Stefan Matz über die Zusammenarbeit mit der Stadt
Seit der Eingemeindung vieler Ortsteile im Jahr 2003 bestehen zwischen diesen und der Stadt Potsdam Spannungen, die in den vergangenen Jahren immer stärker geworden sind. Woran das liegt? Dazu gibt es von beiden Seiten unterschiedliche Meinungen. Um das Problem aktiv zu beheben, hat die Stadt Prof. Dr. Franzke vom Kommunalwissenschaftlichen Institut der Universität Potsdam beauftragt, eine Erhebung der derzeitigen Positionen durchzuführen und einen Weg zu definieren, die bilateralen Differenzen zu beheben.
Eine besondere Position unter den Ortsteilen nimmt Fahrland ein. Fahrland ist nicht nur der größte Ortsteil, sondern auch der Ortsteil, zu dem Krampnitz gehört. Auch aus diesem Grund nimmt Fahrland eine besondere Position ein.
Der POTSDAMER sprach mit dem Ortsvorsteher von Fahrland, Stefan Matz, über seine Sicht auf die Entwicklung des Ortsteils.
Wie waren die letzten beiden Jahre?
Es waren zwei anstrengende Jahre. Ich hatte zwar eine gewisse Vorstellung der auf mich zukommenden Arbeit, aber dass es so zeitraubend wird, damit habe ich ehrlich nicht gerechnet. Es mag auch hinzukommen, dass ich als Sachkundiger Einwohner im Bauausschuss, als Regionalrat für Potsdam und Mitglied im beratenden Ausschuss der Regionalversammlung Havelland-Fläming viel Zeit für die Einarbeitung in meist komplexe Sachthemen benötige. Als Ehrenamt ist das dann schon eine Herausforderung.
Ist der hohe Zeitbedarf das Einzige, was die Arbeit als Ortsvorstehender so anstrengend macht?
Nein. Es gibt einiges, was die Arbeit erschwert. Vor allem weiß kaum jemand, was Ortsbeiräte so machen und was ein Ortsvorstehender so alles tun kann und was nicht. Die meisten Bürgerinnen und Bürger vergleichen den Ortsvorstehenden mit dem Bürgermeister einer Gemeinde, was er aber in keinster Weise ist. Um jede Kleinigkeit soll man sich unverzüglich kümmern, jede Baustelle kennen und auch die kleinsten Probleme lösen. Der Ortsbeirat ist aber „nur“ ein rein politisches Beratungs- und Entscheidungsgremium, was mit den laufenden Geschäften der Verwaltung nichts zu tun hat. Wir sind nicht der verlängerte Arm der Verwaltung. Das wäre im Ehrenamt neben Beruf und Familie auch nicht leistbar.
Wissen denn wenigstens die Verwaltung und die Stadtverordneten, was ein Ortsbeirat und der Ortsvorstehende leisten?
Teils, teils. Ich sage immer: Der Ortsbeirat ist der Fachausschuss für den jeweiligen Ortsteil. Wir sind ein durch Kommunalverfassung und Wahl legitimiertes Gremium für die Belange des Ortsteils. Warum wir trotzdem in Fragen, die den Ortsteil unmittelbar betreffen, häufig nicht ausreichend Gehör finden, ist mir ein Rätsel und teilweise ist es auch inakzeptabel. Bei einigen Stadtverordneten stehen da die politischen Profilierungsabsichten im Vordergrund und in der Verwaltung möchte man sich gelegentlich gerne mal einen schlanken Fuß machen und die Ortsbeiräte ignorieren, anstatt den Sachverstand und das ehrenamtliche Engagement aus den Ortsteilen zu nutzen. In Bildungsfragen folgen die Stadtverordneten dem Bildungsausschuss, aber dem Fachausschuss des Ortsteils wird kaum Aufmerksamkeit geschenkt und Gewicht beigemessen. Wer soll das verstehen?
Gleichzeitig machen wir uns im Ortsbeirat viele Entscheidungen nicht leicht. Wir sind hier deutlich näher bei den Bürgerinnen und Bürgern. So ein Ortsteil ist wie ein Dorf. Parteipolitik spielt nahezu keine Rolle und wird generell meiner Meinung nach bei kommunalen Fragen völlig überbewertet, denn es muss immer um die Sache gehen. Es gibt nur eine Frage, die wir im Ortsbeirat zu beantworten haben: Was ist wichtig und richtig für den Ortsteil. Und dabei geht es eben nicht um Parteipolitik, einzelne Personengruppen oder Partikularinteressen.
Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit mit der Verwaltung?
Am Anfang gab es ständig Schwierigkeiten in der Kommunikation und der Zusammenarbeit. Da habe ich mir von meinem Vorgänger deutlich mehr Unterstützung erhofft. Das war für mich eine unnötig steile Lernkurve. Mittlerweile habe ich mir aber ein gut funktionierendes Netzwerk zu Mitarbeitenden in der Verwaltung und drumherum aufgebaut. Ich habe viele sehr engagierte Mitarbeitende kennengelernt und jetzt auch ein viel besseres Verständnis für die Sachzwänge, die in der kommunalen Verwaltung herrschen. Als Unternehmer kennt man so etwas nicht.
Die Unterbesetzung in einigen Teilen der Verwaltung ist prekär und die zwangsläufige Überarbeitung vieler Mitarbeitenden macht eine effiziente Zusammenarbeit natürlich auch nicht einfacher.
Und ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass man mit Mitarbeitenden der Verwaltung wirklich sehr konstruktiv zusammenarbeiten kann, wenn man offen und ehrlich auf sie zugeht. Auf dem kurzen Dienstweg konnten wir für den Ortsteil schon so einige wichtige Dinge umsetzen, vor allem im Bereich des Fuß- und Radwegeausbaus. Manchmal dauert es etwas, was aber nicht am Unwillen, sondern meist an Sachzwängen liegt. Das den Bürgerinnen und Bürgern zu vermitteln, ist oft nicht einfach.
Mit unserem Revierpolizisten haben wir ein klasse Verhältnis und auch mit dem Ordnungsamt kommen wir mittlerweile sehr gut zurecht. Hier half das freundliche und persönliche Gespräch, Verständnis füreinander zu entwickeln und schlechte Erfahrungen der Vergangenheit zu vergessen. Im Ergebnis haben wir einen Verwaltungsauftrag auf den Weg gebracht, der für einen besseren Schutz des Straßenbegleitgrüns mit entsprechenden Sanktionierungsmöglichkeiten sorgt. Das hilft uns und dem Ordnungsamt nicht nur in Fahrland, sondern im gesamten Stadtgebiet. Und natürlich haben wir auch Fortschritte beim Schutz unseres Fahrlander Sees zu verzeichnen.
Die Ortsvorstehenden tauschen sich regelmäßig untereinander und in gemeinsamen Runden mit dem Oberbürgermeister oder den Leitenden der einzelnen Geschäftsbereiche aus. Allerdings sind die Ergebnisse nicht immer so, wie wir uns dies wünschen. Deshalb begrüße ich die von der Stadt in Auftrag gegebene Untersuchung zur Zusammenarbeit zwischen Ortsbeiräten, Verwaltung und Stadtverordnetenversammlung. Der erste Zwischenbericht dazu legt sehr deutlich offen, welche Differenzen zwischen den Beteiligten existieren. Daher hoffe und erwarte ich, dass die Ergebnisse der Untersuchung auch die notwendigen Verbesserungen nach sich ziehen und nicht wieder alles im Sande verläuft.
Krampnitz ist für Potsdam das größte Wohnungsbauprojekt seit der Wende und wird es vermutlich auch bleiben, und Krampnitz gehört zu Fahrland. Als Ortsvorsteher sind Sie aber nicht Teil der interfraktionellen Arbeitsgruppe zu Krampnitz oder werden in anderer Art und Weise in eine kontinuierliche Diskussion und Abstimmung eingebunden. Wie erklären Sie sich das?
Warum der Entwicklungsträger, Stadtverwaltung und auch die Stadtverordnetenversammlung die Zusammenarbeit mit dem Ortsbeirat nicht suchen und diese sogar spürbar vermieden wird, ist mir ein Rätsel. Statt auf uns als konstruktives Kommunikationselement zurückzugreifen, „glänzt“ man mit einer schlechten Informationspolitik.
Das eigentliche Problem beim Krampnitz-Projekt ist, dass die Stadt und der verantwortliche Entwicklungsträger keine übergeordnete Vision erkennen lassen oder diese zumindest nicht adäquat vermitteln. Für dieses Megaprojet einer neuen Kleinstadt im Norden braucht man eine Vision. Es reicht nicht, wenn man viele kleine Teillösungen entwickelt, oberflächliche Absichtserklärung mit vielen theoretischen Lösungsansätzen abgibt und hofft, dass diese dann irgendwie und irgendwann zusammenpassen. Das wird so nicht funktionieren, blicken wir doch einfach auf den holprigen Projektverlauf seit Jahren.
Potsdam ist in den letzten Jahrzehnten nicht aus sich heraus gewachsen. Die positive Entwicklung ist dem Zuzug zu verdanken und leider nicht einer intelligenten und auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Politik. Diese wird in den kommenden Jahren aber unabdingbar, denn wir kommen an unsere räumlichen Grenzen.
Für Krampnitz ist vermutlich ein Neustart vom Gesamtverständnis des Projektes her notwendig. Wir halten uns jetzt an der Zwischenvariante mit 5.000 Einwohnern fest und viele hoffen, dass dies die maximale Ausbaustufe bleibt. Mit der Einwohnerzahl wird der Ortsteil – rein wirtschaftlich betrachtet – so aber nicht funktional sein. Das ambitionierte Mobilitätskonzept wird dann nicht aufgehen und viele notwendige Unternehmen werden sich einfach nicht ansiedeln. Das sehen wir doch jetzt schon in vielen Ortsteilen und auch in Fahrland. Wir haben dann die nächste Schlafstadt für Pendler, sprich noch mehr Verkehr. Man muss versuchen, Krampnitz autark zu entwickeln, wie eine eigenständige Kleinstadt. Dafür braucht es aber auch dringend den unternehmerischen Blick und – auch wenn das einige nicht hören möchten – deutlich mehr als 5.000 Einwohner. Der Entwicklungsträger, Verwaltung und Stadtpolitik müssen dies dringend stärker vermitteln und tatsächlich mal ein funktionales Gesamtbild zeichnen, an welchem sich die Bürgerinnen und Bürger orientieren können.
Welche Aufgaben möchten Sie in den kommenden zwei Jahren noch angehen?
Ich bin froh, dass wir in den letzten zwei Jahren trotz der Corona-Thematik so viel in unserem Ortsteil erreicht haben. Der Schulweg wurde nach einigen Jahren endlich fertiggestellt, die Umgestaltung des zentralen Kreuzungsbereiches auf der Ketziner Straße wird vorangebracht, die Befestigung der Wege wurde an vielen Stellen verbessert und der Radweg zwischen Fahrland und Satzkorn wird bald fertiggestellt. Das werden wir natürlich weiter mit politischen Beschlüssen im Ortsbeirat vorantreiben. Weiterhin sehe ich noch einige Optimierungsmöglichkeiten für die Schulwege.
Außerdem würde es mich freuen, wenn wir es in den kommenden Jahren schaffen, ein Angebot zum betreuten Wohnen und eine stationäre Pflege in Fahrland zu etablieren. Das ist ein holpriger Weg, aber der Bedarf ist groß.
Im Bereich des Landschafts- und Naturschutzes haben wir erste Erfolge erzielt. So zum Beispiel am Fahrlander See. Hier gibt es aber auch noch in Zukunft einiges zu tun. Vor allem müssen wir dafür sorgen, dass der schonende Umgang mit unserer Natur in den Köpfen der Menschen ankommt. Was nützen uns Schranken, wenn man diese umfährt, um über den bestellten Acker mit dem Auto zum Ufer des Sees zu gelangen, um dort „die Natur zu genießen“?
Im kommenden Jahr feiert Fahrland sein 825-jähriges Bestehen. Was ist geplant?
Wir wollen dieses Jubiläum selbstverständlich vom 27. Mai bis 29. Mai 2022 groß feiern. Dafür benötigen wir vor allem mehr Unterstützung. Wir brauchen mehr Fahrländerinnen und Fahrländer, die sich aktiv für die Feierlichkeiten einbringen, sowohl im Festkomitee als auch im Ortsteil selbst. Es reicht nicht, nur Probleme festzustellen und zu meckern, sondern wir brauchen mehr engagierte Menschen, damit es für alle besser wird.
Das Engagement kann auf unterschiedlichen Ebenen und in den verschiedensten Bereichen sein. Von der Privatperson bis zum großen Verein können sich alle je nach individuellem Interesse für den Ortsteil gewinnbringend einbringen.
Und je mehr sich für den Ortsteil einsetzen, desto schneller und besser wird er sich entwickeln.
Wer diesbezüglich Interesse hat, kann sich gern direkt an folgende E-Mail-Adresse wenden:
festkomitee-fahrland825@t-online.de
Das Gespräch führte Steve Schulz