Auf die Verbraucher kommen massive Mehrbelastungen zu

Gemessen an der Teuerungsrate von 8,5 Prozent die das Statistische Bundesamt im September 2022 für Brandenburg ermittelt hat, erscheinen die im vergangenen September festgestellte Rate von 5,6 Prozent wie ein Zeichen der Besserung. Ein bundesweiter Vergleich kann allerdings für Ernüchterung sorgen: Für Gesamtdeutschland hatten die Statistiker im September nämlich „nur“ eine Inflationsrate von 4,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat festgestellt. Brandenburg lag mit seinen 5,6 Prozent deutlich über dem bundesdeutschen Durchschnitt. Mehr noch. In keinem anderen Bundesland lag im vergangenen September die Teuerungrate höher als in Brandenburg. Obendrein kündigt sich an, dass die Verbraucher ab dem Jahreswechsel wieder mit deutlich höheren Teuerungsraten rechnen müssen.

Der Bund rechnet von 2024 bis 2027 mit Mehreinnahmen von 26,6 Milliarden Euro durch die Mauterhöhung.
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Bereits zum 1. Dezember 2023 tritt eine Mauterhöhung für LKW in Kraft, die von der Ampel-Koalition vor wenigen Wochen im Bundestag beschlossen wurde. Auf die bisher schon geltende Lkw-Maut wird nun ein CO2-Aufschlag erhoben. Pro Tonne Kohlendioxid wird dadurch ein Aufschlag in Höhe von 200 Euro fällig. Als Folge der Erhöhung rechnet die Logistikbranche damit, dass bei Diesel-LKW die Mautkosten um bis zu 83 Prozent steigen. Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) bezeichnete die Mauterhöhung ganz deutlich als einen Inflationstreiber. Tatsächlich ist damit zu rechnen, dass die Mehrbelastung für die Spediteure letztlich direkt beim Verbraucher landen wird. Nach Berechnungen des Verbandes Bayerischer Transport- und Logistikunternehmen könnten auf eine vierköpfige Familie durch die Umlegung der höheren Mautgebühr Mehrkosten von 370 Euro pro Jahr zukommen.
Der Logistikverband BGL warnt sogar vor einer Gefährdung der Versorgungssicherheit in Deutschland durch die drastische Preiserhöhung bei der LKW-Maut: „Die Auswirkungen betreffen nicht nur die Endverbraucher, sondern stellen vor allem kleinere Transport- und Logistikunternehmen vor dramatische Herausforderungen. Die Branche ist größtenteils mittelständisch organisiert und von Familienbetrieben geprägt. Diese wissen oft nicht, wie sie die zusätzliche Belastung bewältigen sollen und sind gefährdet, vollständig zu verschwinden“, so die Einschätzung des BGL. Kritisch sieht Verbandschef Dirk Engelhardt insbesondere den Mangel an Fahrern: „Schon jetzt fehlen etwa 80.000 bis 100.000 Lkw-Fahrer und jedes Jahr vergrößert sich die Lücke um weitere 15.000. Momentan kann dieser dramatische Fahrermangel noch aufgefangen werden, in Zukunft sieht das aber anders aus. Kurz gesagt, am Ende könnte es sogar um die Versorgungssicherheit in Deutschland gehen.“

Für private Verbraucher machen die Netzentgelte inzwischen rund ein Viertel der gesamten Stromkosten aus
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Bereits beschlossen hat die Bundesregierung zudem eine Ausweitung der Mautpflicht. Zum 1. Juli 2024 wird die Pflicht zur Mautzahlung auch auf LKW mit mehr als 3,5 Tonnen angewendet. Von der neuen Mautpflicht ausgenommen hat die Ampel immerhin Handwerkerfahrzeuge unter 7,5 Tonnen. Schwierigkeiten drohen allerdings Kleinunternehmern in der Logistikbranche. Viele Einmann-Unternehmen sind nämlich mit kleineren Transportern unterwegs, die bislang nicht unter die Mautpflicht fallen. Laut Berechnungen des Bundesverkehrsministeriums werden sich die Mehreinnahmen durch die Mautausdehnung auf Lkw ab 3,5 Tonnen von 2024 bis 2027 auf 3,9 Milliarden Euro belaufen.
Auf Verbraucher, Unternehmen, Mieter, Eigenheimbesitzer und Autofahrer kommt Anfang 2024 zudem noch eine weitere Belastung beim Tanken und beim Heizen hinzu: Nach dem Willen der Bundesregierung steigt nämlich auch der CO2-Preis kräftig an. Derzeit liegt der Preis noch bei 30 Euro je Tonne CO2. Ab 1. Januar 2024 sollen 40 Euro fällig werden. Nach Berechnungen des Außenhandelsverbandes für Mineralöl und Energie werden sich dadurch Benzin und Diesel an den Tankstellen um etwa drei Cent pro Liter verteuern. Auch die Kosten für Heizöl und Gas steigen mit dem höheren CO2-Preis. Obendrein wird ab 1. Januar 2024 auch die Müllverbrennung der CO2-Bepreisung unterworfen. Wie eine Umfrage des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) ergeben hat, wollen 60 Prozent der Entsorgungsbetriebe die Mehrkosten bereits zum Jahresbeginn über die Müllgebühren direkt an die Kunden weitergeben. Diese werden sich auf durchschnittliche Mehrkosten von 22,20 Euro pro Jahr einstellen müssen. Die Bundesregierung rechnet wiederum allein für 2024 durch die Erhöhung des CO2-Preises mit Mehreinnahmen von insgesamt rund 10,9 Milliarden Euro.

Brandenburgs Landesregierung bemüht sich seit Jahren um eine Neuregelung der Netzentgelte – bislang allerdings ohne Erfolg
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Wie aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Kleine Anfrage von Abgeordneten der Unions-Fraktion hervorgeht, werden die Netzentgelte für Kunden mit einem Jahresverbrauch von 3.500 Kilowattstunden im kommenden Jahr um 10,6 Prozent steigen. Laut dem Verbraucherportal Check24 ist im kommenden Jahr damit zu rechnen, dass sich die Kosten für die Nutzung des Stromnetzes für einen Musterhaushalt mit einem Verbrauch von 5.000 kWh im Schnitt von 425 auf 472 Euro im Jahr, zuzüglich Mehrwertsteuer, erhöhen. Auf der Stromrechnung privater Haushalte machen die Netzentgelte mittlerweile rund ein Viertel der gesamten Stromkosten aus. Über die Netzentgelte zahlen die Verbraucher nicht nur die Kosten für die Stromübertragung. Auch der Ausbau der Stromnetze, etwa für den Anschluss großer Windparks, wird über die Netzentgelte auf die Verbraucher umgelegt.
Deutschlandweit gibt es bei der Höhe der Netzentgelte zudem starke Unterschiede. In einigen ost- und norddeutschen Bundesländer zahlen Verbraucher bislang besonders hohe Netzentgelte. Grund ist die Regelung, dass für den Ausbau der Stromnetze die Verbraucher in dem jeweiligen regionalen Versorgungsnetz zahlen. In Gebieten, in denen besonders viele Windparks und Solaranlagen installiert wurden, zahlen dadurch über die Netzentgelte besonders hohe Strompreise. Leidtragende dieser Regelung sind vor allem die Verbraucher in Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg: „Aufgrund unseres guten Ausbaus bei den Erneuerbaren haben wir mit die höchsten Strompreise in Deutschland“, so Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) im Mai.
Über das Corona-Steuerhilfegesetz wurde im Juli 2020 der Mehrwertsteuersatz für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen befristet bis Ende 2022 von 19 auf sieben Prozent abgesenkt. Nach dem die Bundesregierung diese Regelung bis Ende dieses Jahres bereitseinmal verlängert hat, ist für Anfang 2024 mit einer Rückkehr des vollen Steuersatzes zu rechnen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte im Sommer bei einem Bürgergespräch der bayerischen SPD an, eine Entscheidung über die Fortführung des ermäßigten Steuersatzes werden zum Jahresende entschieden. In diesem Zusammenhang sagte Scholz mit Blick auf den Bundeshaushalt, aber auch die Einnahmen von Ländern und Gemeinden: „Das ist ja eine teure Veranstaltung“. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) wies dagegen darauf hin, dass in den Pandemiejahren 2020 und 2021 bundesweit bereits 36.000 steuerpflichtige gastronomische Unternehmen ihren Betrieb eingestellt haben. Laut einer Umfrage der DEHOGA würden bei einer Wiedereinführung des vollen Mehrwertsteuersatzes weitere 12.000 Gastronomiebetriebe schließen.

hrt