Vizekanzler besucht Bornstedter Ribbeckeck

Wer sich wie Olaf Scholz (SPD) einmal ans Schlagzeug setzen möchte, der ist herzlich eingeladen, das im Ribbeckeck zu tun. Das Ribbeckeck ist Bornstedts einziger Freizeittreff für Kinder und Jugendliche. Dennoch wartet das traditionsreiche Haus seit Jahren auf die so notwendige Sanierung.

Das Bornstedter Ribbeckeck sieht von außen nicht sehr einladend aus

Das Bornstedter Ribbeckeck sieht von außen nicht sehr einladend aus
Foto: sts

Um mehr über seinen Wahlkreis zu erfahren, informiert sich Scholz derzeit über brisante Themen und Probleme in Potsdam und Umgebung. Durch Besuche dieser Art habe Scholz „die Möglichkeit mitzudenken und seine Erfahrungen in die Arbeit auf Bundesebene einfließen zu lassen“, wertschätzt Parteimitglied Kathrin Jackel-Neusser seine Ambitionen vor Ort.

In der am 18. März dieses Jahres stattfindenden Gesprächsrunde mit Scholz trafen sich folgende Teilnehmer im Ribbeckeck: Uwe Adler (Landtagsabgeordneter und Stadtverordneter der SPD), Kathrin Jackel-Neusser (SPD Ortsverein Mitte/Nord), Ike Borg (Projektleitung Paragraph13 e.V.), Ria Fleckstein, Kornelia Hennig und Sebastian Steinke (Team Ribbeckeck), Christian Kube (Stadtteilkoordinator) sowie Kathrin Binschus-Wiedemann (Vorsitzende der StadtrandELFen e.V.).

„Wenn ich einen Wunsch frei hätte“, so Lena M., als Vertretung der Jugendlichen auch mit dabei, „dann würde ich mir wünschen, dass das Ribbeckeck bald saniert werden würde. Es ist der einzige Rückzugsort für uns in Bornstedt.“ Die Jugendlichen hätten vor allem bei kaltem Wetter keine Alternativen, sich außerhalb von zu Hause zu treffen. Lena bezieht sich mit Ihrem Wunsch vor allem auf die äußere Hülle. Beim Anblick entsteht der Eindruck, als sei hier seit Jahren keiner mehr gewesen: Die Farbe blättert von der Fassade, die Fensterrahmen sind marode und man fühlt sich nicht gerade zum Hineinschauen verleitet. Der Sanierungsbedarf ist der Stadt seit 2015 bekannt, passiert ist bis jetzt leider noch nichts.

Olaf Scholz (2. v. r.) im Gespräch mit Akteuren der Kinder- und Jugendsozialarbeit.

Olaf Scholz (2. v. r.) im Gespräch mit Akteuren der Kinder- und Jugendsozialarbeit.

Es ist nicht nur die von der Stadt seit 2017 verschleppte Sanierung des Freizeitreffs, dass die Teilnehmenden an diesem Tage zum Treffen bewegt hat. Viel wurde auch über die fehlende soziale Infrastruktur in Bornstedt diskutiert, die die Sozial- und Stadteilarbeit vor große Herausforderungen stellt. Adler beschreibt Bornstedt als „städtebauliches Negativbeispiel“. Statt ausreichender sozialer Infrastruktur, habe man sich nur auf die Schaffung von hochwertigem Wohnraum konzentriert. Dabei sei überhaupt nicht an die Kinder und Jugendlichen gedacht worden, so der Stadtverordnete. Bornstedter Familien warteten insbesondere in der Vergangenheit bereits lange auf freie Kitaplätze. Nun habe man mit Kapazitäten in den Schulen zu kämpfen, fügt Kube hinzu. Und wolle man eine größere Familienfeier veranstalten, gäbe es in Bornstedt für die 15.000 Einwohner keine Restaurants, ergänzt Binschus-Wiedemann.

Die Nachfrage nach Aufenthaltsräumen und das Potential zur Entwicklung und Nutzung sei viel höher als das Angebot. Bornstedt sei sehr lebendig und es mangele nicht an Vereinen und Initiativen, betonen Kube und Binschus-Wiedemann. Mithilfe öffentlicher Gelder könne man dem Stadtteil „mehr Leben einhauchen und notwendige Begegnungsräume schaffen“, ist der Stadtteilkoordinator überzeugt.

Mit einem positiven Beispiel gehen die StadtrandELFen (http://stadtrandelfen.de/) mit ihrem Angebot auf der Habichtwiese voran. Genug Platz gibt es dort zumindest: Die ehemalige landwirtschaftliche Fläche von 6000 qm Wildwiese im Stadtteil Bornstedt ist ein wunderbarer Treff bei gutem Wetter. Doch was tun, wenn es regnet oder friert? Einen Bauwagen haben sie bereits organisieren können. Der gemeinnützige Verein hat sich das Ziel gesetzt, den vorhandenen Begegnungsraum auf der Habichtwiese „multikodiert“ auszunutzen. Sie vereinen dort Kinder- und Jugendsozialarbeit mit Kultur- und Stadtteilarbeit und begleiten zudem Projekte, die Umweltarbeit und Citizen Science betreiben. „Erleben, Lernen, Forschen stehe bei den ELFen im Vordergrund. [Anm. d. R.: Citizen Science ist die aktive Mitarbeit von Bürgerinnen an wissenschaftlicher Forschung].

Zu den Hintergründen des Besuches im Ribbeckeck sagt Adler: „Wir wollen ganz authentisch hier im Ribbeckeck zeigen, dass Potsdam nicht nur Vorstadtvillen und Altbauten, sondern auch das hier ist, ein baufällig wirkender Freizeittreff.“

Olaf Scholz gibt auch am Schlagzeug den Ton an.

Olaf Scholz gibt auch am Schlagzeug den Ton an.
Foto: Vicki Don

Scholz bedankte sich bei den Anwesenden für die ambitionierte, häufig auch ehrenamtliche Arbeit, bei der mit viel Herz vorangegangen wird. Er schätze diese menschennahe Arbeit sehr und wolle sich für deren Anerkennung auf bundespolitischer Ebene starkmachen. Ob der Vizekanzler ganz konkret bei den Problemen der Anwesenden weiterhelfen kann, bleibt eher offen. Auf Bundesebene könne er da keine verbindlichen Versprechen machen. Doch darum ging es den Vortragenden primär auch gar nicht. Sie wissen, dass vor allem die Stadt Adressat ihrer Probleme ist und hoffen, sich mit dem Besuch des Bundestagskandidaten zumindest wieder mehr Gehör verschafft zu haben.

Übrigens, freut sich das Ribbeckeck nicht nur über den Besuch neuer Kinder und Jugendliche. Ebenso sind Unterstützung durch Spendengelder beim Ribbeckeck und bei den StadtrandELFen sehr gut aufgehoben. Ein Blick auf die Internetpräsenz lohnt sich. Oder am besten, einfach mal vor Ort vorbeischauen.

Vicki Don

Schon gewusst?

Der Freizeittreff Ribbeckeck bietet eine professionelle Kinder- und Jugendbetreuung und freut sich stets neue Kinder und Jugendliche begrüßen zu können. Seit vielen Jahren macht sich der gemeinnützige Trägerverein „Paragraph13 e.V.“ für eine Sanierung und Erweiterung des traditionsreichen Ribbeckeck stark. „Ursprünglich sollte das Ribbeckeck lediglich eine Zwischenlösung für fünf Jahre darstellen, jetzt sind wir schon seit 24 Jahren hier“, berichtet eine Sozialpädagogin des Freizeittreffs. Die marode Fassade sei ein Problem, weil sich Jugendliche und auch Eltern vom äußeren Anschein abschrecken ließen und den Blick gar nicht erst in den Freizeittreff werfen würden, erzählen Mitarbeiter des Ribbeckeck im Gespräch mit dem POTSDAMER. Die Planung der Sanierung, so die Stadt auf Nachfrage des POTSDAMER, solle im Jahr 2022 starten, obwohl der Beschluss dazu bereits 2017 erfolgte. Ob mit höheren Kosten gerechnet werden muss, wenn die Sanierung des bereits jetzt schon baufälligen Hauses im Kern erst 2023/2024 stattfinden soll, bleibt zu befürchten.

Weitere Infos unter: https://www.schulsozialarbeit-brandenburg.de/ribbeckeck.html