Sensationelle Entdeckung nahe dem „Königsgrab“ von Seddin

Brandenburg hat ein archäologisches Highlight mehr: Die größte bekannte Halle der nordischen Bronzezeit wurde entdeckt. Nahe des europaweit bekannten „Königsgrabs“ von Seddin konnte der monumentale Grundriss der Versammlungshalle des sagenumwobenen „Königs Hinz“ ausgegraben werden. Das nach West-Ost ausgerichtete sogenannte Wandgräbchenhaus ist mit einer Breite von zehn Metern und einer Länge von 31 m bisher das größte seiner Art. Die Ausmaße des Hauses lassen an eine Funktion als Versammlungsgebäude denken. Indiz dafür sind unter anderem die großformatigen Steine, welche in den Wandgräbchen als eine Art steinernen Grundsockel gefunden wurden.
Die Wände des Baus bestanden aus Holzbohlen und einem Flechtwerk mit Lehmverputz. Aufgrund der geschätzten Gebäudehöhe von sieben Metern wird angenommen, dass noch weitere Geschosse zum Wohnen und zur Lagerung existierten. Im Inneren der westlichen Gebäudehälfte befand sich zentral gelegen eine Feuerstelle.
An der nördlichen Längswand wurde ein Miniaturgefäß geborgen, welches als rituelle Opferung gedeutet wird. Bisher konnte ein Eingang in der Südwand identifiziert werden. Nach Erkenntnissen der 14C-Daten [Radiokarbonmethode, Anm. d. Red.] stammt der Bau aus der Zeit vom 10. bis zum 9. Jahrhundert v. Chr. und ist damit nur geringfügig älter als der Grabhügel.
Ein zweites, kleineres Gebäude, das noch nicht vollständig ausgegraben wurde, liegt direkt neben dem vollständig freigelegten Wandgräbchenhaus.

Das Königsgrab

Das ‘Königsgrab von Seddin‘ gilt als bedeutendste Grabanlage des 9. Jahrhundert v. Chr. im nördlichen Mitteleuropa. Seine enorme Größe, die besondere Konstruktion des Grabhügels, die große steinerne Grabkammer mit Lehmverputz, Bemalung und reicher Grabausstattung zeugen von einer jungbronzezeitlichen Elite in der Prignitz. Kurz nach Entdeckung der Grabkammer 1899 wurde der Grabhügel von der Provinzialverwaltung Brandenburg angekauft und hergerichtet. Seitdem ist er nahezu unverändert. Seit dem Jahr 2000 werden Königsgrab und Umgebung interdisziplinär erforscht, um ein möglichst umfassendes Bild der jüngsten Bronzezeit und der Region zu erhalten. Es handelt ich um das erste und bislang einzige Grabungsschutzgebiet im Land Brandenburg.

Modell der „Halle des Königs“ von Seddin

Seit März 2023 wird im Rahmen des Kooperationsprojektes „Siedlungsumfeld Seddin (SiSe)“ des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege und dem Seminar für Ur- und Frühgeschichte der Georg-August-Universität Göttingen das Gelände nahe des Seddiner „Königsgrabs“ erforscht. Geleitet wird das Projekt vom Brandenburgischen Landesarchäologen Prof. Dr. F. Schopper und von Dr. Immo Heske von der Universität Göttingen. Die Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) erlaubt erstmals die archäologische Ausgrabung von umfangreichen Flächen.
Vergleichbare Bodenbefunde zum Haus von Seddin liegen aus Hamburg-Marmstorf, Klein Bünstorf (Bad Bevensen, Niedersachsen) und Alt Wendischtuhn (Bleckede, Niedersachsen) vor. Kürzlich ist bei Brielow, (Ldkr. Potsdam-Mittelmark, Brandenburg) ein ebenfalls West-Ost ausgerichtetes Wandgräbchenhaus entdeckt worden.
Alle diese Gebäude sind jedoch wesentlich kleiner als die Seddiner „Halle des Königs“. Die Verteilung zeigt eine eindeutig norddeutsche Verbreitung mitunter in Elbnähe, die gut mit dem kulturellen Gepräge des Horizontes am monumentalen Grabhügel übereinstimmt.

Freilegung des deponierten Miniaturgefäßes durch L. Dierkes und P. Maier.
Fotos: Universität Göttingen, Sem. UFG

Staatssekretär in Seddin

Kulturstaatssekretär Tobias Dünow hat am 01. November 2023 in Seddin (Landkreis Prignitz) an der Präsentation der Ausgrabung des größten bekannten Hallengrundrisses der nordischen Bronzezeit im Rahmen des Forschungsprojektes ‘SiSe‘ zur Siedlung am Königsgrab von Seddin teilgenommen: „Die in mehr als 10.000 Jahren gewachsene Prignitzer Kulturlandschaft verfügt über ein unfassbar reiches archäologisches Erbe mit 3.500 bekannten Fundstellen. In Seddin kommt mit der Entdeckung des monumentalen Grundrisses der Versammlungshalle des sagenumwobenen ‘König Hinz‘ ein weiterer spektakulärer Fund hinzu. Mein herzlicher Dank geht an die Deutsche Forschungsgemeinschaft, ohne deren finanzielle Unterstützung die Ausgrabungsarbeiten so nicht möglich gewesen wären. Der Fund besitzt einen besonderen Anschauungs- und Erlebniswert und, vor allem: Der Fund trägt zum Verständnis einer reichen, vielfältigen Kulturlandschaft bei, deren Wurzeln in der Bronzezeit liegen.“

Im Bereich der zum Grabhügel des ‘König Hinz‘ gehörenden Siedlung sind im Sommer bedeutende Befunde entdeckt worden, die in der gesamten nordischen Bronzezeit ihresgleichen suchen. Das Forschungsprojekt ‘SiSe‘ zur Siedlung am Königsgrab von Seddin unter Leitung von Prof. Dr. Franz Schopper, Direktor des Brandenburgischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum (BLDAM), und Dr. Immo Heske, Kustos der Lehrsammlung für Ur- und Frühgeschichte an der Georg-August-Universität Göttingen, wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. Das Kulturministerium hat sich in den Jahren 2019 bis 2022 mit insgesamt 47.570 Euro beteiligt. Im Frühjahr 2023 starteten die archäologischen Untersuchungen im Umfeld des Königsgrabes im Kooperationsprojekt zwischen dem Brandenburgischen Landesamt und Archäologischen Landesmuseum und dem Seminar für Ur- und Frühgeschichte der Universität Göttingen.

BLDAM