„My home is my castle“, diese alte englische Weisheit ist vielleicht heute aktueller denn je: Wir Menschen brauchen einen Rückzugsort, den nur wir selber bestimmen und der vielleicht – neben unserer Religion – das Persönlichste ist, was ein Mensch hat. Nicht von ungefähr hat diese englische Weisheit in etwas konkreterer Form auch Einzug in unser Grundgesetz (Artikel 13) gefunden. Dort heißt es, dass die Wohnung eines Bürgers „unverletzlich“ sei.

Aber: „My home“ muss auch finanzierbar sein und bleiben. Und da fängt – zumindest in Potsdam – das Problem an: Wohnraum ist schlicht und einfach für viele Menschen in der Landeshauptstadt nicht mehr finanzierbar. Zunehmend macht sich die Meinung breit, dass sich nur noch „Superreiche“ (wie der Volksmund sie hier gerne bezeichnet) Wohnungen und Häuser in Potsdam leisten können.
Die Stadt Potsdam hat hier offensichtlich ein Problem: Sie weist Bauflächen aus und verkauft diese meistbietend. Mit dem Erlös finanziert die Stadt andere Projekte, bzw. stopft andere „Löcher“ im Haushalt. So sind beispielsweise die Einnahmen aus dem Brauhausberg schon zur Finanzierung des blu eingeplant worden. Die allgemeine Folge dieser Praxis: Der meist bietende Investor erhält den Zuschlag zu einem Projekt und gibt anschließend den Preis, den er für Grundstück und Erschließung an die Stadt bezahlt hat, an die späteren Käufer (Mieter) weiter. Entsprechend teuer wird der spätere Wohn- bzw. Gewerberaum. Hinzu kommt die Umlage für die durch die Verwaltung zusätzlich festgelegte soziale Infrastruktur, wie Schulen, Kitas, etc.
Aus unternehmerischer Sicht handelt die Stadt richtig: Im Interesse der Bürgerinnen und Bürger, also der Steuerzahlenden, muss sie versuchen, einen maximalen Gewinn aus ihren Verkäufen zu erzielen. Nur um welchen Preis: Demnächst können nur noch besagte Superreiche in der Landeshauptstadt Wohnraum finanzieren? Krankenschwestern und Altenpfleger, Feuerwehrleute und Erzieherinnen und Erzieher, aber auch junge Familien mit Kindern (von Alleinerziehenden ganz zu schweigen) können sich kein Eigentum mehr leisten? Gleiches gilt für Mietraum. Genau diese Menschen brauchen wir aber in Potsdam. Nein – das kann auf Dauer nicht die Lösung sein. Hier muss sich zukünftig etwas ändern und zwar sehr schnell.

Aber: Grundstücke, wie beispielsweise in Fahrland oder an anderen Orten in Potsdam, via Vertrag zwischen Investor und Stadt zu verkaufen, ohne eindeutiges Ausschreibungsverfahren, ohne Beteiligung der Bevölkerung, ohne Beteiligung der Stadtverordneten und ohne Erstellung eines Bebauungsplanes, birgt, wie man jüngst sehen kann, Gefahren. Zu leicht entsteht hier der Eindruck eines „politischen Klüngels“, auch wenn juristisch alles einwandfrei verlaufen ist. Das kann auch nicht die Lösung sein. Stadtentwicklung ohne die Bürgerinnen und Bürger? – Wohl kaum ein Zukunftsmodell.
Fragt sich schließlich, wie denn eine entsprechende Lösung aussehen kann. Antwort: Stadtgestaltung statt Stadtverwaltung! D.h.: Der neue Oberbürgermeister muss dringend dafür sorgen, dass die sogenannten (B-) Bebauungspläne schnell, pragmatisch und bevölkerungsfreundlich erstellt werden können: Lange Abstimmungswege müssen endlich gekappt werden! Gleiches gilt für notwendige Änderungen eines bereits existierenden B-Plans. Bebauungspläne reichen bis auf das Jahr 1995, um sie zu ändern vergehen nicht selten bis zu zwei Jahre. Können und wollen wir uns so etwas leisten? Statt einer bisherigen Flickschusterei muss schnellstmöglich ein durchdachtes und nachhaltiges Stadtentwicklungskonzept her. Es muss verbindliche Aussagen machen, zu welchem Preis, wo in der Stadt, Grundstücke verkauft und Wohnraum gebaut werden soll. Wo soll möglicherweise ein Höchstpreis erzielt werden, um damit an anderer Stelle Wohnraum preisgünstiger anbieten zu können. Nur so funktioniert aktive und vor allen Dingen nachhaltige und zukunftsorientierte Stadtgestaltung und nur so wird Wohn- und Gewerberaum auf Dauer finanzierbar, nur so kann man das Wachstum der Stadt gezielt steuern und Bettenburgen und in der Nacht und am Abend ausgestorbene Kieze vermeiden. Nur so kommt die Stadt auch wieder zu einem studentischen Leben.
In einer so schnell wachsenden Stadt wie Potsdam, ist es elementar wichtig, dass insbesondere die Bauverwaltung flexibel reagieren kann. Dazu gehört auch, dass freie Stellen im Bauamt zügig nachbesetzt werden! Es stellt sich die Frage, warum dort noch immer Stellen unbesetzt sind? Oder will die politische Führung der Stadt etwa Bauen generell verzögern, um so „dezent“ einen weiteren Zuzug nach Potsdam zu verhindern?

Die Verwaltung der Stadt muss endlich dazu kommen, zu gestalten und nicht nur behäbig und über endlose Formularreihen zu verwalten. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass Großinvestoren anders behandelt werden als private „Häuslebauer“. Hier gibt es seit langem Handlungsbedarf und zwar dringend.
Zu bezahlbaren Mieten gehört allerdings auch, dass wir alle uns von dem Gedanken loslösen, Grundstücke ausschließlich zu Höchstpreisen von der Stadt verkaufen zu lassen. Angebot und Nachfrage als marktwirtschaftliches Element ja, aber nicht ausschließlich – denn wir wollen keine „kalte“ Marktwirtschaft, sondern eine soziale Marktwirtschaft: Wohnobjekte in Potsdam sollen für alle finanzierbar sein. Zusätzlich muss Druck auf die Landesregierung ausgeübt werden, entsprechende Förderprogramme aufzulegen.

Auch bei einem politischen Wechsel an der Spitze der Stadt sollte uns allerdings klar sein, dass eine solche Korrektur nicht von heute auf morgen Wirkung zeigen kann, dazu ist diese Angelegenheit, wie viele andere in der Stadt auch, viel zu lange verschleppt worden. Doch es muss endlich ein Anfang gemacht werden, nicht nur über das Thema zu reden, sondern es endlich auch anzupacken, damit in Potsdam möglichst schnell auch wieder bezahlbarer Wohnraum für den „Otto – Normalverbraucher“ vorhanden sein wird.
Dr. Gregor Ryssel,
Vorsitzender der CDU Potsdam Nord