Nachwuchs-Kicker schnuppern „Bundesliga-Luft“
Bad Doberan – Eine steife Brise aus Nord-West kann die Fußball-Jungs nicht schrecken. Und auch die dicken, dunklen Wolken am Himmel machen nur den Eltern Sorgen. Kaum sind Hotdogs und Käse-Stullen zum Abendbrot verdrückt und die Matten in der zum Schlafsaal verwandelten Turnhalle ausgerollt, geht es zu einer letzten abendlichen Trainingseinheit auf den Kunstrasenplatz. Gebolzt wird bis die Dunkelheit einsetzt. Die F-Jugend von Rot-Weiß Groß Glienicke ist wieder dabei beim traditionellen Sommerturnier in Bad Doberan.
Riesig ist die Vorfreude auf den ersten Anpfiff am nächsten Morgen. Doch erstmal geht es nach dem Abschlusstraining schnurstracks in die Halle, waschen, Zähne putzen und ab in die Schlafsäcke. Ganz so einfach ist es nicht, zur Ruhe zu kommen. Zu groß ist die Aufregung vor dem nächsten Tag. Und dann der Lärm von den Hallennachbarn aus Treptow, die noch mit Getöse ihre Luftmatratzen aufblasen mussten. „Wie soll man denn da schlafen“, raunten die Jungs von ihren Matten. Nach und nach schliefen sie aber dann doch alle ein.
Bis 04:50 Uhr! Mit dem ersten Morgenlicht, sind alle wieder wach. Da schauen die müden Trainer aber etwas verdutzt auf ihren Schlafmatratzen. Zum Frühstück geht es dann auch eine gute halbe Stunde eher als geplant. Brötchen mit Schokoaufstrich oder Marmelade, dazu Kakao für die Jungs – und für die Trainer Rainer, Janko und Arne zwei ordentliche Pappbecher Kaffee. So kann der Tag gut beginnen. Aber noch ist ja so viel Zeit bis zum ersten Spiel. Also erstmal ab in den Skaterpark – auch ohne Boards gibt’s da mächtig Spaß auf den Rampen, mal ein anderes Aufwärmprogramm.
Nach dem Einlaufen aller Teams steigt die Spannung. Ins erste Spiel gegen Karow 96 geht es mit offensiver Aufstellung – doch ein Tor will einfach nicht fallen. 0:1 zum Auftakt. Das Ergebnis soll Rot-Weiß leider verfolgen. Wie die deutschen Weltmeister in Russland müssen auch die Jungs erfahren, dass es gar nicht so einfach ist, als Titelverteidiger in ein Turnier zu gehen.
Das zweite Spiel dann gegen die alten Bekannten aus Brieselang, eine Defensivtaktik muss her. Und die Abwehr um Florens, Gustav, Jon und Leander leistet ganze Arbeit, Max ist als Abräumer zudem ins Mittelfeld beordert. Das 0:1 ist ärgerlich, aber gegen die starken Kontrahenten ein gutes Resultat. Ähnlich läuft es gegen Neubrandenburg – die Gegner alle älter und mindestens zwei Köpfe größer. Das 0:2 tut weh – doch die Leistung stimmt. Wenn doch nur mal vorne ein Tor gelingen würde. Gegen Graal-Müritz ist Rot-Weiß ganz nah dran. Die Torwart-Rotation zwischen Noah und Mika funktioniert, beide zeigen gute Leistungen und doch gelingt dem Gegner wieder dieses eine verflixte Tor – wieder 0:1.
Da fließen dann auch schon ein paar Tränen. Die tolle Anfeuerung der Eltern am Spielfeldrand gibt neuen Mut. Ein Spiel gibt es auch noch und gegen Barkeshagen-Parkentin spielen die Jungs groß auf. Anton und Johnny wirbeln vorne, Fiete wirft sich wie immer mit Eifer ins Geschehen und Florens trifft aus der Distanz zum 1:0, wäre doch bloß der Strafstoß auch noch reingegangen. Am Ende steht es immerhin 1:1.
Eine Ruhepause ist nun dringend nötig – für Spieler wie Trainer. Mal ein Stündchen durchschnaufen auf den Matratzen oder bei den Eltern im Hotel, bevor es zum Griechen geht. An zwei langen Tafeln wird köstlich gespeist – dank Nicole! Denn ohne dieses Organisationstalent würde sicher nicht jeder seine Zeus-Platte oder den Gyros-Teller bekommen.
Für den üblichen Ouzo (für die Großen) ist keine Zeit – im Zelt am Sportplatz läuft schon die Vorberichterstattung für das WM-Spiel gegen Schweden. Vielleicht ist es ganz gut, dass unsere Jungs während der ersten Halbzeit lieber selber noch auf dem Platz kickten, statt sich die Leistung der Weltmeister anzusehen. Beim großen Jubel über das späte 2:1 sind die meisten dann schon in der Turnhalle und bekommen den Endstand schon halb schlafend noch in die Ohren geflüstert. „Ja! Deutschland hat gewonnen“, murmelt noch der eine oder andere – Einschlafprobleme gibt es nach so einem ereignisreichen Tag nicht. Und es wird sogar bis kurz vor 6 geschlafen!
Der Sonntag beginnt mit Nieselregen. Nach dem Frühstück gibt es also keinen Zwischenstopp im Skaterpark. Dafür geht es auch schon bald auf dem Platz weiter. Noch steht das letzte Gruppenspiel gegen den Doberaner FC I an. Doch es ist wie verhext. Wieder 0:1! Jetzt muss Rot-Weiß als Schlusslicht der Gruppe B gegen den 5. der Gruppe A ran. Die SG Neubukow scheint schlagbar, doch ein blöder Fehler und schon wieder 0:1. Es bleibt also nur noch das Spiel um Platz 13, und da klappte es endlich. Gegen den Doberaner FC II gelingt doch noch der so verdiente erste Sieg durch ein Tor von Neill nach einem Freistoß von Dominik – mindestens so cool wie Marco Reus und Toni Kroos am Abend zuvor gegen Schweden.
Nach der Siegerehrung geht es mit Pokal und Medaillen nach einem spannenden und ereignisreichen Wochenende Richtung Heimat. Nächstes Jahr wollen die Jungs von Rot-Weiß wieder dabei sein – in einer etwas bequemeren Unterkunft, dem gleichen Spaß und ganz bestimmt ein paar mehr Toren!
Arne Richter
Fotos: Jens Götze