Ortsbeiräte plädieren für ein Tempolimit

André Scheffler hat die Situation täglich im Blick. Aus den Fenstern seiner Autowerkstatt in Paaren sieht er, wie die LKWs tagtäglich (in der Hauptverkehrszeit im Minutentakt) durch das Dorf dröhnen. Schefflers Haus ist eines der letzten. Noch ein Stück über die freie Landstraße und mit 80 Sachen ist man schwuppdiwupp auf der Autobahn. Viele LKW-Fahrer scheinen die Ortsdurchfahrt als Anlaufstrecke für die Autobahn zu betrachten. Das Abbremsen auf 50 km/h fällt vielen trotz der beiden Mittelinseln am Ortsein- und -ausgang schwer. Sogar bis in Schefflers Gartenzaun hat es ein LKW-Fahrer schon mal geschafft, weil er zu schnell unterwegs war und die Situation verkannte.
Jetzt hofft das neue Ortsbeiratsmitglied André Scheffler, durch seinen Antrag im Uetz-Paarener Ortsbeirat eine Lösung des Problems erwirken zu können. Seine Idee: Mit einer Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h wären alle Fahrzeuge gezwungen, die Ortsdurchfahrt langsam zu passieren. „Als Wartender an der Bushaltestelle hat man das Gefühl, der LKW käme direkt auf einen zugerast“, empört sich Scheffler. Tatsächlich ist die Straßenführung so angelegt, dass die Mittelinsel die Fahrzeuge in Richtung Haltestelle zwingt. Auf dieser Höhe ist aber der Abbremsvorgang auf 50 km/h bei den meisten Fahrzeugen noch lange nicht beendet.

Bedrohliche Enge an der Bushaltestelle

Bedrohliche Enge an der Bushaltestelle Foto: sk

Das ständige Poltern und Scheppern nervt nicht nur die Anwohner in der Durchgangsstraße. Es ist so laut, man hört die LKWs in der Paarener Dorfstraße bis mitten ins Dorf hinein. Bei offenem Fenster schläft hier schon lange niemand mehr.
In der Begründung zum Antrag, der im Ortsbeirat einstimmig angenommen wurde, heißt es: „Der Schwerlastverkehr durch unseren Ortsteil Paaren hat in den letzten Monaten besonders durch die LKW’s von Mosolf Automobillogistik und das Hermes Verteilzentrum aus dem Gewerbegebiet Ketzin sowie die Fahrzeuge diverser Baustofffirmen aus dem Umland extrem zugenommen.“

André Scheffler, Ortsbeiratsmitglied in Uetz-Paaren

André Scheffler, Ortsbeiratsmitglied in Uetz-Paaren

Als Wartender an der Bushaltestelle hat man das Gefühl, der LKW käme direkt auf einen zugerast.

Der Zugang zu den beiden Bushaltestellen ist nicht gut gelöst. Nach Beobachtungen eines Anwohners wird die Mittelinsel von den Fußgängern selten als Übergang genutzt. Aus der Paarener Dorfstraße muss man entweder ein Stück auf der Hauptstraße ohne Fußweg laufen oder einen unbefestigten, oft matschigen Trampelpfad nehmen, um dorthin zu gelangen. Da gehen die meisten doch lieber gleich direkt über die Straße. Wenn dann noch Autos die Mittelinsel auf der Gegenfahrbahn umfahren, um so den Bus an der Haltestelle zu überholen, wird es richtig gefährlich.

Satzkorn

In Satzkorn ist die Situation ähnlich. Hier ist zumindest zwischen 6 und 18 Uhr eine Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h erlaubt. Diese Reglung wurde begründet mit dem Schutz der Schulkinder, die die Durchgangsstraße queren müssen, um zur Bushaltestelle zu gelangen. Die Anwohner in Satzkorn haben aber noch ein anderes Problem: Durch das laute Poltern der LKWs werden die Anwohner schon morgens ab vier Uhr aus dem Schlaf gerissen. Der Schwerlastverkehr ist extrem. Die LKWs, schwer beladen mit Baumaterial von der Asphaltmischanlage oder dem Bahnumschlag am Satzkorner Bahnhof, poltern unentwegt durch die Schlaglöcher. Auf Nachfrage bei der Straßenverkehrsbehörde Potsdam bekam der Ortsbeirat Satzkorn folgende Antwort: „Eine 24-stündige Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h an der Strecke Königsweg, Satzkorner Bergstraße, Straße zum Bahnhof lässt sich aus zwei Gründen nicht realisieren: zum einen stellt die o. g. Strecke keinen Unfallhäufungspunkt dar, wie vergleichsweise die Strecke am Lerchensteig zwischen Nedlitz und Bornim. Zum anderen ließe sich das Vorhaben auch nicht mit der Verminderung von Immissionen begründen, da die behördlich durchgeführten Messungen sehr wahrscheinlich nicht den kritischen Wert erreichen würden, der eine durchgängige Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h rechtfertigt.“ Damit ist folgendes gemeint: Das Poltern ist ja kein Dauerton. Wenn aber über einen längeren Zeitraum hinweg gemessen wird, dann wird der Grenzwert im Durchschnitt wahrscheinlich nicht überschritten.

Marquardt

In der Marquardter Hauptstraße ist es völlig verrückt: Mitten im Dorf werden zwei 30-er Strecken von einem nur 200 m langen Abschnitt unterbrochen, auf dem man auf 50 km/h beschleunigen kann. Und das direkt vor der Seestraße, dem Zugangsweg zur Kita Seepferdchen.

Abgefahrene Bordsteine an den Mittelinseln zeugen von Unfällen

Abgefahrene Bordsteine an den Mittelinseln zeugen von Unfällen

Fahrland

In der Ortsdurchfahrt von Fahrland gibt es immerhin eine Geschwindigkeitsbeschränkung für LKW ab 3,5 t auf 30 km/h. Trotzdem ist die Kreuzung Ketziner Ecke Marquardter Straße gefährlich. Anwohner und Ortsbeirat fordern schon seit langem, für Fussgänger einen sicheren Übergang zu schaffen, z.B. durch einen Zebrastreifen.

Es muss etwas passieren

Diese Beispiele zeigen: Es ist an der Zeit, einige grundsätzliche Fragen zu stellen und neue Lösungen zu finden, konkret für die Potsdamer Ortsteile und auf Landesebene mit entsprechenden gesetzlichen Regelungen. Dass die Geschwindigkeit erst dann beschränkt wird, wenn Unfälle passiert sind, ist verantwortungslos! Gerade gefährliche Situationen und so genannte „Beinahe-Unfälle“ sollten ernst genommen werden. Die Methode der Lärmmessung muss für bestimmte Situationen geändert werden. Relativ einfach und kostengünstig wäre diese Lösung: Eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h rund um die Uhr in allen Ortsdurchfahrten der Potsdamer Ortsteile.

sk