berliner Verlagsbuchhändler Friedrich Nicolai in ihrem Stammbaum vorweisen. Sohn Johannes studierte Mathematik, Philosophie und evangelische Theologie und verbrachte bis 1886 zwei Jahre im Vorstand des Syrischen Waisenhauses vom osmanischen Jerusalem. Es war 1860 für die Kinder ermordeter Christen gegründet worden.
1915 wurde es dann in der Türkei richtig schlimm für die Armenier. Während der Nacht vom 24. zum 25. April startete Innenminister Mehmet Talat Pascha einen geradezu industriellen Völkermord. Nach vorbereiteten Listen ließ er armenische Intellektuelle in Istanbul verhaften. Sie wurden verhört, gefoltert und verschleppt oder gleich getötet. Dadurch hatte Talat den Armeniern als ersten Schritt ihre Führungsschicht und später Provinz für Provinz ihre Heimat weggenommen.
Teils mussten sie zu Fuß einen Todesmarsch in die syrische Wüste antreten, teils wurden sie mit Viehwagen der Bagdadbahn abtransportiert. Nur die Hälfte der Christen kam dort überhaupt lebend an. Viele armenische Väter waren auch schon gleich vor Ort ermordet worden, ihr Eigentum mussten die Familien sowieso zurücklassen. Zehntausende Frauen, Mädchen, Jungen wurden vergewaltigt. Die Täter waren nicht nur Kriminelle, sondern auch türkische Polizisten, Offiziere und Bewohner ganzer Dörfer. Überlebende sollten möglichst verhungern.

Der deutsche Konsul in Aleppo, Walter Rößler, beschrieb in einem Brief an den Reichskanzler das „Entsetzen, von dem jeder erfasst wird, der mit den verhungernden, absichtlich dem Hungertode preisgegebenen Massen der Vertriebenen in nahe Berührung kommt.“ Doch die Regierung in Berlin blieb hart. 1916 veröffentlichte Johannes Lepsius dann einen „Bericht über die Lage des Armenischen Volkes in der Türkei“ und wurde dadurch zum ungeliebten Whistleblower vom Pfingstberg, weil er auch eine politische Verantwortung ansprach und dieses Buch an sämtliche Reichstagsabgeordneten schickte. Es wurde dann allerdings von der Regierung abgefangen und beschlagnahmt.

Die Armenier lebten schon seit Jahrtausenden im armenischen Hochland Kleinasiens. Ihre Kirchen sind älter als die Kirchen Roms, sie gründeten den ersten christlichen Staat überhaupt und sind seitdem ein Balken im Auge der Welt. Gerade jetzt wurde ihnen auch noch Bergkarabach weggenommen, als „christliche Gelehrtenrepublik“ (Martin Sonneborn). Diesmal ist Deutschland mit dem Wegnehmer Aserbaidschan verbündet, weil „wir“ von dort Energiestoff beziehen. Und da heißt es Weggucken. Johannes Lepsius war anders drauf. Die „Pflicht des Schweigens“, die ihm zugemutet wurde, lehnte er bewusst ab.
„Wer redet heute noch von den Armeniern?“ (Adolf Hitler, in Vorbereitung des Holocaust)
Ich rede hier von den Armeniern, und im Lepsiushaus in der Potsdamer Großen Weinmeisterstraße 45 gibt es noch mehr Informationen. Auf der Webseite steht gleich zu Anfang: „Das Lepsiushaus Potsdam ist eine in Deutschland einmalige Forschungs- und Begegnungsstätte. Sie beschäftigt sich mit dem Genozid an den Armeniern im Osmanischen Reich und der Geschichte des deutschen Humanitarismus um 1900.“
Herbert Friedrich Witzel

www.lepsiushaus.de