Ulf Siebach baut Wohndorf in Sibirien

Schon immer zog es den heute 50-jährigen Maurermeister Ulf Siebach in die Natur – je ursprünglicher und unberührter, desto besser. Jetzt baut er in Sibirien, am Rande der Taiga, eine Farm zur Selbstversorgung und ein Urlauberdorf aus Blockhäusern und lernt dabei Naturgesetze neu kennen und schätzen.
Vieles hat der Naturliebhaber schon ausprobiert. Die Hochzeitsreise nach Kanada vor 22 Jahren war ein Traum, erzählt Siebach dem POTSDAMER. „Ich wollte schon immer die unberührte Natur erleben“. 2000 zog er mit seiner damaligen Frau und den zwei kleinen Kindern (3 und 5) nach Schweden, doch die erhoffte Lebensform fand sich auch hier nicht. Kurz nach dem frühen Tod seiner Frau zog Siebach wieder zurück in seine Heimat, nach Buchholz, südlich von Potsdam. Hier fand er erst einmal wieder den Halt, den er brauchte, und die sozialen Strukturen, die er in Schweden als alleinerziehender Vater vergeblich gesucht hatte.

Die Blockhäuser sind groß und gemütlich eingerichtet.

Kurze Zeit später traf er seine heutige Frau. Das war vor 15 Jahren. Häufig reiste man seitdem im Urlaub in die Ukraine, das Heimatland seiner Frau. Beide verbindet die Liebe zur Natur. Und auch für sie gilt: Je ursprünglicher, desto schöner.
Die beiden Kinder aus erster Ehe wurden groß, Siebach hatte sich zum Blockhausspezialisten weitergebildet und in Brandenburg gearbeitet. Auch das eigene Haus in Buchholz baute er selbst. „Alles war gut“, erinnert sich Siebach, „nur so richtig glücklich waren wir nicht. Irgendetwas fehlte uns.“

Liebe auf den ersten Blick

„Es war ein schleichender Prozess. Wir wussten, dass wir in Buchholz nicht mehr lange leben wollten. Wir waren auf der Suche nach einer Veränderung, ohne genau zu wissen, worin diese Veränderung liegen sollte“. Weiter auf der Suche nach der unberührten Natur entschied man sich, den Urlaub mal etwas weiter zu planen. Die Wahl fiel auf ein Ziel, das Siebach schon lange im Hinterkopf hatte: Sibirien. Gemeinsam verbrachte man ein Wochenende in der Nähe von Novosibirsk, in einem Dorf mitten in der Taiga. „Es war Liebe auf den ersten Blick.“
Die Unberührtheit der Taiga faszinierte die beiden. Hier fanden sie in wenigen Tagen das, wonach sie so lange gesucht hatten. Allen bekannt und doch noch unentdeckt, zeigte sich Sibirien von seiner besten, von seiner einzigen Seite: Natur pur. Unvergessliche Landschaften, beeindruckende Gebirgsregionen und eine atemberaubende Wildnis mit Elchen, Bären, Wölfen, Zobel, Hirschen, Luchsen, Adlern und vielen anderen Wildtieren. Flora und Fauna präsentierten sich in einer von Siebach noch nie erlebten Reinheit und Tiefe, die selbst den erfahrenen Naturkenner sprachlos werden ließen.
Sofort war ihm und seiner Frau klar, dass hier ihr neuer Lebensmittelpunkt sein sollte. Zurück in Deutschland und noch immer ergriffen von der Wirkung, die Sibirien auf sie hatte, recherchierten Siebach und seine Frau. Sie wollten mehr über diesen abgeschiedenen Fleck der Erde und das dortige Leben erfahren.

Angekommen

Bald fand man ein geeignetes Stück Land nahe der mongolischen Grenze, ca. 800 km von Novosibirsk entfernt. Vier Hektar groß, unbebaute Natur, inmitten eines Tals, umgeben von Seen, Flüssen, Bergen und Wäldern. Der Kauf konnte relativ schnell abgewickelt werden, weil die damit verbundenen administrativen Hürden, dank der Tatsache, dass seine Frau perfekt Russisch spricht, schnell genommen werden konnten.

Auf dem Fluss im eigenen Boot kann man die Gegend gut erkunden. Und am Fluss hinter dem Haus genießt man das Frühstück. Fotos: Ulf Siebach

Schon kurze Zeit später begann Siebach mit dem Bau von Blockhäusern. Erst ein Wohnhaus, dann ein Lagerhaus. Später kam das erste Gästehaus hinzu. Sogar ein acht Meter hohes Holz-Tipi baute Siebach, in dem man regelmäßig zusammenkommt, um bei einem Feuer zu essen, zu reden und zu feiern. „Hier wird noch kommuniziert. Aber wir sind nicht in der Steinzeit. Unsere Häuser sind rustikal und sehr gemütlich eingerichtet. Geheizt wird mit Holz. Es gibt eine große Sauna, Banja auf Russisch, mit einem Waschraum. Die Biotoiletten befinden sich neben den Häusern.
Trinkwasser gibt es aus dem eigenen Brunnen oder aus dem Fluss. Strom wird über Solar erzeugt, in Zukunft über unsere eigene Wasserturbine. Sogar sehr guten Internetempfang haben wir hier. Doch wir sind auch kein 5-Sterne-Hotel. Wir haben hier einen Ort geschaffen, an dem man wieder zur Ursprünglichkeit zurückfindet. Hier begreift man, dass man nur ein kleiner Teil einer riesigen Natur ist, die es zu bewahren gilt“, fällt Siebach ins Schwärmen.

Traumhaft schön und sehr geräumig ist das acht Meter hohe Holz-Tipi.

Ein anderes Zeitgefühl

In einer Gegend, in der man keinem Menschen begegnet, wenn man es nicht wirklich will, lernt man, sich auf das Wesentliche zu reduzieren und so das wirklich Wichtige vom Unwichtigen zu unterscheiden. Man muss dafür geschaffen sein, wenn man sich für ein Leben entscheidet, in dem man manchmal den ganzen Tag damit verbringt, sich nur um die Grundversorgung zu kümmern.
„Oft vergisst man das In-Stunden-Denken völlig, und man gewinnt ein völlig neues Zeitgefühl. Die Organisation des Lebens richtet sich mehr nach dem Lauf der Natur. Eine solche Lebensweise kennen wir in Europa nicht. Hier lernt man auch, die Gesetze der Natur zu achten. Wer dies nicht tut, spielt mit seinem Leben. Ob es die sehr kalten und schneereichen Winter sind oder die wilden Tiere, die einem jederzeit über den Weg laufen können, man muss auf alles gut vorbereitet sein, denn wenn einem etwas passiert, dauert es lange, bis man mit Hilfe rechnen kann“, weiß Siebach aus Erfahrung.

Ulf Siebach, Blockhausspezialist: „Oft vergisst man das In-Stunden-Denken völlig, und man gewinnt ein völlig neues Zeitgefühl.“

Ulf Siebach mit seiner jüngsten Tochter.

Doch trotz der völligen Abgeschiedenheit gibt es auch noch das andere Sibirien. Wer Lust auf Zivilisation hat, findet diese in der direkten Nachbarschaft. Nur 200 Kilometer entfernt, ist die nächst größere Stadt Abakan. Hier findet sich alles, was das „zivilisierte“ Herz begehrt. Ärzte, Krankenhäuser, Schulen, diverse Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants und Theater sind nur wenige Autostunden entfernt. „Zwei- bis dreimal im Jahr komme ich auch nach Potsdam, um Freunde und Familie zu besuchen. Dann merke ich wieder, wie hektisch und laut das Stadtleben selbst in einer so schönen Stadt wie Potsdam ist“, so Siebach. „Das Lauteste, was wir am Abend bei uns in Sibirien hören, ist das fließende Wasser des Flusses.“

Sibirien ist zu allen Jahreszeiten landschaftlich ein Traum.

Ganze 14 Stunden ist man von Potsdam aus unterwegs. Über Moskau nach Abakan und von dort aus mit dem Geländewagen-Shuttle geht es 190 km nach Cheremchanka, um eine völlig unbekannte und zugleich atemberaubende Welt zu entdecken. Wer schon immer davon geträumt hat, in der wirklichen Natur dem Alltag zu entfliehen und beim Angeln in klaren Flüssen, dem Holzhacken für das abendliche Kaminfeuer, dem kilometerlangen Wandern durch endlosscheinende Wälder, dem Fahren mit dem Geländewagen oder dem Snowmobil durch die Berglandschaft, dem Beobachten von Bären beim Fischfang zu entschleunigen oder vielleicht sogar Spuren der größten Wildkatze auf unserem Planeten entdecken möchte, der kann in Cheremchanka genau das erleben.sts

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