Was hat Remó Kirsch aus Russland mitgebracht? Letzter Teil unserer Serie über die Russlandreise des Neu Fahrländers

Drei Monate lang fuhr Remó Kirsch mit seinem Begleiter Roland Schröder mit einem selbst umgebauten alten russischen Funkwagen der Marke GAZ über Helsinki durch Russland nach Sibirien zum Baikalsee. Es sollte ein Fahrt werden, deren Ziel niemand kannte. Eine Fahrt, bei der man erst am Abend erfuhr, wo sie einen hingeführt hat. Eine Fahrt, auf der man vor allem eines (wieder) entdecken sollte: sich selbst.

Der POTSDAMER fragte nach, was nun nach fast zwei Jahren der Vorbereitung, 93 Tagen und über 17.000 km hinter dem Steuer in einem fremden Land übrig geblieben ist.

Remó und Birgit Kirsch

Das nächste Mal nimmt Remó Kirsch seine Birgit mit. Fotos: sts

„Als wir losfuhren hatte keiner von uns eine Idee, was uns erwarten würde. Wir wussten, dass wir auf eine andere Kultur treffen, dass wir Fremde sein und dass die Fahrt eine sehr beschwerliche werden würde. Doch egal, was wir uns auch vorgestellt hatten, es wurde anders“, erzählt Remó Kirsch dem POSTDAMER. „Wir hatten in Russland nie das Gefühl, Touristen zu sein. Wir wurden so herzlich empfangen. Überall staunte man über uns, hieß uns willkommen, lud uns ein, wusch uns sogar unsere Wäsche. Was wir hier an Gastfreundschaft erleben durften, übertraf all unsere Erwartungen. So etwas habe ich noch nie erlebt. Statt Touristen waren wir zu Gast bei Freunden.“

AutoaufkleberWas unterscheidet Russland von Deutschland?

„Neben der unglaublichen Warmherzigkeit der Russen uns Deutschen gegenüber überraschte und beeindruckte uns die Versorgungslage in den Städten. Ganz anders als uns von deutschen Medien erzählt, lebt der Russe kein Leben der Entbehrung. Es geht ihm gut. Er hat nicht nur alles, was er braucht, sondern verfügt über ein Warenangebot, das selbst wir als verwöhnte Mitteleuropäer kaum überblicken konnten. Und das in einer Qualität und zu einem Preis, von denen wir zum Teil träumen – zumindest was die Lebensmittel anbelangt. ,Das Beste, was uns passieren konnte, waren die Sanktionen von Deutschland‘, sagten uns viele Russen. Dadurch besann sich Russland wieder auf sich selbst und seine eigenen Ressourcen. Während hier in Deutschland über Lebensmittelampeln debattiert wird, wird dort einfach gehandelt. Auch finden sich Abbildungen auf den Verpackungen von Lebensmitteln, die den Kindern den jeweiligen Produktionsprozess erklären“, schildert Kirsch seine Eindrücke.

„Russland ist ein Land der Superlative. Alles ist größer, weiter, überwältigender. Aber es ist zum Teil auch dreckiger. In einem so riesigen Land eine organisierte Müllabfuhr zu installieren war in den vergangenen Jahrzehnten nicht denkbar. Seit Putin weht jedoch ein anderer Wind. Jetzt wird langsam aber sicher im buchstäblichen Sinne aufgeräumt. Es ist auch schön zu sehen, wie sehr den Menschen das Miteinander wichtig ist. Die russische Kultur ist fürsorglich. Man hilft sich untereinander, weil man weiß, dass so alles besser funktioniert.“

Ivan in der Garage

Endlich zu Hause. Ivan kann sich jetzt erst einmal ausruhen.

Welches war der eindrucksvollste Moment?

„Die Offenheit und Warmherzigkeit der Menschen war unfassbar. Es gab in den drei Monaten viele Momente, die einem nahe gingen. Der schönste Moment war jedoch der, als ein älteres Ehepaar, das noch die Kriegsjahre erlebt hatte, bei einer Ausstellung, auf der wir eingeladen waren, auf mich zukam und sich mit Tränen in den Augen bei uns dafür bedankte, dass wir in der heutigen politischen Zeit als Deutsche in einem russischen Oldtimer durch Russland fahren. Das war ein Moment, der mich total ergriffen hat. Unser Ivan wurde während der Zeit in Russland nicht nur einmal als Friedenstaube bezeichnet und fungierte als Tür- und Herzensöffner.“

Wird es noch einmal eine Fahrt nach Russland geben?

„Auf jeden Fall. Ich sehne mich schon nach einer Wiederholung. Allerdings werde ich dann mit meiner Frau fahren und Ivan bleibt hier. Bekannte von uns sind kurz nach unserer Wiederkehr nach Russland gefahren und haben unsere Eindrücke mittlerweile bestätigt. Es ist schön zu sehen, dass nicht nur wir diese Erfahrungen gemacht haben.

Was vor über 30 Jahren eine konstruierte Freundschaft war, ist heute gelebte Wahrheit. Nie hätte ich gedacht, dass Russland ein so freundliches Land ist – Mütterchen Russland eben“, sagt Remó lächelnd, und man glaubt ihm jedes Wort.

Mehr über die Russlandreise von Ivan finden alle Interessierten auf Facebook unter „Ivan on Tour 2019“. sts