In der Kita spielGrün liegt der Duft von Gesundheitsförderung in der Luft
Der Kindergarten spielGRÜN, der seit November 2019 geöffnet ist, orientiert sich am konzeptionellen Schwerpunkt der Nachhaltigkeit. Im eigenen Naschgarten mit Hochbeeten können die Kinder eigenes Obst und Gemüse anpflanzen, pflegen und ernten. Die große Cafeteria im Erdgeschoss wird auch als Lehrküche genutzt. Hier backen die Kinder, säen frische Kräuter oder stellen beispielsweise Butter her.
Die Kita spielGrün gehört zu den wenigen Kindergärten, in denen vor Ort gekocht wird und die Kinder dabei sein dürfen. Doreen Piepenhagen und Thomas Dugall sorgen täglich für eine frische und gesunde warme Mahlzeit. Auf dem Essenswagen richten beide das ausgewogene, vollwertige Frühstück an und sorgen für Abwechslung und Freude am gesunden zuckerarmen Essen zur täglichen Vesper.
Ein großer Vorteil der kitaeigenen Küche ist, dass gezielt auf Nahrungsmittelunverträglichkeiten reagiert und eingegangen wird. Diesen Punkt schätzen vor allem Eltern, da es einen sorgenfreien Arbeitstag ermöglicht und die Kinder gegenseitige Akzeptanz und Individualität in den Essgewohnheiten kennenlernen.
„Ich freue mich immer wieder über gemalte Bilder der Kinder mit ihren Essenswünschen, die wir dann versuchen, in den Essensplan mitaufzunehmen“, erzählt Piepenhagen.
Warum legt die Kita spielGrün so viel Wert auf gesunde Ernährung, den nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln und die eigene Herstellung von Produkten, wie zum Beispiel Hefezöpfe zur Osterzeit? Wäre es nicht leichter, diese beim Bäcker zu bestellen? „Es wäre sicher leichter, ist aber nicht der Anspruch der Kita. Wir möchten die Kinder dazu anleiten, sich selbst über ihre Ernährung und ihre Gesundheit Gedanken zu machen. Deshalb lernen sie bei uns viel über den Anbau und die Verarbeitung von Lebensmitteln“, sagt Piepenhagen, die eine Weiterbildung zur Genussbotschafterin absolviert hat.
Die Kita möchte den Kindern eine andere Perspektive zeigen, gegenüber der hektischen Zeit und dem Griff zur Tiefkühlkost, Konserven und Fertiggerichten sowie dem Abendessen vor dem Fernseher und fehlenden Tischgesprächen. Am Lernort Kita erleben die Kinder, wie das Mittagessen aus natürlichen Lebensmitteln hergestellt wird, die Kinder können bei der Zubereitung mitwirken und das eigene Produkt in einer gemütlichen Atmosphäre bei Tischgesprächen genießen. Der wichtigste Punkt ist hierbei die Selbstwirksamkeit des Kindes, welche essentiell für die selbstbestimmte Entwicklung ist.
In allen Gruppen der Kita spielGrün finden kleine Koch- und Backangebote mit den pädagogischen Fachkräften statt. Hier werden erste Erfahrungen gesammelt und Rituale geschaffen. Im letzten Jahr vor der Schule bekommen die Kinder die Möglichkeit, ein ganzes Jahr das Kochprojekt erleben zu dürfen. Alle zwei Wochen findet das Projekt Ich kann kochen! – Die Ernährungsinitiative der Sarah Wiener Stiftung und der BARMER in der Cafeteria mit der Lehrküche statt. Jedes Kind bekommt zur Einschulung einen Kochprojekt-Hefter, den sie ein Jahr lang füllen und gestalten durften.
„Ich kann kochen“ – in diesen drei Wörtern stecken gleich mehrere Bildungsbereiche: Kommunikation & Schriftkultur, Darstellen & Gestalten, soziales Leben, Mathematik & Naturwissenschaften, Musik (Piepenhagen singt auch mal, wenn das Backen wieder länger dauert) sowie Körper, Bewegung & Gesundheit. Die Sichtbarkeit der Gesundheitsförderung gelingt mit dem bekannten Zitat von Maria Montessori „Hilf mir, es selbst zu tun“, dem Bewusstwerden der Vorbildfunktion in Kombination mit dem Wissen, das die im Kindergartenalter erlernten Verhaltensweisen prägend für das weitere Leben sind.
Piepenhagen stellte unter den Aspekten der praktischen Ernährungsbildung mit den Koch-Kindern für die ganze Kita Hefezöpfe her. Jedes Kind bekam eine Kochschürze, lange Haare wurden zusammengebunden, und während die Kinder ihre Hände wuschen, wurde ihnen erklärt, warum Hygiene im Umgang mit Lebensmitteln so wichtig ist. Nachdem gemeinsam alle benötigten Materialen, Geräte und Zutaten besprochen wurden, wurden die einzelnen Back-Schritte erklärt und möglichst selten eingegriffen. „Die Kinder lernen so ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten einzusetzen und erfahren, was sie damit schaffen können“ so Piepenhagen.
Als der Teig fertig war, bereiteten die Kinder ihre Plätze mit Mehl vor. Aus einer Handvoll Teig rollte sich jedes Kind drei Streifen, die es nebeneinanderlegte. Dann wurde es knifflig: Den Kindern wurde gezeigt, wie man die drei Teigrollen zu einem Hefezopf flechtet. Nach einigen Versuchen funktionierte es bei allen, und es entstanden viele Bleche voller Hefezöpfe, die von den Kindern stolz in den Ofen geschoben wurden.
Als die Kinder zurück in die Cafeteria kamen, wartete dort noch das Aufräumen und Saubermachen der Tische und Geräte. Selbstständig und mit einem Lächeln haben alle geholfen und sich gefreut, als der Duft aus dem Ofen ihre Nasen erreichte. Zur Vesper war es dann so weit: Die Vorschulkinder durften mit Stolz ihre Hefezöpfe verteilen. Lauschte man den Tischgesprächen, haben die Kinder ihren Freunden aus den anderen Gruppen berichtet, wie sie diese hergestellt und gebacken haben. So entfalten gemeinsame Kochaktivitäten in der Kita einen Nutzen, der weit über die reine Ernährungsbildung hinausgeht: So entstehen leckere Kindheitserinnerungen.
Pädagogin Julia Heinicke