Kontaminierter Boden in Marquardt wirft Fragen auf

Als Dr. Wolfgang Grittner, gelernte Landwirt und Tierarzt, im Jahr 2010 ein Grundstück in Marquardt kaufte, tat er das in der Hoffnung, mit diesem etwas für den Ort tun zu können. Ein Bodengutachten im Rahmen einer von der Landeshauptstadt Potsdam (LHP) im Jahr 2019 vorgenommenen Altlastenerkundung zeigt jedoch, dass das nicht so leicht sein wird, denn das Grundstück ist stark schadstoffbelastet.

Ist Stadt an Kontamination schuld?

Bodenuntersuchungen des Grittner-Grundstücks, die die Landeshauptstadt im Jahr 2019 hat durchführen lassen und bei denen Boden- und Grundwasserproben aus bis zu sechs Metern Tiefe entnommen wurden, zeigten, dass es sich bei dem Grundstück um ein zum Teil sehr stark mit Schadstoffen belasteten Boden handelt.
In einem dem POTSDAMER vorliegenden Schreiben der LHP vom 08. März 2019 heißt es dazu unter anderem: Die „antropogene Beeinflussung [durch den Menschen beeinflusst, Anm. d. Red.] des Grundwassers“ stünde „im Zusammenhang mit den abgelagerten Abfällen … dies zeigt sich insbesondere am Parameter Sulfat, der durch die nahezu flächendeckende Bauschuttablagerung auf der untersuchten Fläche deutlich erhöhte Werte zeigt“. Damit ist die Hoffnung für Grittner dahin, dieses Grundstück an umliegende landwirtschaftliche Betriebe verpachten zu können.
2013, zur 700-Jahrfeier Marquardts, erteilte die LHP nach Angaben von Grittner die Erlaubnis, auf dem Gelände 20 LKW-Ladungen Ziegelsplitt als zusätzliches Stabilisierungsmaterial abzuladen. Hintergrund dieser Erlaubnis war laut Grittner die großflächige Versiegelung der Fläche, um diese als zeitlich begrenzten Parkplatz für Besucher zu nutzen. In den Vorjahren ist es bereits während der Ausstellung „Rohkunstbau“ immer wieder zu „katastrophalen Zuständen“ wegen fehlender Parkplätze gekommen, wie es die Märkische Allgemeine (MAZ) damals formulierte. „Doch das allein ist nicht der Grund für die starke Vergiftung des Bodens“, so Grittner, denn mindestens seit der Wende werde diese Fläche ohne Wissen des Vorbesitzers als Schuttablage intensiv genutzt. Auf der Gesamtfläche von etwa 8.500 Quadratmetern sei eine Bauschuttschicht von mindestens anderthalb Metern entstanden, was etwa 18.000 Tonnen oder fast 750 LKW-Ladungen Bauschutt entspricht.

Um die Qualität des Bodens zu überwachen werden an mehreren Stellen regelmäßig Proben entnommen. Fotos: sts

Konnte man Vergiftung voraussehen?

Grittner war ab 1988 25 Jahre lang kommunalpolitisch aktiv. Erst Gemeindevertretervorsteher, 1990 bis 2002 stellvertretender Bürgermeister, 2003 bis 2008 Stadtverordneter und 2008 bis 2014 Ortsvorsteher, wie es ab 2008 hieß. Man sollte daher annehmen, dass ihm das Gelände und dessen Jahrzehnte langer Gebrauch als Bauschuttablageplatz lange vor dem Kauf bekannt gewesen sein muss. „Weder das Amt Fahrland noch die Landeshauptstadt Potsdam haben etwas gegen die Nutzung des Grundstücks als Bauschuttablageplatz getan, so Grittner.
Grittner macht nun die Landeshauptstadt für die Bodenbelastung verantwortlich. „Wenn die Stadt der Meinung ist, dass das Grundstück nur als landwirtschaftliche Nutzfläche taugt, muss sie auch dafür sorgen, die Erde wieder nutzbar zu machen.“ Grittner bezieht sich dabei auf ein dem POTSDAMER ebenfalls vorliegenden Schreiben der LHP vom 12.05.20, das zwar aus einem anderen Sachverhalt stammt, jedoch dasselbe Grundstück beschreibt. In diesem heißt es: „Das … Grundstück ist in dem Flächennutzungsplan der Landeshauptstadt Potsdam als eine Fläche für Landwirtschaft ausgewiesen“ und könne daher auch nur dieser Nutzungsart zugeführt werden. Zu den Ergebnissen der erwähnten Altlastenerkundung heißt es in dem Schreiben der Stadt des Vorjahres allerdings: „Eine landwirtschaftliche Nutzung ist aufgrund der Zerstörung der natürlichen Bodenfunktionen ohne weitere Maßnahmen nicht möglich.“
Die sich widersprechenden Aussagen der Stadtverwaltung verwirren. „Wie soll denn das Grundstück nun einem sinnvollen und der Stadt dienlichen Zweck zugeführt werden“, fragt Grittner und hofft jetzt auf Vorschläge der Verwaltung.

Der Pächter des Nachbargrundstücks, Michael Schulze, steht auf dem Schuttberg in Marquardt.

Hilft die Stadt bei einer guten Lösung mit?

„Wenn die Stadtverwaltung mir keine Nutzungsmöglichkeit des Grundstückes einräumt, muss sie sich an ihre eigenen Vorgaben halten und das Gelände wieder nutzbar machen.“ Grittner sieht also die Landeshauptstadt in der Verantwortung, den ursprünglichen Zustand das Grundstück so wieder herzustellen, dass sie als landwirtschaftliche Fläche zu nutzen ist. Dafür wäre ein Abtragen des Erdreichs auf einer Fläche von etwa 8.500 Quadratmetern in einer Tiefe von mindestens sechs Metern (ca. 51.000 Kubikmeter) und eine anschließende Auffüllung von unbelastetem Boden in gleicher Menge notwendig.
Weil in der Vergangenheit aber schon mehrere Bauschutt- und Mülldeponien einem gewinnbringenden Nutzen zugeführt wurden (auch die Regenbogenschule in Fahrland steht auf einer ehemaligen Mülldeponie), hofft Grittner, gemeinsam mit der Stadt eine nachhaltige Nutzungsmöglichkeit für das kontaminierte Grundstück zu finden.

sts