Bürgerbeteiligung zum Neubau der Straßenbrücke zwischen Grube und Leest

Die alte Brücke zwischen Grube und Leest ist in einem so schlechten Zustand, dass aus wirtschaftlicher und technischer Sicht nur noch ein Neubau Sinn hat. Das ergaben Untersuchungen des Bauwerks 2010 und 2015. Außerdem ist die Brücke höchstens für Schwerlastwagen von 30 t Gesamtlast im Einbahnverkehr tragfähig.

Die Wublitzbrücke verbindet Grube und Leest. Foto: sk

Die Autobahnabfahrt Leest ist ca. einen Kilometer von der Brücke entfernt. Im Falle einer nötigen Umleitung wegen eines Unfalls auf der Autobahn A10 kann die Strecke wegen der momentanen Lastenbeschränkung nicht (wie vorgesehen) als reguläre Umleitungsstrecke benutzt werden.

Zurzeit läuft deshalb das Planfeststellungsverfahren für den Bau einer neuen Brücke über die Wublitz. Die Bürgerschaft sowie Interessen- und Umweltverbände sind aufgerufen, mögliche Einwendungen gegen den Plan bis spätestens einen Monat nach Beendigung der Auslegung, das ist bis zum 5. April 2019, beim Landesamt für Bauen und Verkehr oder bei der Landeshauptstadt Potsdam einzureichen.

Persönlich eingesehen werden kann der Plan in der Stadtverwaltung Potsdam noch bis 5. März und online auf der Seite des Landesamts für Bauen und Verkehr Brandenburg (siehe Kasten). 

Noch ist die Brücke ziemlich zugewachsen. Fotos: sk

Es wurden diverse Varianten durchgerechnet. Unter anderem auch die des Baus einer Brücke zwölf Meter südlich der jetzigen. Das wäre der alte Standort von 1933. Vorteil wäre, das Bauwerk läge dann wieder in einer Flucht mit der Straße. Mögliche Setzungsunterschiede und technologische Risiken beim Bau eines neuen Damms bzw. sehr hohe Investitionskosten von insgesamt ca. 15 Mio. € (Variante Moorbrücke) sprechen aber gegen die geprüften Varianten.

Die Machbarkeitsstudie kam dann zu folgendem Ergebnis: der vorhandene Brückenstandort wird doch beibehalten. Eine Verbesserung der Linienführung und eine Verbreiterung erfolgen nicht. Hierfür sprechen (laut Landesamt) auch die jetzt schon vorhandenen Verkehrsraumeinschränkungen in den engen Ortsdurchfahrten von Grube und Leest sowie die geringsten naturschutzfachlichen Eingriffe. Wenn alles gut läuft, soll der Baubeginn 2020 sein.

Gehwegplanung nicht zu Ende gedacht

Auf der südlichen Seite der Brücke ist ein zwei Meter breiter Gehweg geplant. Aber die Anschlussstücke (der Damm beiderseits der Brücke) gehören nicht zur „Baulast der Landesstraßenverwaltung“ und sind damit nicht Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens. Für die Anschlussstücke sind die Städte Potsdam und Werder zuständig. Für dieses separate Bauvorhaben will Grubes Ortsvorsteher Stefan Gutschmidt einen Antrag bei der Stadt stellen. „Es würde natürlich Sinn machen, die Gehwege bis zur Brücke gleich mit zu bauen.“ Das wäre eine deutliche Verbesserung, denn ohne Gehweg ist es bei der schmalen Straße und dem vielen Verkehr nicht einfach, zu Fuß in den gegenüberliegenden Ort zu kommen.

Fahrräder außen vor

Drei schöne Fahrradrouten führen nah an der Brücke vorbei: Die Route „Insel Töplitz“, verbindet die Orte Leest, Göttin, Neu Töplitz und Töplitz miteinander. Die Fahrradroute „Potsdam“ führt von Werder über Grube, Marquardt und Paretz nach Werder zurück. Auch die Radler, die die Route „Potsdam“ (Sanssouci – Wildpark – Nattwerder – Grube – Bornim) fahren, tangieren die Brücke. Keine der Fahrradrouten führt direkt über die Brücke. Aus diesem Grund wird der Bau eines Fahrradwegs für nicht nötig erachtet. Wieso werden hier nur die Freizeitradler in Betracht gezogen? Was ist mit den Schulkindern, die zwischen Töplitz und Golm pendeln, und mit Menschen, die diesen Weg als Arbeitsweg mit dem Fahrrad fahren wollen? Für sie ist es schon heute ziemlich gefährlich auf der vielbefahrenen schmalen Straße und dem Damm ohne Radweg. Die Brücke soll für Jahrzehnte funktionieren, da ist der Bau eines durchgehenden Radwegs unabdingbar. Auch wenn es innerhalb von Grube und Leest kurze Engstellen gibt, so schließen sich doch gleich hinter Grube hervorragende Radwege an. Diese Engstellen sind daher kein Argument gegen einen Radweg über die Brücke.

Pflanzen und Tiere müssen Platz machen 

Da das Vorhaben innerhalb der Natura 2000-Gebiete „Havel bei Potsdam“ und „Mittlere Havelniederung“ liegt, wurde eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt. Die Gehölzbestände des Untersuchungsraums sind für Fledermäuse und gehölzbewohnende Vogelarten von Bedeutung. Die Wublitz und der Schlänitzsee sind als Lebensräume und Wanderkorridore für Biber, Fischotter, Fische und Wasservögel von Bedeutung. Darüber hinaus wurden Amphibien, Ringelnatter und Libellen nachgewiesen.

Die Straße verläuft in einer Kurve über den Damm. Foto: sk

Obwohl durch den Bau der Brücke an alter Stelle der Eingriff in die Natur möglichst gering gehalten werden soll, haben die Baumaßnahmen, zum Beispiel Versiegelung und Überformung, doch große Auswirkungen auf die geschützten Biotope. „Es werden hoch bedeutsame gewässerbegleitende Gehölzbestände und Feldgehölze in einem Umfang von 1.419 m² gerodet. Darüber hinaus stellt der Verlust von mittel bedeutsamen Baumgruppen in einem Umfang von 168 m² eine erhebliche Beeinträchtigung für das Naturgut dar und es werden sechs Einzelbäume mit Lebensraumfunktion gefällt. Der gesamte Höhlenbaumbestand mit potentiellen Quartieren für Vögel, Fledermäuse und Eremit (Käfer aus der Unterfamilie der Rosenkäfer) wird gefällt.“ Das Landschaftsbild wird sich ingesamt stark verändern. 

Der Eremit ist ein Rosenkäfer und gehört zu den geschützten Arten. Foto: CC Wikipedia

Die Böschungen sollen mit 10 cm Oberboden abgedeckt und Rasen angesät werden. Viel besser wäre hier ein naturgemäßer Bewuchs, zum Beispiel mit standorttypischen Wildkräutern. Im Anschluss an die Baumaßnahme werden auf 1.376 m² Fläche Gehölze trassennah neu angepflanzt. 

Zwei vom Gesetz her vorgeschriebene Ausgleichsmaßnahmen sind leider sehr weit entfernt: In Kartzow sollen Feldgehölze (kleiner flächiger Bestand von Bäumen und Sträuchern) auf einer Fläche von 1.672 m² gepflanzt werden. 

Im Erläuterungsbericht heißt es dazu: „Über die Durchführung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen können die ermittelten erheblichen und nachhaltigen Beeinträchtigungen der Naturgüter Boden, Klima und Luft, Biotope / Pflanzen und Tiere sowie Landschaftsbild und Erholungswert der Landschaft vollständig kompensiert werden.“ 

Die Mehlschwalben bekommen neue Nistmöglichkeiten. Foto: CC Wikipedia

Es werden aber auch z. B. der Mehlschwalbe, die durch den Abriss des alten Brückenbauwerks zunächst Revierplätze verliert, an der Behelfsbrücke und am Ersatzbauwerk geeignete Nisthilfen angeboten. Der Schlammpeitzger, ist ein Süßwasserfisch, der auf der Roten Liste der gefährdeten Arten steht. Er soll mittels Elektrobefischung abgefangen und dann umgesetzt werden. Auch Großmuscheln werden umgesetzt. 

Die Hoffnung stirbt zuletzt 

Die Straßenverkehrszählung 2015 ergab für den hier diskutierten Abschnitt der L 902 eine durchschnittliche tägliche Verkehrsbelastung von 5.103 Kfz / 24 h. Die neue Brücke wird für eine prognostizierte Verkehrsbelastung von 6.000 Kfz / 24 h (Straßenverkehrsprognose 2025) bemessen. Höchstwahrscheinlich wird diese Zahl aber deutlich nach oben gehen. Denn der Ausbau des Wissenschaftsstandorts Golm schreitet voran. Allein durch den Bau des GoIn 2 und die Erweiterung des Fraunhofer-Instituts werden 1.200 neue Arbeitsplätze entstehen. Das neu aufgerufene Gewerbegebiet Golm Nord noch nicht mit eingerechnet. Das bestätigt Gutschmidt: „Da bleibt im Grunde nur der Bau einer Umgehungsstraße, um den Verkehr direkt Richtung Autobahnabfahrt Potsdam-Nord zu leiten.“

Der Ortsbeirat Grube kämpft schon seit Jahren für eine Eindämmung des Lkw-Verkehrs in der schmalen Ortsdurchfahrt. Die einjährige Bauphase der Brücke wird die Nerven der Anwohner auf die Probe stellen. Eine Ampel wird den Verkehr über die einspurige Behelfsbrücke regeln. Mit Rückstau ist zu rechnen.

Vielleicht kommen ja dann doch einige Lkw-Fahrer mehr auf die Idee, den sehr gut ausgebauten Autobahnanschluss Potsdam-Nord bei Marquardt zu benutzen, anstatt sich durch die Engstellen in Leest und Grube zu zwängen. Und bleiben langfristig auf dieser Strecke. Würde sich das Landesamt dazu durchringen, die Ortsdurchfahrt Leest für Lkws über 12t dauerhaft zu sperren, dann wäre das für viele Anwohner und Beteiligte ein guter Kompromiss und man könnte evtl. auf einen separaten Fahrradweg verzichten. sk

Der komplette Plan zum Nachlesen

Hier steht, wann und wo der Plan bis 5.3.2019 persönlich eingesehen werden kann: https://buergerbeteiligung.potsdam.de/node/10208

Und auf dieser Seite ist der Plan online einsehbar (auch nach dem 5.3.2019): https://www.o-sp.de/lbvbrandenburg/nutzungshinweis.php?pid=39532