2. Teil der Krampnitz-Serie: Die Baugeschichte des Ortes
Krampnitz und Fahrland waren ursprünglich selbstständige Gemeinden, die zum 01.04.1939 nach Potsdam eingemeindet wurden. Zum 25.07.1952 wurde dies rückgängig gemacht und Krampnitz und Fahrland wurden wieder selbstständig. Gleichzeitig entstand die neue Gemeinde Neu Fahrland, die aus der Kolonie Neu Fahrland in der Gemeinde Fahrland und der Nedlitzer Insel (Potsdam) gebildet wurde. Zum 15.04.1957 wurde Krampnitz nach Fahrland eingemeindet, während Neu Fahrland selbstständig blieb. Die Gemeinden gehörten seit 1952 zum Kreis Potsdam-Land, der bis Ende 1993 bestand. Danach gehörten sie zum neugebildeten Kreis Potsdam-Mittelmark mit Kreissitz in Belzig. 1992 wurde eine Amtsverwaltung für die Gemeinden Fahrland, Neu Fahrland, Satzkorn, Marquardt und Groß Glienicke mit Sitz in Fahrland gebildet. Zum 26.10.2003 wurde das Amt aufgelöst und Fahrland mit Krampnitz sowie Neu Fahrland und weitere Gemeinden wieder nach Potsdam eingemeindet.
Das viele Hin und Her hatte somit auch Konsequenzen für die Akten-Verwahrung. Die Kaserne und ihr Umfeld haben vom Bau bis heute vier verschiedenen Gemeinden angehört (Potsdam, Krampnitz, Fahrland, Neu Fahrland) und drei verschiedenen Kreisverwaltungen (Potsdam-Stadt, Potsdam-Land, Potsdam-Mittelmark). Aus diesem Grund sind heute nicht mehr alle Akten vollumfänglich und lückenlos vorhanden.
Der Bau der Kaserne
Der Bau der Kaserne Krampnitz wurde von der Wehrmacht ab Mitte der 1930er Jahre geplant. Das Vorhaben war eine Erweiterung des großen Reichswehr-Standortes Spandau/Döberitz/Gatow/Potsdam, in dem sich zahlreiche Kasernen und Übungsplätze befanden, insbesondere der 1895 gegründete Truppenübungsplatz Döberitz, der Mitte der 1930er Jahre eine Größe von 50 km2 hatte.
Für das Gelände wurden landwirtschaftliche Flächen der staatlichen Domäne in Anspruch genommen sowie Eigentum von 18 Fahrländer Landwirten, Obstzüchtern und Fischern enteignet. Sie erhielten für 25 ha enteignetes Land 60 ha Ersatzland aus Staatsbesitz.
Die Kaserne trug den Namen „Heeres Reit- und Fahrschule und Kavallerieschule Krampnitz“. Die Reit- und Fahrschule bestand als traditionelles Institut bereits seit 1866 in Hannover und wurde nach Krampnitz verlagert. In der Reit- und Fahrschule wurden Reitpferde für Offiziere zugeritten sowie Offiziere und Unteroffiziere aus vielen Heeresbereichen im Reiten und der Führung von Gespannen ausgebildet. Trotz stark ansteigender Motorisierung waren z.B. 1939 bei Kriegsbeginn 573.000 Pferde im Bestand der Reichswehr, was den Bedarf an einer solchen Einrichtung erklärt. In der Kavallerieschule fand eine Ausbildung in moderner technisch orientierter beweglicher Kriegführung und Aufklärung statt, die Fahrräder, Motorräder, Kfz und später Schützen- und Spähpanzer nutzte. Krampnitz wird deshalb auch als Keimzelle der heutigen Panzeraufklärungstruppe angesehen. Die Kaserne hatte also militärisch und baulich ein Doppelgesicht und markiert den Übergang vom Pferd zum Motor in der Kriegführung. Die Kavallerie-Tradition zog viele adlige Offiziere an, war auch ein Aushängeschild der Reichswehr und wurde gepflegt; so waren die Sport-Reiter bei nationalen und internationalen Wettkämpfen i.d.R. Offiziere der Kavallerie-Schule, die z.B. bei allen Olympischen Spielen zahlreiche Medaillen gewannen. Die Kaserne sollte deshalb auch die wertvollen Sportpferde der „Nationalmannschaft“ beherbergen und Platz bieten für Gast-Equipen anderer Länder.
Auf diesem Hintergrund plante die Reichswehr keine ,normale‘ Kaserne, sondern eine Anlage, die traditionsverpflichtet aber trotzdem modern sein sollte und auch als internes und externes Aushängeschild dienen konnte. Als Architekt wurde Robert Kisch (1897 – 1977) verpflichtet, der bereits vorher und parallel mehrere Kasernen geplant hatte bzw. plante.
Die Kasernen-Anlage war für eine Mannschaftsstärke von 3.700 Mann, 1.800 Pferde und eine Wohnsiedlung von 450 Familien geplant. Der Bau fand von 1937 bis 1939 statt, der Bezug erfolgte sukzessive. Das offizielle Datum des Umzugs von Hannover nach Krampnitz war der 1. September 1939.
Die ursprüngliche Planung aus dem Jahr 1937 wurde 1939 verändert. Das Gelände wurde um ca. 350 m in westlicher Richtung erweitert und zusätzliche Mannschafts- und Fahrzeuggebäude geplant. Doch wurden die Pläne weder hier noch im Inneren der Anlage vollständig verwirklicht .
Kisch hat eine großzügige Anlage aus zweigeschossigen Kasernengebäuden (es gibt nur zwei dreigeschossige Häuser) auf großen Grundstücken geplant, die von zwei großen Achsen geprägt ist und einen repräsentativen Eingang mit einem Turm als Landmarke am Eingang und Übergang zum Krampnitzsee hat. Am östlichen Rand auf der Anhöhe des Kellerbergs und teilweise mit Blick auf den Krampnitzsee befinden sich entlang einer Süd-Nord-Achse die repräsentativen und wichtigen Gebäude der Lehrgangs-Teilnehmer: das Offizierskasino, drei Offizierswohnheime, drei Fähnrichsheime und das Stabs- sowie zwei weitere Mannschaftsgebäude. Die Achse sollte in einer großen Reit- und Springhalle enden, die jedoch nicht gebaut wurde. Von dieser ist nur das bunkerähnliche große Untergeschoss in den nördlichen Hang hineingebaut worden, der von der Hochebene zum Luch hinunterführt; es wurde vermutlich als Kohlenlager des nördlich gelegenen Heizwerks genutzt.
Eine große Ost-West-Achse fächert sich vom zentralen dreigeschossigen Offiziersheim auf dem Kellerberg nach Westen über Mannschaftsgebäude, den zentralen Reitplatz und einen großen Reithallen- und Stallungshof immer weiter auf; von den dort geplanten 15 Hallen und Ställen sind jedoch nur neun gebaut worden, so dass die dahinter stehende städtebauliche Konzeption örtlich nicht erkennbar ist. Um den zentralen Reitplatz herum sind im Norden, Süden und Osten sechs Mannschafts- und zwei Wirtschaftsgebäude gruppiert; ein als westlicher Abschluss geplantes Gebäude mit Aula, Turn- und Schwimmhalle ist nicht gebaut worden. Weitere elf Mannschafts- und zwei Wirtschaftsgebäude liegen im Süden der Anlage, während sich im Norden weitere Pferdestallungen und Reithallen befinden.
Im Südwesten der Anlage befindet sich der Bereich der Kavallerieschule für die motorisierten Einheiten, der 1939 gegenüber der ursprünglichen Planung erweitert wurde. Charakteristisches Merkmal ist das erst in der Erweiterungsphase geplante dreigeschossige Torhaus, das von der Gellertstraße aus sichtbar ist. Dahinter wurde ein modern gestalteter Werkstatt- und Garagenkomplex mit 16 Hallengebäuden gebaut.
Beide Bereiche der Anlage – der Reitbereich und der Fahrbereich – waren autark mit Werkstätten, sonstigen notwendigen technischen Einrichtungen und dem erforderlichen Personal ausgestattet. Die Kaserne war im Osten von einer Maue, im Übrigen von einem Zaun umgeben. Sie hatte insgesamt fünf Ausgänge: den repräsentativen Torplatz mit Turm am Krampnitzsee, eine nordöstlich davon gelegene Zufahrt, über die das Heizwerk direkt angefahren werden konnte, und eine Zufahrt zur Kavallerieschule an der Gellertstraße im Südwesten. Nach Norden führten zwei Dammwege über den Großen Graben: In das Übungsgelände nach Döberitz und zu dem nordwestlich gelegenen Schießplatz an der Speckdammbrücke in Fahrland, dem Gelände des heutigen Berufsbildungszentrums. Ein dritter Damm über den Graben ist später im Nordwesten angelegt worden. Alle Zugänge sind auch heute noch vorhanden.
Die Wohnsiedlung
Die Wohnsiedlung „rund um den Aasberg“ ist ebenfalls von Kisch geplant worden und sollte in zwei Bauabschnitten errichtet werden. Der erste Abschnitt am Nord- und Osthang des Aasberg ist parallel zu den Kasernengebäuden entstanden und heute noch vollständig erhalten. Dieser Abschnitt wurde „Unteroffiziers- und Arbeitersiedlung “ genannt. Der zweite Abschnitt am Süd- und Westhang ist nicht mehr realisiert worden.
Die einfachen Doppelhäuser im Norden entlang der Fahrländer Straße waren die „Arbeiterwohnungen“ für die Schlosser, Mechaniker, Schmiede, Sattler, Gärtner, Köche und sonstige zivile Berufe, die der Kasernenbetrieb erforderte.
Am Ostrand mit Blick auf den Krampnitzsee wurden fünf höherwertige Doppelhäuser für „Beamte“ gebaut. Dies waren Zahl-, Zeug-, Schirr-, Musikmeister u. ä. Im Inneren der Siedlung waren zwei Straßen beidseitig mit 4-Familien-Häusern bebaut, die für Unteroffiziere und ihre Familien vorgesehen waren. Sie wurden auch von Zeitzeugen bestätigt. Insgesamt waren hier im ersten Bauabschnitt 190 Wohnungen geplant, die auch fast alle errichtet wurden. Die Wohnsiedlung war offen zugänglich und nicht innerer Bestandteil der Kaserne, sie hatte den Charakter eines normalen Wohnviertels.
In der Zeitschrift „Brandenburgische Denkmalpflege“ erschien im Heft 2/1997 ein Aufsatz mit dem Titel „Krampnitz – Ehemalige Kavallerieschule“. In diesem wurde vermutlich erstmals der Begriff Offizierssiedlung für die Wohnsiedlung verwandt. Im Lichte der heute bekannten Quellen muss diese Bezeichnung korrigiert werden. Historisch richtiger wäre der Begriff „Unteroffizierssiedlung“.
Es wurde aber tatsächlich eine Offiziers-Siedlung für die Kaserne Krampnitz errichtet, allerdings nicht am Aasberg, sondern in der Straße Am Stinthorn Nr. 40 und Nr. 61 – 74 in Neu Fahrland. Dort sind mehrere „Wohnblöcke mit sehr großzügigen 5-Zimmer-Wohnungen für Offiziere und eine Villa für höhere Offiziere“ (Chronik Neu Fahrland) errichtet worden. Nach Angaben der Kavallerieschule waren dort 20 Wohnungen vorhanden.
Im zweiten Bauabschnitt der Siedlung, der ab 1940 geplant war, sollte eine komplette Bebauung des Aasberg-Geländes an dessen West- und Südseite bis zur Gellertstraße erfolgen. Der letzte bekannte Lageplan dafür wurde am 1. November 1939 vom Heeres-Neubauamt an den Regierungspräsidenten in Potsdam geschickt. Am 8. März 1940 begründete die Kavallerieschule dem Oberbürgermeister von Potsdam die Dringlichkeit des Projekts. Geplant waren weitere 443 Wohnungen: 95 für Arbeiter, 281 für Unteroffiziere und Angestellte, 25 für Beamte. 42 Wohnungen für Offiziere sind noch Anfang 1940 nachträglich eingeplant worden. Der zweite Bauabschnitt ist nicht mehr realisiert worden.
In der März-Ausgabe informieren Sie über das Krampnitz-Forum und den aktuellen Masterplan.
In der April-Ausgabe lesen Sie mehr über die Geschichte des Kasernenareals von 1939 bis 2012.
ProPotsdam/Red.