Der Wilhelm-Stintzing-Platz vor der Dorfkirche in Groß Glienicke

Am 9. Dezember des vergangenen Jahres wurde vor der Dorfkirche der Wilhelm-Stintzing-Platz eingeweiht. Welche Bedeutung er für den Ort hat, wird klar, wenn man ein wenig in die Ortsgeschichte eintaucht.

Groß Glienicke war einmal ein Dorf, aber man erkennt das kaum noch. Selbst wenn ein altes Dorf eingemeindet wird, kann man es im Dorfkern meistens noch wiedererkennen. Das ist bei uns etwas schwieriger, weil Groß Glienicke immer schon aus zwei Teilen bestand: dem Gutsbezirk und dem Bauerndorf. Der Gutsbezirk am Nordufer des Groß Glienicker Sees ist durch den Mauerbau fast vollständig verschwunden. Geblieben ist das ehemalige Bauerndorf entlang der Glienicker Dorfstraße. Aber auch da hat sich im Laufe der Jahrzehnte so viel verändert, dass vom historischen Dorfkern nicht mehr viel übriggeblieben ist. Deshalb ist es ein großer Glücksfall, was uns kurz vor Weihnachten vor der Kirche beschert wurde: mit der Anlage des Wilhelm-Stintzing-Platzes als Dorfplatz wird unser historischer Dorfkern wieder erkennbar und als öffentlicher Ort nutzbar.

Einweihung des Wilhelm-Stintzing-Platzes vor ddr Dorfkirche in Groß Glienicke

Einweihung des Wilhelm-Stintzing-Platzes vor ddr Dorfkirche in Groß Glienicke
Foto: Foto: Winfried Sträter

Als vor Jahrhunderten das Dorf gebaut wurde, haben die Bauern am Ende ihrer Gehöft-Siedlung die Kirche errichtet. Dort endete das Dorf, und wer starb, wurde dort auf dem Friedhof begraben. Seit Ende der 1920er Jahre wurden die Flächen bis fast zum Sacrower See Siedlungsgebiet. Das alte Dorf war plötzlich nur noch ein kleiner Teil von Groß Glienicke. Öffentlicher Treffpunkt war die Badewiese, auf der in den 1930er Jahren Familie Niemann ein Lokal errichtete. Als der Bau in den 1990er Jahren abbrannte und dann abgerissen wurde, blieb die Badewiese öffentlicher Ort, aber außerhalb des alten Dorfes. Dort war die Kirche durch das Lokal „Kutscherstube“ und das benachbarte Privathaus in den Hintergrund gerückt.

Mit dem Kauf des Grundstücks durch die Stadt 2021 hat sich diese Situation grundlegend geändert. Die Dorfkirche ist in jahrelanger Arbeit innen und außen restauriert worden, sie ist mit ihrer historischen Fassade ein Blickfang wie wohl nie zuvor. Der Förderverein Dorfkirche ließ die Friedhofsmauer restaurieren, die Stadt sorgte für den Abriss der Bauten und beauftragte den Landschaftsplaner Theseus Bappert, das Gelände als öffentlichen Platz zu gestalten. So ist nun eine Anlage mit Rundweg, Wiese, Bäumen und Beeten entstanden, die noch einen besonderen Anziehungspunkt erhalten hat: eine Boulebahn unmittelbar an der Mauer. Der Ortsbeirat hatte schon seit Jahren nach einem passenden Platz dafür gesucht – hier ist er nun gefunden.

Der Name des Platzes – Wilhelm-Stintzing-Platz – verweist auf den ersten eigenen Pfarrer, den Groß Glienicke 1947, nach Jahrhunderten, erhalten hat. Seine Predigten in der Dorfkirche waren legendär ebenso wie seine Initiative, auf dem Ostufer des Groß Glienicker Sees die Schilfdachkapelle zu bauen. Der nach ihm benannte Platz schließt heute das Bau-Ensemble des historischen Dorfkerns ab – mit der alten Dorfschule, dem Pfarrhaus und Evangelischen Gemeindezentrum (einem früheren Bauernhof), der Kirche und dem Friedhof.
Noch sind die Bänke in Arbeit. Wenn sie aber (voraussichtlich im März) aufgestellt werden, haben wir einen öffentlichen Ort im alten Dorf, wo man sich zwanglos treffen, niederlassen oder Boule spielen kann. Dazu wird es noch eine kleine Feier geben, die „Inbesitznahme“, zu der rechtzeitig eingeladen wird. Und das Dorffest soll dann an diesem Ort von der Kirche eröffnet werden.

Winfried Sträter