Erfolgreiche Präsentation der Ergebnisse des Dorfdialogs in der Satzkorner Kirche

Die Grafik zeigt es deutlich: Die Kulturlandschaft rund um Satzkorn mit ihren weiten Wiesen und Feldern könnte sich in den kommenden Jahren massiv verändern, wenn alles realisiert wird, was aktuell in Planung ist. Bebauungspläne für große Möbelmärkte, Logistikhallen und Gewerbeflächen, für eine Tank- und Rastanlage und für eine riesige Freiflächensolaranlage werden aktuell entworfen. Die Wiesen südlich des Dorfes sollen durch Wiedervernässung zu Moorflächen werden.

Die Idee des Dorfdialogs für Satzkorn

Die Satzkorner haben sich gefragt: Wie können wir mit diesen Veränderungen umgehen, ohne dass der Charakter unseres Dorfes verloren geht? Denn das Ergebnis, das große Ganze dieser Veränderungen, ist viel mehr als die Summe der einzelnen Projekte. Sie wollten klären: Was wollen wir für unser Dorf? Wie wollen wir in Zukunft leben? Wie kann eine Dorfentwicklung im Einklang mit der umgebenden Landschaft sinnvoll und nachhaltig gelingen? Welche Projekte sind überhaupt sinnvoll und zukunftsträchtig?
Große Fragen, für die der Satzkorner Ortsbeirat professionelle Unterstützung gesucht und gefunden hat – im Rahmen des Dorfdialogs mit der Klausur „Fahrplan fürs Dorf“ und dem Werkstattverfahren „Ortsgestaltung mit Architekten“.
Der Dorfdialog wird vom „Forum ländlicher Raum – Netzwerk Brandenburg“ organisiert, aus Mitteln des Europäischen Landwirtschaftsfonds im Auftrag des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg gefördert und von der Brandenburgische Architektenkammer unterstützt.
In einer Klausur an der Heimvolkshochschule Neu-Seddin (der Potsdamer berichtete) und zehn Werkstattgesprächen in Satzkorn diskutierten zahlreiche Satzkorner BürgerInnen im Zeitraum von März 2022 bis April 2023 diverse Themen der Ortsentwicklung intensiv. Basisdemokratisch und unter fachlicher Begleitung des Stadtplaners Steffen Pfrogner (Architekt und sachkundiger Einwohner in der StVV) und des Landschaftsarchitekten Prof. Jürgen Peters (Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde, Dekan im Fachbereich „Landschaftsnutzung und Naturschutz“) entwickelten sie aus der Vielzahl der Ideen gemeinsam ein umfangreiches Konzept für ihre Dorfentwicklung.
Ein erstes Ergebnis war für die Gäste der Präsentation in der Satzkorner Kirche ganz offensichtlich: Hier haben sich engagierte und fachlich kompetente BürgerInnen zusammengefunden, um als starkes Team mit viel Enthusiasmus gemeinsam ein Konzept für ihr Dorf zu entwickeln. Der Ortsvorsteher Dieter Spira, der Ortschronist Frank Grunert, die stellv. Ortsvorsteherin Susanna Krüger, der stellv. Vereinsvorsitzende des Dorf- und Kulturvereins „Satzkorn Miteinander“ Wilfried Bethge sowie Dr. Gernot Riemer und Dr. Detlev Mohr vermittelten die Ergebnisse sehr anschaulich.

Der geplante Flächenverbrauch ist immens. Satzkorn fühlt sich zunehmend umzingelt.

Der geplante Flächenverbrauch ist immens. Satzkorn fühlt sich zunehmend umzingelt.
Grafik: © OBR Satzkorn/Susanna Krüger, GoogleEarth/Geobasis-DE/BKG (2009), Daten geändert

Satzkorns Zukunft

Die BürgerInnen und Bürger Satzkorns fordern, dass die Belange des Ortsteils mit seinem historischen Ortskern, der wertvollen Kulturlandschaft sowie den besonders günstigen Standortbedingungen für die Landwirtschaft in der Gemarkung Satzkorn deutlich mehr Beachtung bei planerischen Entscheidungen finden. Die Satzkorner wollen die besondere Lebensqualität im Dorf auch für kommende Generationen und für die ganz Potsdam erhalten und verbessern. Weitere Schwerpunkte der Entwicklung sehen die BürgerInnen im Bereich von Naherholung, Tourismus, Natur- und Landschaftsschutz. In den Werkstätten des Dorfdialogs ist ein ausgewogener Plan entstanden, wie dies gelingen kann.
Die Satzkorner BürgerInnen verstehen diese Ergebnisse als Vorlage für einen Rahmenplan, der wegen der anstehenden massiven Veränderungen notwendig ist – und zwar bevor Bebauungspläne überhaupt aufgestellt werden! Es handelt sich um eine Initiative für die Zukunft von Satzkorn!
Die Ergebnisse des Dorfdialogs geben dem Satzkorner Ortsbeirat starken Rückhalt für sein Engagement und seine inhaltliche Ausrichtung, die u.a. in Anträgen und Entscheidungen münden.

Natur und Kulturlandschaft schützen

Satzkorn möchte die jahrhundertealte Kulturlandschaft mit ihrer Struktur sowie die wertvollen landwirtschaftlichen Flächen erhalten. Mit ihrem guten Lehmboden gehören die Ackerflächen rund um Satzkorn zu den ertragreichsten in ganz Brandenburg. Die Landschaft mit Feldern und Wiesen, Obstplantagen, alten Baumbeständen und natürlichen Wasserflächen soll stärker geschützt werden.
Die geplante Wiedervernässung des Polders Fahrland begrüßen die BürgerInnen aus Klimaschutzgründen sehr. Das Projekt passt gut zu ihrer Zielsetzung, insbesondere den gesamten Bereich südlich des Dorfes als wertvollen Natur- und Erholungsraum zu bewahren. Bohlenwege und ein Naturlehrpfad sollen das Moor erlebbar machen. Die Landwirte müssen für den Verlust ihrer Ackerflächen und Wiesen entschädigt werden.
Ein wichtiges Projekt für die SatzkornerInnen ist die Wiederherstellung der alten Wegebeziehungen. Denn über Wanderwege wird die umgebende Natur erlebbar. Doch viele Feldwege sind zugewachsen oder gesperrt, Rundwege fehlen. In der Prioritätenliste stehen der Pappelweg, der Parkweg und der Weg nach Fahrland ganz oben. Mit einigen Eigentümern wurden bereits Ideen für die Umsetzung entwickelt. Für den Hochweg über die Jubelitz, der das alte Dorf und die Gutsanlage mit der Fahrländer Mühle verbinden soll, liegt sogar schon ein studentisches Konzept vor. Mit fachlicher Beratung von Prof. Peters haben die Teilnehmer des Dorfdialogs Fördermöglichkeiten, Fragen des Wegerechts und mögliche Bepflanzungskonzepte ausgelotet. Das Aufstellen von Bänken an Aussichtspunkten wird über das aktuelle Bürgerbudget 2023 finanziert. Satzkorn beteiligt sich an der Umsetzung des historischen Landschaftsparcours, für den bereits EU-Fördermittel zugesagt wurden. Ansprechpartner für die Wegeplanung ist die AG „Wege“, eine der Projektgruppen, die sich im Dorfdialog gefunden hat. Ebenfalls über das Bürgerbudget 2023 werden Outdoor-Fitnessgeräte auf der Festwiese installiert.
Die bekannte Satzkorner Tulpen- und Gladiolenzucht soll als Tradition im Ortsbild sichtbar werden, wie schon 2021 mit der Aktion „1.000 Tulpen für Satzkorn“ begonnen. Besonders die Mitglieder des Dorf- und Kulturvereins engagieren sich für den Naturschutz. Sie bauten 37 Nistkästen, 3 Fledermauskästen und einen Wiedehopfkasten. Die Satzkorner Kinder haben sich bereits aktiv in diesen Projekten engagiert. Ein großes Insektenhotel ist in Planung.

Dorfdialog Satzkorn, Planzeichnung des Konzepts

Dorfdialog Satzkorn, Planzeichnung des Konzepts
Grafik: © OBR Satzkorn/Susanna Krüger, GeoBasis-DE/LGB (2023), dl-de/by-2-0, Daten geändert

Handwerksbetriebe statt Megahallen

Die Fehler, die in der Vergangenheit mit dem Bebauungsplan des Friedrichsparks gemacht worden sind, dürfen sich auf keinen Fall weiter ausweiten! Statt riesiger Logistikhallen mit extremer Versiegelung der Flächen sollte Potsdam den Schwerpunkt auf Kleinteiligkeit in der Bauweise und Ausrichtung auf kleine Gewerbe- und Handwerksbetriebe setzen. Der Bedarf dafür ist groß. Neue Bebauungspläne müssen vorschreiben, dass alle Dachflächen mit Solaranlagen ausgestattet werden. Die geplanten drei Möbelhäuser mit 38.000 m² Verkaufsfläche „auf der grünen Wiese“ halten die SatzkornerInnen für nicht zeitgemäß. So weit außerhalb der Stadt würde dieser Handel sehr viel Verkehr und damit Umweltbelastungen verursachen. Um den Freiflächenverbund zu schützen, sollte sich die Gewerbeansiedlung auf den südlichen Teil des Friedrichsparks beschränken. Mit der Gewerbeflächenausdehnung in die Landschaft und auf die fruchtbaren Äcker muss Schluss sein, sagen die SatzkornerInnen!
Den Bau einer Tank- und Rastanlage auf einem der fruchtbarsten Böden Brandenburgs lehnen die Satzkorner ab. Natur- und Klimaschutzgründe sprechen klar dagegen. Stattdessen soll die vorhandene Raststätte Wolfslake ausgebaut werden. Viele SatzkornerInnen engagieren sich deshalb in der BI Potsdamer Norden.

Weniger LKW-Verkehr in der Ortsdurchfahrt

Vor allem das Asphaltmischwerk, der Bauumschlagbahnhof mit Recycling und das Gewerbegebiet in der Ketziner Straße verursachen den starken Verkehr auf der schmalen Straße über den Satzkorner Berg. Es handelt sich anteilig um die höchste Belastung mit LKW in ganz Potsdam. Die Baufahrzeuge sind zudem nachweislich oft viel zu schnell unterwegs – für Radfahrer und Fußgänger auf der Straße sehr gefährlich. Kein Wunder, dass das Thema im Dorfdialog ausgiebig diskutiert wurde. Die SatzkornerInnen begegnen dem Problem mit starken Ideen, z.B. einer Variantenprüfung mit dem Ziel, die Zufahrtsstraße zu den Bauunternehmen zu verlegen. Jetzt wollen sie das Gespräch mit den ansässigen Unternehmen suchen.

Buslinie und Radwege verbessern

Dass der Radweg durch das Dorf endlich fertig ist, freut alle Satzkorner. Nun fehlt noch das letzte Teilstück von 1.000 Metern, um sicher mit dem Rad oder zu Fuß zur Obstscheune und zur Marquardter Mobilitätsdrehscheibe zu gelangen. Der Radwege-Lückenschluss hat es bis in die TOP 20 des Potsdamer Bürgerhaushalts geschafft! Denn neben Satzkorn ist er auch für Marquardt und Fahrland Nord wichtig – als Schulweg zu den dortigen Einrichtungen.
Die Satzkorner hoffen, dass eine Geschwindigkeitsanzeige in der Ortsdurchfahrt den Rasern Einhalt gebietet. Bei der Abstimmung im Bürger-Budget bekam die Idee deshalb zahlreiche Punkte und wird demnächst umgesetzt.
Die Verlegung beider Bushaltestellen auf die Bergstraße ist ein Vorschlag aus dem Dorfdialog, der mit Zahlen überzeugt: 8.500 km Fahrstrecke, 285 Stunden Fahrzeit für Busfahrer und Insassen, 3.500 l Diesel und 9.275 kg CO2-Emissionen würde der 609er Bus jährlich einsparen, wenn er nicht mehr den Umweg durch den Tulpenweg nehmen müsste. Die schmale Anliegerstraße war für Busse niemals vorgesehen und deshalb auch nicht ausgelegt. Hier muss endlich etwas passieren, meinen die Satzkorner.

Präsentation der Ergebnisse des Dorfdialogs in der Satzkorner Kirche am 26.4.2023.

Präsentation der Ergebnisse des Dorfdialogs in der Satzkorner Kirche am 26.4.2023.
Foto: Axel Starck

Klima- und Landschaftsschutz mit Photovoltaik

Sehr ausführlich und kontrovers diskutierten die BürgerInnen im Dorfdialog die Planung der 97 ha große Freiflächensolaranlage direkt westlich des Dorfes. Herausgekommen ist eine 27-seitige qualifizierte Stellungnahme, die der Ortsbeirat Satzkorn im Namen des Dorfes während der öffentlichen Beteiligung zum Vorentwurf des Bebauungsplans im Planungsamt Potsdam einreichte.
Darin heißt es: „Der schnelle und flächendeckende Ausbau regenerativer Energiegewinnung ist eine der wichtigsten Maßnahmen, um den Klimawandel aufzuhalten. Allerdings sollten die Betreiber von Energieanlagen nicht aus der Pflicht gelassen werden, eine nachhaltige Einpassung dieser Anlagen in die Landschaft zu betreiben. Positive Beispiele zeigen, dass die Betreiber effizient verpflichtet werden können, negative Auswirkungen auf Naturräume und das Lebensumfeld der AnwohnerInnen abzumildern und auszugleichen.“ Die SatzkornerInnen fordern u.a., dass Wege angelegt und rund um die Anlage Hecken gepflanzt werden. Zum Schutz des vorhandenen Freiraum- und Biotopverbunds darf die Teilfläche bei Kartzow nicht bebaut werden. Einen deutlichen Abstand zur Dorflage Satzkorn halten die Satzkorner für wichtig. Eine Streuobstwiese soll als landschaftsgestalterischer Puffer dienen.
Die Satzkorner hinterfragen in ihrer Stellungnahme aber auch grundsätzlich, ob der Acker überhaupt für eine Freiflächensolaranlage geeignet ist. Die vorgeschriebene Alternativprüfung fand nicht statt. Im Dorfdialog wurden einige Alternativflächen benannt, die deutlich weiter von den Dörfern entfernt liegen und landwirtschaftlich weniger wertvoll sind. Der Acker bei Satzkorn ist mit seinen teilweise über 50 Bodenpunkten besonders fruchtbar. Als landwirtschaftliche Vorrangfläche dürfte er gar nicht bebaut werden. Die Satzkorner bedauern, dass Agri-PV-Anlagen gar nicht in Betracht gezogen wurden.

Susanna Krüger und
Renate Mohr

Warum die SatzkornerInnen ihre historische Kulturlandschaft für besonders schützenswert halten und weshalb sie sich eng mit der Geschichte des Dorfes verbunden fühlen, erfahren Sie in einem gesonderten Artikel in einer der kommenden Ausgaben des POTSDAMERs.

 

Das ist Satzkorn

Satzkorn besteht aus dem alten historischen Dorf mit der Kirche und dem Gutshof sowie dem „Neuen Dorf“, das als reines Wohngebiet in den 1990er Jahren errichtet wurde. Das Dorf ist umgeben von sehr fruchtbaren Acker- und Wiesenflächen, Obstplantagen, einer strukturreichen Kulturlandschaft und der Jubelitz (Satzkornscher Graben). Der überregionale 66-Seen-Wanderweg und der Lilienthal-Radweg führen durch Satzkorn. Die Gegend zeichnet sich durch eine besonders hohe Artenvielfalt aus. Hier leben viele geschützte Vogelarten wie Wiedehopf, Kiebitz und Fischadler. Satzkorn ist geprägt durch seine Landwirtschaft und die Pferdezucht, den starken Dorf- und Kulturverein „Satzkorn Miteinander“ und eine sehr engagierte Freiwillige Feuerwehr mit Förderverein. Im Dorf gibt es drei Tischlereien und zwei Hundeschulen. Satzkorn ist ein engagiertes und lebendiges Dorf. Die Bürger sind stolz auf ihr schönes Gemeindehaus, das kürzlich vom KIS (Kommunaler Immobilienservice Potsdam) renoviert wurde!