Noosha Aubel, die ehemalige Beigeordnete für Bildung, Kultur, Jugend und Sport gibt dem POTSDAMER ihr (vorerst) letztes Interview
Nach fünf erfolgreichen und nicht minder ereignisreichen Jahren als Beigeordnete für Jugend, Bildung, Sport und Kultur hat Noosha Aubel ihr Amt zum 28.02.2023 niedergelegt. Öffentlich hatte sie ihre Entscheidung bereits Mitte November 2022 mitgeteilt.
Der POTSDAMER hat mit der mittlerweile ehemaligen Beigeordneten Noosha Aubel über die vergangenen Jahre ihrer Arbeit in und für die Landeshauptstadt Potsdam gesprochen. In dem letzten Interview, das Noosha Aubel als Beigeordnete gab, verrät sie viel über die großen Herausforderungen, die noch offenen Baustellen und die vielen engagierten Wegbegleiter, denen sie für ihre Unterstützung dankt.
Sehr geehrte Frau Aubel, welche Herausforderungen waren für Sie in den vergangenen fünf Jahren die größten?
Herausforderung gab es einige. Die größte war sicherlich die Arbeit während Corona. In dieser Zeit war die Schlagzahl extrem hoch. Die Lage und die Verordnungen änderten sich gefühlt täglich. Wir mussten laufend neue Fragen bestmöglich beantworten. Mussten zügig Lösungen finden für Problemstellungen, die wir so noch nicht kannten, z.B. die Organisation der Notbetreuung während der Schul- und Kitaschließungen. Gleichzeitig war dies aber auch eine Zeit, die ich als sehr bereichernd erlebt habe. Der Zusammenhalt der Kollegen, das Engagement. Viele sind über sich hinausgewachsen und haben, so mein Eindruck, deutlich gespürt, warum bzw. für wen sie ihren Job machen: Für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt. Das hat eine sehr positive Dynamik gebracht.
Welche Errungenschaften waren für Sie besonders?
Es gab eine ganze Reihe von Erfolgen, über die ich mich gefreut habe: Das Richtfest der Grundschule am Filmpark z.B., das ist unsere erste Schule, die in privat-öffentlicher Partnerschaft gebaut wurde. Ein langer Prozess der erfolgreich war, weil das Gros der beteiligten Akteure mit viel Verve in eine Richtung gelaufen ist. Oder die Grundsteinlegung für unsere erste kommunale Kita. Auch hier das Ergebnis vieler Partner. In diesem Zusammenhang ein ganz großer Dank an die Pro Potsdam.
Das Gymnasium Bornstedt würde ich auch in diese „Erfolgsreihreihe“ mit aufnehmen. Bis zur Gründung haben mein Team und ich viel Kraft investiert, auch hier war der Treiber der Bedarf der Potsdamer nach dieser Schulform. Da muss man auch von seiner eigenen, vielleicht anders gelagerten bildungspolitischen Haltung Abstand nehmen können.
Wirklich stolz war ich darauf, dass es uns gelungen ist, die finanziell benachteiligten Kinder und Jugendlichen während der coronabedingten Schul- und Kitaschließungen mit Essen beliefert zu haben. Das war eine große Entlastung für Familien und wurde uns sehr positiv von den Eltern zurückgemeldet. Hier nochmal ein großer Dank an das hervorragende Team um meinen Bereichsleiter Christian Hilbert.
Welche Momente waren für Sie die emotional schönsten?
Ehrlich gesagt, die unfassbar vielen Rückmeldungen zu meinem Rücktritt. Ich habe viele E-Mails, Nachrichten und auch Briefe erhalten. Ich bin auch im Supermarkt von mir unbekannten Menschen angesprochen worden. Viele haben mir gespiegelt, dass sie meine Entscheidung verstehen. Alle haben mir zurückgemeldet, dass sie meine Entscheidung weiterzugehen sehr bedauern. Die Rückmeldungen waren so wertschätzend, so positiv. Sie haben mir gezeigt, dass ich einiges, wenn auch beileibe nicht alles, richtig gemacht habe. Ehrlichgesagt hat mich aber die Vielzahl und Deutlichkeit doch überrascht. In meiner Lesart habe ich einfach meinen Job gemacht: verlässlich, verbindlich und entschieden. Im Sinne der Bürgerinnen und Bürger. Eigentlich ganz einfach.
Was hätten Sie noch gerne erfolgreich abgeschlossen?
Da stehen schon noch ein paar Dinge auf der Liste, die nun hoffentlich meine Nachfolgerin, mein Nachfolger erfolgreich zum Ende bringen wird.
Wir haben z.B. über mehrere Jahre einen Erbbaupachtvertrag zwischen den Stadtwerken und dem Freiland ausgehandelt. Wir wollen das gute Angebot der Soziokultur in unserer Stadt verbindlich sichern. Jetzt ist alles fertig und muss noch durch die politischen Gremien. Da wäre ich gerne bei der abschließenden Unterschrift dabei gewesen. Auch die Betreiberschaft Schiffbauergasse oder die kulturpolitische Strategie hätte ich gerne weiter aktiv begleitet, ver- und schlussendlich auch ausgehandelt. Die Liste ließe sich noch erweitern. Das Ressort ist groß und die Themen zahlreich.
Es gibt also im Ergebnis eine Reihe von Themen, die noch keinen Schlusspunkt haben. Aber das wäre auch in zwei Jahren so gewesen, wenn ich am Ende meiner regulären Amtszeit gewesen wäre. Leider brauchen viele Prozesse einfach zu lange in Potsdam. Es wird meines Erachtens zu wenig proaktiv entschieden. Viele Themen könnten schon mit einem Haken versehen sein, wenn es verwaltungsintern gelänge, beherzter zu entscheiden. Dies gilt auch für die politischen Akteure dieser Stadt.
Welche Situationen und Menschen bleiben Ihnen ganz besonders aus den vergangenen fünf Jahren in Erinnerung?
Ich habe das Gros der Menschen, die ich kennenlernen durfte, sehr geschätzt und gerne mit ihnen zusammengearbeitet. Da einzelne herauszugreifen, wird dem Gesamtbild nicht gerecht. Besonders in Erinnerung bleiben wird mir sicherlich unsere Chefin des Gesundheitsamtes Frau Dr. Kristina Böhm. Mit ihr durfte ich während Corona zusammenarbeiten. Eine unglaublich patente und engagierte Frau. Fachlich und menschlich wirklich topp.
Welche großen Aufgaben sehen Sie in den Bereichen, die Sie verantwortet haben, in nächster Zeit auf Potsdam zukommen?
Der Allgemeine Soziale Dienst des Jugendamtes ist sicherlich weiterhin ein wichtiges Thema. Ich habe hier weitere Stellen beschafft und eine Organisationsuntersuchung auf den Weg gebracht, welche gemeinsam mit den Mitarbeitern Formate für ein zeitgemäßes Arbeiten erarbeiten sollen. Umsetzen müssen dies jetzt andere.
Die Schaffung weiterer Schulplätze wird die Stadt auch perspektivisch bewegen. Hier nicht nur die Frage, wo Plätze entstehen sollen, sondern auch, ob die Plätze an einem Gymnasium oder einer Gesamtschule sein sollten, wird gewiss weiter intensiv diskutiert werden. Ebenso wie die Schaffung neuer Sportplätze in unserer wachsenden Stadt.
Und die Stabilisierung der Kultur in Zeiten knapper Kassen. Hier muss es laute und starke Stimmen geben, die deutlich machen, dass Kultur nicht „nice to have“, sondern essentiell ist.
Es bleibt also bewegt in Potsdam. Das ist ein Aspekt, den ich immer geliebt habe. Viele Bälle in der Luft halten, bewegen, verbessern, ermöglichen. Dienstleister sein und nicht zuletzt auch Demut vor dem Amt haben mich immer getrieben. Routine war und ist ein Fremdwort für diese Position.
Mein Wunsch für die Zukunft wäre, dass sich die Prioritätensetzung verschiebt. Mehr im Fokus, was die Menschen brauchen. Stichwort „soziale Gerechtigkeit“. Stichwort „Lebensqualität“. Stichwort „Chancengerechtigkeit“. Die Instrumente sind da. Sie müssen nur beherzt von der Kommunalpolitik gefordert und der gesamten Verwaltungsspitze genutzt werden. Wenn ich dazu, jetzt ja außerhalb des Systems, einen Beitrag leisten kann: gerne!
Das Interview führte Steve Schulz