Heilsame Pflanze – aber nicht für jeden

Er war der Baum des Jahres 2002, zählt zur Pflanzenfamilie der Zypressengewächse und kommt in mehr als 50 unterschiedlichen Arten vor. Bei uns ist vor allem der sogenannte „Gemeine Wacholder“ (Juniperus communis) heimisch. Und wenn Sie mit offenen Augen durch die Landschaft gehen, finden Sie ihn in seiner Vielfalt auch an den unterschiedlichsten Stellen: Im Schlosspark Marquardt empfängt uns gleich ein großer Busch an der ersten Weggabelung, von dem ich denke, es könnte ein Chinesischer Wacholder sein. Seine Nadeln stechen, er hat eine wunderschöne rotfarbene Rinde, die sich im Alter vom Stamm schält und einige wenige Beeren sind zu finden. Die Trockenheit hat ihm anscheinend ordentlich zugesetzt. Obwohl es heißt, er könne das gut vertragen. Besser sieht der Wacholder an der Hauptstraße gegenüber dem Eingang zum Gutshof aus: eine andere Art mit eher schuppigen, weichen Blättern und den typischen Beeren. Wenn man weiter durch Marquardt läuft, findet sich bestimmt in irgendeinem Garten auch noch ein Säulenwacholder. Die können mehr als zehn Meter hoch werden.


Bei Gärtnern ist der Wacholder nicht so beliebt, da er Birnenrost auslösen kann. Allerdings habe ich bei meinen Recherchen auch gelesen, dass das nicht auf den Gemeinen Wacholder zutrifft.
Das Problem habe ich mit meinem Wacholderstrauch im Garten nicht, denn ich habe keinen Birnbaum. Dafür nimmt er inzwischen Dimensionen in der Breite an, die für meinen Garten einfach zu üppig sind. Ich werde ihn deshalb demnächst wieder mal zurückschneiden und die abgeschnittenen Zweige zum Räuchern verwenden. Es soll Rauchsalz entstehen: Wacholderrauchsalz.
Schon die alten Ägypter nutzten Wacholder zum Räuchern und mit seinen Beeren und Sägespänen füllten sie die einbalsamierten Körper.
Die Wacholderbeeren sind jedoch das, was uns am meisten interessieren sollte. Sie finden sowohl in der Heilkunde als auch in der Küche umfangreiche Verwendung.
Da ich keine Heilerin bin, zitiere ich dazu Ingrid Zehnder, zu finden auf avogel.de:
„Verwendung Wacholder
Bereits in der Antike wurde Wacholder zur Wunddesinfektion und als galle- und harntreibendes Mittel genutzt. Im Mittelalter gehörte er zu den wichtigsten Heilpflanzen. Tee, Tinktur, Sirup oder das ätherische Öl wurden bei Husten, Appetitlosigkeit, Durchfällen, Leber- und Gallenleiden sowie zum Entwässern eingesetzt. Zweige und Holz wurden in großen Mengen verbrannt, um die Pest einzudämmen. Kranken- und Sterbezimmer wurden mit Wacholder ausgeräuchert.
Die Wertschätzung des Holunders/Holders sowie des Wacholders/Reckholders drückt sich in vielen ähnlichen Sprüchen aus, von denen eine schweizerische Version so lautet: «Vor de Holdere sell me de Huet abziehe und vor der Reckholdere ‚s Chnü biege.»

In neuerer Zeit schätzte besonders Sebastian Kneipp die Wacholderkur. Bei Sodbrennen, Magenbeschwerden, Blähungen und Verdauungsproblemen empfahl er das Kauen der Beeren. (Vier Beeren am ersten Tag gut kauen und dann schlucken, darauf steigert man die Dosis pro Tag um eine Beere bis zu 15 Stück. Dann wird die Menge täglich um eine Beere verringert, bis man wieder bei vier am Tag angelangt ist.)
Bei lang andauernder Einnahme (mehr als sechs Wochen) der Beeren oder Überdosierung von Wacholderbeeröl sind Nierenschädigungen nicht auszuschliessen. Nierenkranke sollten ganz auf Wacholder verzichten. Schwangere dürfen weder die Beeren noch das Wacholderbeeröl zu sich nehmen und sich auch nicht damit einreiben, weil die Uterusmuskulatur angeregt wird, was abtreibend wirken könnte.“
Die Verwendung in der Küche ist Ihnen allen sicherlich bekannt: als Zugabe zum Sauerkraut, um ihn bekömmlicher zu machen und Blähungen zu reduzieren. Zum Würzen und Räuchern von Wild und Fisch. Ich habe mich bereits an einem „Waldsalz“ versucht: mit Tannennadeln und Wocholderbeeren. Wenn die Beeren vergoren und dann destilliert werden, entsteht ein Wacholderschnaps, der je nach Herkunftsland als Gin, Steinhäger, Genever oder Borovička bezeichnet wird.
Mit der Idee, ein kleines Feuer zu entzünden, dabei etwas Wacholder zu verräuchern, die alte Schallplatte der Kultgruppe der deutschen Folkszene „Wacholder“ (1978 – 2001) aufzulegen und einen Gin-Tonic zu genießen, verbleibe ich mit den besten Wünschen für einen schönen Herbst.

Ihre Ramona Kleber,
Kräuterfrau vom
Lavendelhof Marquardt