Ein Bericht über die Konferenz „Dorfdialog – Fahrplan fürs Dorf“
Satzkorn ist weiträumig, havelländisch, landwirtschaftlich, naturverbunden, bienentauglich, herrlich, ritterlich, historisch, sportlich, radfahrer-, kinder- und seniorenfreundlich, lebendig, lebenswert und feierfreudig. So beschrieben die SatzkornerInnen ihr Dorf während des „Dorfdialogs – Fahrplan fürs Dorf“, einer zweitägigen Konferenz in der Heimvolkshochschule am Seddiner See, Anfang März 2022.
17 VertreterInnen der Satzkorner Bürgerschaft diskutierten leidenschaftlich darüber, was ihr Dorf ausmacht und wie sie es sich in Zukunft vorstellen. Mit dabei: viele Mitglieder des Dorf- und Kulturvereins „Satzkorn Miteinander“ e.V., der Ortsbeirat, die Gutshofbesitzer Liudmila Flach und Michael Hoppe sowie der Stadtverordnete Leon Troche (SPD).
Schon bei der Themenfindung wurde klar: Auf der einen Seite stehen große Entwicklungsprojekte, die von Potsdam aus geplant, auf das Dorf zukommen: das „Gewerbe- und Logistikzentrum Friedrichspark“ (u.a. mit drei Möbelmärkten und 38.000 qm Verkaufsfläche), die große Freiflächensolaranlage (auf rund 100 ha) und im Süden des Dorfes die Wiedervernässung der ehemaligen Moorflächen in einem Untersuchungsraum von insgesamt 500 ha. Hinzu kommen die vorhandenen Baubetriebe, deren zahlreiche LKW unentwegt durch das Dorf brettern und das geplante „Gewerbegebiet Fahrland West“ (62 ha), dass noch mehr Verkehr auch in Satzkorn erzeugen wird. Dieter Spira, Satzkorns Ortsvorsteher meint dazu: „Man hat das Gefühl, das Dorf wird von diesen Projekten regelrecht umzingelt!“ Nicht nur räumlich, sondern auch finanziell sieht sich Satzkorn benachteiligt. „Unsere hohen Gewerbesteuereinnahmen wandern direkt in die Stadtkasse, nach Satzkorn kommt wenig zurück!“, meint ein Teilnehmer. „Wir haben nur den Lärm und Dreck von den Betrieben.“
Auf der anderen Seite steht der einhellige Wunsch der SatzkornerInnen, ihr historisches Angerdorf zu schützen und weiterhin in der schönen Kulturlandschaft naturnah zu leben. Der Erhalt des ländlichen Charakters steht ganz oben auf der Wunschliste. Dass das Gutshaus Satzkorn endlich vor dem Verfall gerettet und denkmalgerecht saniert wird, kommt gut an bei den SatzkornerInnen. Es handelt sich um das Herzstück des Dorfes – neben der Kirche, bei der auch eine umfangreiche Sanierung ansteht. Das auf Wohnen, Tourismus, Naherholung und Veranstaltungen ausgelegte Nutzungskonzept des Gutshofs birgt einige Potentiale für das Dorf, z.B. kulturelle Angebote und eine Einkehrmöglichkeit.
Schätze des Dorfes sind die sehr engagierte Freiwillige Feuerwehr, der Dorf- und Kulturverein „Satzkorn Miteinander“ und das reiche, sehr gesellige und engagierte Dorfleben. Im Gemeindehaus renovierte der Kommunale Immobilienservice (KIS) der Stadt Potsdam kürzlich zwei Räume, die vom Ortsbeirat und von der Bürgerschaft genutzt werden.
Rundwege statt Sackgassen
Ganz wichtig ist den SatzkornerInnen ihre schöne Umgebung, die sie unbedingt erhalten wollen. Leider sind viele Wege zugewachsen oder umgepflügt. Zum Spazierengehen, Joggen und Naturerleben sollen Rundwege wiederhergestellt werden. Kurzerhand hat sich während der Tagung ein Arbeitskreis gebildet, der ein Konzept erstellen und mit den Eigentümern verhandeln will.
Dass der Fuß-/Radweg durch das Dorf endlich gebaut wird, freut die SatzkornerInnen sehr. Die Diskussion wurde besonders hitzig, als es um die Verkehrssituation ging. Dauerbrenner: Der gut einen Kilometer lange, fehlende Radweg in Richtung Bahnhof und Dorf Marquardt zur B273. Die schmale Straße über den Satzkorner Berg mit dem starken LKW-Aufkommen ist für Fahrradfahrer und Fußgänger sehr gefährlich. Das Problem muss endlich gelöst werden. Vorgeschlagen wurde neben dem Bau des Radwegs direkt an der unbebauten Straßenseite, den Radweg südlich um den Berg herumzuführen. Denkbar wäre auch der Bau einer direkten Zufahrt zu den Baubetrieben von der alten B273 aus (vor der Eisenbahnbrücke). Damit würde ein großer Teil des Schwerlastverkehrs ganz aus dem Dorf herausgehalten.
Einig sind sich die SatzkornerInnen auch darin: Wenn das Dorf irgendwann erweitert werden soll, dann muss es sozialverträglichen, altersgerechten Wohnungsbau geben und individuellen Hausbau. Ein Bäcker oder Hofladen im Dorf wäre toll. Zu der Idee der Stadt Potsdam aus dem Integrierten Stadtentwicklungskonzept (INSEK), die Straßenbahn von Fahrland zum Satzkorner oder zum Marquardter Bahnhof auszubauen, gibt es sehr kontroverse Meinungen. Die Wiedereröffnung des Bahnhofs Satzkorn sehen die meisten aber positiv.
Diese Themen bewegen SatzkornerInnen noch: verbesserter Biotop- und Naturschutz – besonders der Alleen, die Tradition der Tulpen- und Gladiolenzucht, der Erhalt des Obstanbaus, die Reaktivierung des Gutsparks, die Schaffung von Informations- und Leitsystemen, die Nutzung der Dorfkirche für Lesungen und Konzerte, bessere Busverbindungen und die Unterstützung der Freiwilligen Feuerwehr. Die Teilnehmer möchten noch mehr Menschen, vor allem junge und neu zugezogene, für das aktive Dorfleben gewinnen. Außerdem erwartet Satzkorn mehr Gehör und Unterstützung durch die Stadt Potsdam.
Gemeinsam soll es weitergehen
Am Ende der Tagung wird klar: Auf dieser Basis kann es richtig losgehen mit konkreten Planungen und echten Projekten in Satzkorn. Unter dem Dach des Dorf- und Kulturvereins wird es neben dem Arbeitskreis „Wege“ weitere Gruppen geben, die sich mit einzelnen Themen intensiv beschäftigen wollen. Die Biotopfreunde haben sich schon getroffen. Die Geschichts-/Chronistengruppe ist startklar. Die Themen Verkehr und Dorfentwicklung sollen beim Ortsbeirat in den Focus genommen werden. Vielleicht wird der Prozess sogar professionell begleitet: im Rahmen des Moduls „DorfDialog – Ortsgestaltung mit Architekten“ des Forums ländlicher Raum und der Architektenkammer.
sk
Wer aus Satzkorn bei einer der Gruppen mitmachen möchte, ist herzlich willkommen. Weitere Infos und Kontakte: www.satzkorn-miteinander.de
Der „Dorfdialog – Fahrplan fürs Dorf“ wird vom „Forum ländlicher Raum – Netzwerk Brandenburg“ organisiert und aus Mitteln des Europäischen Landwirtschaftsfonds im Auftrag des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg gefördert. Info: www.forum-netzwerk-brandenburg.de