Das SoLaWi-Projekt in Grube startet in die neue Anbausaison

Knackiges Gemüse in Bioqualität direkt vom Bauern? Frisch vom Feld nebenan? Wöchentliche Lieferung? Reicht für die ganze Familie? Das ganze Jahr über? Zu fairen Preisen?

Nico Gartmann, Sabeth Fladt mit Baby, Anja Lene Waschke, Mathias Peeters (v.l.n.r). Fotos: sk

Das geht. Nämlich hier bei uns in Potsdam. Vorgemacht haben das die BAUERei Grube mit den Gärtnern Nico Gartmann  und Sabeth Fladt sowie der Landwirt Mathias Peeters und seine Frau, der Lehrerin Anja Lene Waschke, und rund 40 SoLaWisten im letzen Jahr erstmalig auf den Feldern bei Grube. Das SoLaWi-Prinzip (Prinzip der Solidarischen Landwirtschaft) ist aber schon viel älter, deutschlandweit und darüber hinaus vielfach erprobt.

Ein Ernteanteil im Sommer.

So geht es: Eine Jahreslieferung, die je nach Verbrauch im Schnitt für zwei bis vier Familienmitglieder reicht, entspricht einem Ernteanteil. Der Bauer überschlägt die zu erwartende Ernte, um zu wissen, wie viele Ernteanteile er an Abnehmer vergeben kann. Auf dieser Basis berechnet er zuerst, wie hoch die Produktionskosten mit allen Lohn- und Nebenkosten für die Anteile im Jahr werden. Daraus lässt sich errechnen, was ein Ernteanteil im Schnitt kostet. In Grube können dieses Jahr 50 Ernteanteile vergeben werden.

Ein Ernteanteil im Winter.

An dieser Stelle kommt die Solidarität ins Spiel: Denn nicht jeder Abnehmer ist in der Lage, die errechneten 73,67 EUR  je Ernteanteil pro Monat zu bezahlen. Für andere ist es kein Problem, ein paar Euros drauf zu legen. In einem stillen Bieterverfahren gibt jeder an, wieviel er bereit ist zu zahlen. Jeder Bieter schreibt dabei sein Gebot anonym auf einen Zettel. Wenn die kalkulierte Gesamtsumme des Bauern zusammen kommt, ist alles klar und die entsprechenden Lieferverträge können unterschrieben werden. Wenn die Summe nicht zusammen kommt, wird eine neue Bieterrunde aufgerufen und jeder überlegt für sich, was er doch noch drauf legen könnte. In der Hoffnung, dass diesmal die Summe gedeckt wird. 

Große Freude gab es am 17. Februar in der BAUERei Grube auf der Vollversammlung der Potsdamer SoLaWisten. Im Bieterverfahren in Krauses ehemaliger Dorfkneipe konnten sie auf Anhieb 39 Ernteanteile verkaufen. Dabei wurde die angestrebte Summe sogar um 2.600 EUR übertroffen. 

Wozu das Ganze?

In der SoLaWi haben sich Menschen zusammen gefunden, denen Essen wichtig ist. Nicht nur, dass es gesund und lecker ist, sondern auch, woher es kommt. Kartoffeln, Rotkohl, Lauch, Salat, Rote Bete, Auberginen und viele andere Sorten werden ausschließlich auf den Äckern bei Grube angebaut. Tomaten und Paprika wachsen im Gewächshaus. Birnen und Äpfel auf den alten Plantagen. 2018 wurden insgesamt 58 verschiedene Kulturen angebaut. „Mit dem Angebot und dieser Vielfalt an Sorten habe ich nicht gerechnet“, bestätigt ein Teilnehmer. 

Die SoLaWis in Grube arbeiten nach den Grundsätzen des biologischen Anbaus. Der Boden soll mit Blick auf ein vielfältiges Insektenleben und generationsübergreifenden Bodenaufbau vernünftig bewirtschaftet werden.

Bieterrunde in der alten Dorfkneipe von Grube.

Wer sich als Abnehmer verpflichtet, drückt damit auch Wertschätzung für die harte Arbeit auf dem Feld aus. Der Bauer gewinnt dadurch wiederum schon zeitig im Frühjahr Planungssicherheit für das ganze Jahr. Die Einnahmen (und damit auch sein Einkommen) sind durch die monatlichen Beiträge gesichert. Damit übernimmt die Gemeinschaft einen Teil des Risikos, wenn beispielsweise wegen langer Trockenheit die Erträge geringer ausfallen als erhofft. 

Auf der Website des Netzwerks Solidarische Landwirtschaft e.V. heißt es dazu: „Solidarische Landwirtschaft ist eine innovative Strategie für eine lebendige, verantwortungsvolle Landwirtschaft, die gleichzeitig die Existenz der Menschen, die dort arbeiten, sicherstellt und einen essenziellen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung leistet.“ 

Tomatenpflanzen im Folienzelt. Fotos: Ralf und Nico Gartmann

Im Gespräch mit den Teilnehmern vor Ort stellte sich heraus: Ganz wichtig ist vielen die Transportfrage. Frisch vom Feld in Grube wird das Gemüse immer donnerstags in drei selbst organisierten Fahrten direkt nach Babelsberg, Potsdam-West und in die nördlichen Ortsteile geliefert. Die Gruber selbst holen ihre Ernte direkt auf dem Hof ab. Kürzer und schneller geht es nicht. Lange Transportwege in großen Lkw über die Autobahn entfallen komplett. Und damit auch der einhergehende hohe CO2-Ausstoß durch Autoabgase, der den Klimawandel begünstigt. 

Für die SoLaWisten ist der kurze Transportweg also ein besonderer Wert, für den sie sogar bereit sind zu zahlen. Im normalen Handel ist es anders herum: Durch das stark subventionierte Benzin sind die Produkte trotzdem billig, auch wenn Sie hunderte oder tausende Kilometer durch die ganze Welt gekarrt werden. Und der immense CO2-Ausstoß und die damit einher gehende Umweltverschmutzung tauchen in keiner Bilanz auf. 

Unkrautbekämpfung ohne Glyphosat – mit der Hacke.

Produzenten und Verbraucher profitieren also beiderseits vom Konzept SoLaWi. Aber auch für Grube und den ländlichen Raum Potsdams ist das Projekt eine Bereicherung: Es kommt mehr Leben ins Dorf, der alte Gasthof ist wieder Anlaufpunkt für Feste und gemeinsame Initiativen, der Saal kann für Geburtstagsfeiern und Tanzveranstaltungen gemietet werden. 2019 wird das generationsübergreifende Dorf-Kultur-Projekt „Schatzgrube – Eine erste Selbstbeschreibung“ von der Stadt Potsdam gefördert.

Durch den Ausbau der Landwirtschaft und des Hofes gewinnt der Ort an Lebensqualität. Die Wertschöpfung bleibt zu hundert Prozent in der Region und neue regionale Wirtschaftsbeziehungen bilden sich heraus. 

Neue Pläne

Aus der Rückschau auf das vergangene Jahr mit den extremen Wetterkapriolen, sehr engagierter ehrenamtlicher Unterstützung durch die SoLaWisten, einer ziemlich guten Ernte und einer fast ausgeglichen wirtschaftlichen Bilanz haben die Bauern viele Lehren gezogen.  Nun gibt es einige neue Ideen: Ein Trecker soll angeschafft werden, der die harte Arbeit auf dem großen Feld erleichtert. Die beiden Großesel MariIa und Krawall liefern zwar fleißig Dünger, bei der Feldarbeit ersetzen sie trotzdem keinen Traktor.

Außerdem hat der Hitzesommer die Notwendigkeit eines intelligenten Bewässerungssystems deutlich gemacht. Gemeinsame Arbeitseinsätze sollen regelmäßiger stattfinden, wünschen sich die SoLaWis. Mehr Feste wollen sie feiern. In verschiedenen Arbeitsgruppen werden Ideen aufgegriffen und projektiert: AG Fördergelder, AG Tiere, AG Feldplanung, AG Feste …

Die Solidarische Landwirtschaft BAUERei Grube ist der Erfolg eines langen, mühsamen Entwicklungsprozesses. Anfängliche Skepsis im Dorf den „Neuen“ gegenüber wich Neugierde und schließlich Beteiligung. Allein sieben Familien der SoLaWi kommen direkt aus Grube, viele Nachbarn kommen zum Tierestreicheln auf den Hof, zum Eselausreiten oder mieten den Tanzsaal für Geburtstagsfeiern oder Kinonachmittage.

Weitere Fundamente der Solawi sind die gemeinnützigen Wirtschaftsstrukturen mit der Ökonauten-Genossenschaft (einer Genossenschaft für ökologischen Landbau), ebenso die Unterstützung beim Aufbau des Landwirtschaftsbetriebes durch die Helga Breuninger Stiftung. 

Feldarbeit mit den Eseln Marila und Krawall.

Schließlich konnten Erfahrungsräume und vertrauensvolle Beziehungen während der langjährige Kooperation mit der Jugendschule der Montessori-Oberschule Potsdam etabliert werden. 

So war es auch beim Kauf des Ackers, (insgesamt 3,3 ha) ganz nah am Schlänitzsee. Dieses Feld wurde auf Initiative der BAUERei Grube 2016 von den Ökonauten  zur Konsolidierung der Arbeit der Jugendlichen auf  „ihrem“ Feld gekauft. In diesem Jahr wird er von der Solawi für Gemüseanbau genutzt,  weiterhin steht eine Teilfläche für Kulturen zur Verfügung, die bienen- und insektenfreundlich sind, aber auch humus- und bodenaufbauende Effekte bewirken. Ein Drittel des Ackers steht schulischen Bildungsprojekten weiterhin zur Verfügung.

Bei dem fröhlichen Treiben in der BAUERei hat sich auf jeden Fall klar rausgestellt: „Mehr Rotkohl zur Weihnachtszeit!“ Auch dieser Wunsch soll erfüllt werden.

Am 2. März (da war unser Heft schon in der Druckerei) fand eine weitere Bieterrunde für die restlichen 11 Ernteanteile statt. Mit etwas Glück sind vielleicht nachträglich noch einige wenige Ernteanteile zu vergeben. Bei Interesse einfach melden bei Mathias Peeters unter info@solawi-grube.de. sk

www.bauerei-grube.de

www.solidarische-landwirtschaft.org

www.oekonauten-eg.de/bauerrei-grube