3. Teil der Krampnitz-Serie: Die Planungen sind abgeschlossen – und auch wieder nicht

Für das neue Stadtquartier in Potsdams Norden gibt es einen neuen Masterplan. Dieser wurde am 29. Januar dieses Jahres in der achten öffentlichen Sitzung des Forum Krampnitz vorgestellt, das in regelmäßigen Abständen stattfindet und über aktuelle Planungen sowie Umsetzungen informiert.

Grundlage für den Masterplan war der städtebauliche Entwurf, der sich im Wettbewerb durchgesetzt hatte.
Grafik: Machleidt GmbH

Der vorgestellte Masterplan soll die planerischen Grundlagen zu den Fragen Städtebau, Freianlagen, Mobilität, sozialer Infrastruktur und dem Nutzungsmix von Wohnen und Gewerbe bündeln. Entwickelt wurde er von der Landeshauptstadt Potsdam und dem Entwicklungsträger gemeinsam mit externen Planungsbüros auf Grundlage des Siegerentwurfs aus dem städtebaulich-freiraumplanerischen Wettbewerb „Wohnen in Potsdam Krampnitz“. Doch auch wenn der Masterplan schon eine ungefähre Vorstellung von dem zukünftigen Wohn- bzw. Lebensgebiet Krampnitz zulässt, blieben einige Fragen leider noch unbeantwortet.

„Der heutige Tag stellt einen wichtigen Meilenstein in der Entwicklung des ehemaligen Kasernengeländes in Krampnitz hin zu einem neuen Stadtquartier dar. Auf der Grundlage des Siegerentwurfes … haben wir in den vergangenen Monaten mit hoher Intensität an der Konkretisierung der Planungen gearbeitet“, sagte Bernd Rubelt, Beigeordneter der Landeshauptstadt Potsdam für Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und Umwelt, im Vorfeld der Veranstaltung. „Mit dem Masterplan stellen wir nun die Weichen, dass sich Krampnitz zu einem Quartier mit hoher Lebensqualität für seine Bewohnerinnen und Bewohner entwickelt. Wir schaffen die Voraussetzungen, dass sie nicht nur in Krampnitz wohnen, sondern leben können – dazu gehört, dass es viele Angebote vor Ort gibt, die im Alltag genutzt werden können“, so Rubelt weiter.

Auch Bert Nicke, Geschäftsführer der Entwicklungsträger Potsdam GmbH, äußerte sich ähnlich: „Mit der Erarbeitung des Masterplans haben wir einen ganz wichtigen Schritt unternommen, um dem neuen Stadtquartier in Krampnitz ein Gesicht zu geben. Die erarbeiteten Ideen und Konzepte zur Verortung von sozialer Infrastruktur und Gewerbeflächen, der Entwicklung von Wohntypologien und der Gestaltung von Straßen- und Freiräumen sind das Fundament für den künftigen Charakter des neuen Stadtquartiers: naturnah und urban, ein zukunftsweisender, lebendiger Ort zum Wohnen und Arbeiten.“ 

Nun soll der Masterplan im März von den Stadtverordneten beraten werden. Auf dem 150 Hektar großen ehemaligen Militärgelände zwischen Krampnitzsee, Fahrländer See und Döberitzer Heide, entsteht in den kommenden zehn bis 15 Jahren für ca. 10.000 Potsdamerinnen und Potsdamer neuer Wohnraum. Dabei soll Krampnitz Vorbildcharakter haben in puncto Energie- und Wärmeversorgung, Mobilität und Ökologie.

Soziale Infrastruktur

Sieben Kindertagesstätten für insgesamt 880 Kinder sind im Entwicklungsgebiet vorgesehen. Sie werden im Quartier verteilt und sollen für alle – möglichst zu Fuß – gut erreichbar sein. Baulich haben die Einrichtungen unterschiedlichen Charakter: Einige werden in sanierten denkmalgeschützten Bestandsgebäuden, andere im Neubau oder im Zusammenhang mit einer Grundschule errichtet. Durch eine flexible Bauweise wird dafür gesorgt, dass langfristig auch andere Nutzungen der Gebäude möglich bleiben – wenn etwa der Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen einmal sinkt und stattdessen altersgerechte und barrierefreie Angebote benötigt werden.

Masterplan Krampnitz Kindertagesstätten und Schulen © Machleidt GmbH

Drei neue Schulen

Zwei Grundschulen und eine Gesamtschule mit den jeweiligen Sportflächen entstehen ebenfalls. Die erste Grundschule soll schon zum Schuljahr 2022/2023 eröffnet und vis-à-vis des stadtteilprägenden zentralen Parks in einem sanierten Bestandsgebäude errichtet werden. Die zweite Grundschule ist auf der gegenüberliegenden Seite des Parks geplant. Beide Grundschulen können jeweils drei Klassenzüge aufnehmen und haben einen dazugehörigen Hort. Die Gesamtschule im Westen des Stadtteils soll eine Kapazität von fünf Klassenzügen haben und drei Züge in einer gymnasialen Oberstufe bis zum Abitur führen.

Hinzu kommen ergänzende Angebote wie wettkampfgerechte Sportanlagen, ein Jugendclub und ein Stadtteilzentrum. Mögliche Nutzungen des Stadtteilzentrums sind Angebote der Musikschule, der Bibliothek, von Kirchen, als Bürgerhaus oder für Veranstaltungen. Wie das Zentrum aussehen und wie es genutzt werden soll, wird im Laufe der weiteren Planungen konkretisiert.

Wohnen in Krampnitz

Bekanntermaßen sind die Zahlen der geplanten Bewohner in Krampnitz von fast 4.000 auf 7.000 und mittlerweile auf 10.290 Einwohner gestiegen. Der benötigte Wohnraum soll auf insgesamt rund 523.500 Quadratmetern verteilt werden, von denen zurzeit noch etwas unter 10 % für den Sozialen Wohnungsbau vorgesehen sind. Auf Nachfrage des POTSDAMER könnten es laut dem Baubeigeordneten Rubelt aber durchaus 30 oder 50 Prozent werden.

Insgesamt plant der Entwicklungsträger ca. 4.430 Wohneinheiten auf Geschossebenen, in denen 9.300 Einwohner ihr neues Zuhause finden sollen. Für etwa 1000 Einwohner stehen laut Planung derzeit etwa 620 Einfamilien- und Reihenhäuser zur Verfügung, die primär im südlichen Bergviertel entstehen.

Für den Potsdamer Norden doch sehr ungewöhnlich ist die Bebauungshöhe. In Anlehnung an den am Haupteingang stehenden 36 Meter hohen Turm, sind Gebäude geplant, die sieben, acht und sogar über zehn Geschosse haben sollen. „Krampnitz wird sich als urbanes Stadtquartier eingebettet in einen einzigartigen Naturraum zwischen Seen und Döberitzer Heide auszeichnen“, heißt es im ausgearbeiteten Masterplan des Entwicklungsträgers. Bei einer solchen Bauplanung ist es jedoch fraglich, ob die schöne Lage inmitten der Natur zwischen Naturschutzgebiet und Seenlandschaft in der Lage sein wird, derartigen Betonriesen etwas Idyllisches entgegenzusetzen.

„Durch das kleine Manhattan, das hier in Krampnitz entstehen soll, verliert der Norden Potsdams deutlich an Charme, der sich bisher durch seine leichte und flache Architektur auszeichnet und damit das Bild der Stadt prägte“, so ein empörter Besucher im Anschluss der Veranstaltung gegenüber dem POTSDAMER.

Auch das geplante autoarme Mobilitätskonzept kann über den Wohnungsbau beeinflusst werden, denn für einen Großteil des motorisierten Individualverkehrs sind nun einmal Familien verantwortlich, und je mehr Kinder in einem Haushalt vorhanden sind, desto wahrscheinlicher ist das Anwachsen des (motorisierten) Individualverkehrs. Hält man aber das Wohnraumangebot für größere Familien (ab zwei Kinder) gering, könnte so der Zuzug von Familien mit mehreren Kindern per se begrenzt werden, was wiederum dafür sorgen könnte, dass sich die Einwohner möglichst wenig auf dem Wohngelände oder von ihm weg bewegen. Jedoch gaben die veröffentlichten Zahlen keinen Anlass auf Vermutungen, wie die geplanten Wohnflächen aufgeteilt werden sollen. Bei 4.900 Wohneinheiten für 10.290 Einwohner auf insgesamt ca. 523.500 Quadratmeter bedeutet dies eine durchschnittliche Wohnungsgröße von ca. 100 Quadratmetern. Bei ca. 2,1 Personen pro Wohneinheit. Für Kinder also genügend Platz. Diese sollen dann auch ausreichend Platz zum Spielen und Toben finden, denn im Inneren des Stadtteils wird es grün: Prägend wird der zentrale Park sein, in dem es Spielplätze und Freizeitmöglichkeiten für alle Altersgruppen geben wird. In einem äußeren grünen Gürtel, vorwiegend am westlichen Übergang zur Döberitzer Heide, sind weitere Möglichkeiten für Sport, Spiel, Bildung und Hobbys vorgesehen.

Umweltgerechte Mobilität

Wegweisenden Charakter für die Entwicklung des Potsdamer Nordens hat auch das im Masterplan enthaltene Mobilitätskonzept für Krampnitz, mit dem der Anteil des motorisierten Individualverkehrs – also Autos, Motorräder usw. – an der Gesamtzahl aller zurückgelegten Wege reduziert werden soll. Durch den Ausbau des ÖPNV-Angebots soll zusätzlich der Gebrauch des eigenen Autos so stark gemindert werden, dass die Stadtentwickler in den nächsten Jahren mit einem Verkehrsaufkommen rechnen, das deutlich unter dem heutigen Niveau liegen soll. Den vielen Äußerungen der Anwesenden ließ sich entnehmen, dass man diese Prognose jedoch nicht teilt.

Masterplan Krampnitz Nahverkehr / ÖPNV
© Machleidt GmbH

Eine zentrale Rolle zur Erschließung des Stadtteils spielt die Straßenbahn, die künftig bis nach Krampnitz und weiter bis nach Fahrland fahren soll. Die Planungen zur Weiterführung der Trasse vom Campus Jungfernsee in Richtung Norden laufen bereits auf Hochtouren (der POTSDAMER berichtete in der Februar-Ausgabe darüber). Die Verfügbarkeit von Tram- und Bushaltestellen entlang des Alleenrings soll alle Teilbereiche des neuen Quartiers über kurze Strecken an den öffentlichen Nahverkehr anbinden. Auch das Erschließungssystem wurde mit dem Ziel entwickelt, die Attraktivität von Fuß- und Radverbindungen zu erhöhen und motorisierte Verkehre im Quartier zu vermeiden. Autos sollen gesammelt in den sieben Quartiersgaragen geparkt werden, die gleichmäßig über das Wohngelände verteilt geplant sind. Hier stehen jeder Wohneinheit 0,5 Parkplätze zur Verfügung. Für die etwas über 10.000 Einwohner (Gewerbetreibende nicht einbezogen) werden in den sieben Garagen etwa 3.500 Parkplätze zur Verfügung stehen. Wie diese unter den Einwohnern aufgeteilt werden sollen, blieb am Ende der Veranstaltung noch unbeantwortet.

Um die alternative Mobilität weiter zu fördern, sind attraktive Rad- und Fußwegeverbindungen vorgesehen, ebenso Car- und Bikesharing-Stationen sowie Ladestationen für E-Autos und E-Bikes.

Die Landeshauptstadt Potsdam möchte „für eine umweltgerechte Mobilität unter den Bedingungen einer wachsenden Stadt“ sorgen, heißt es in der offiziellen Zielbeschreibung des Entwicklungsträgers. Dabei werde man die umweltgerechten Verkehrsmittel (ÖPNV, Radverkehr und Fußgänger) vorrangig ausbauen, so dass sie zu einer attraktiven Alternative zum motorisierten Individualverkehr werden.

Für die Verringerung des Alltagsverkehrs möchte die Stadt durch „eine integrierte Stadtentwicklung und ein vernetztes Verkehrsmanagement sorgen“, unter einer optimalen „Ausnutzung der vorhandenen Infrastruktur“, heißt es weiter. Wie dieses jedoch aussieht, bleibt noch offen, denn Pläne zum Ausbau von Straßen und Tramtrassen zum Wohngebiet Krampnitz wie auch eine Zufahrtsregelung aus dem Wohngebiet auf die B2 und die Gellertstraße wurden noch nicht präsentiert.

Straßenbahn soll 2025 fahren

Ein besonders wichtiger Baustein für die Entwicklung des Quartiers zu einem nachhaltigen und lebenswerten Stadtteil ist das Mobilitätskonzept, das zwei Ziele verfolgt: Zum einen sollen möglichst viele der im Lebensalltag der Bewohnerinnen und Bewohner entstehenden Wege innerhalb des Gebiets selbst per Rad oder Fuß getätigt werden können. Zum anderen sollen die notwendigen Wege ins Gebiet und aus dem Gebiet heraus vorrangig durch die Verkehrsmittel des Umweltverbunds (ÖPNV, Rad- und Fußverkehr) zurückgelegt werden. Es soll also ein autoarmes Wohngebiet werden. Kurz zusammengefasst: Man erwartet, dass sich die Einwohner Krampnitz´ kaum von dort weg bewegen, und wenn sie es tun, dann das Rad oder das Angebot des ÖPNV nutzen.

„Unsere Erfahrungen zeigen, dass ein Stadtteil wie Krampnitz auch ohne eine massive Zunahme des Autoverkehrs entwickelt werden kann. Wie sehr uns dies gelingt, hängt maßgeblich von der konsequenten Umsetzung der von uns gesetzten Ziele für eine integrierte Stadtentwicklung ab“, ist sich Norman Niehoff, Bereichsleiter Verkehrsentwicklung in der Stadtverwaltung, sicher.

Offene Fragen und Kritik am neuen Masterplan

Das am 29. Januar durchgeführte Krampnitz Forum war keine Verkaufsveranstaltung, wenngleich der Eindruck erweckt werden konnte, dass man alles detailliert und bestens geplant habe. Dennoch zeigten sich durch Nachfragen der Anwesenden hier und da Unklarheiten und Ungenauigkeiten. Zugrunde gelegte Daten insbesondere im zu erwartenden Verkehrsaufkommen schienen sehr optimistisch dargestellt, auch wenn man davon ausgeht, dass „Krampnitz eben nicht für jeden“ sein wird, wie der Baubeigeordnete, Bernd Rubelt, während der Veranstaltung sagte.

Inwiefern es der Stadtplanung wirklich gelingen soll, durch einen attraktiven Ausbau des ÖPNV-Angebots den motorisierten Individualverkehr nicht nur auf dem heutigen Niveau zu halten, sondern noch verringern zu können, verursachte während und auch nach der Präsentation von Norman Niehoff noch Stirnrunzeln.

Auch die Höhe der geplanten Wohnbauten überraschte doch so manchen. Fünfstöckig ist schon eine enorme Steigerung, betrachtet man sich die zumeist zweistöckige und wenige dreistöckige Bestandsgebäude auf dem Areal. Nun möchte die Stadt aber mehrere sieben-, acht- und gar ein zehn- oder höher geschossiges Gebäude errichten, was die Anmut des Potsdamer Nordens erheblich verändern wird.

Leider gelingt der Stadtplanung auch in puncto „weiterführende Schulen“ noch nicht der ganz große Wurf, denn die nördlichen Ortsteile benötigen schon seit Jahren deutlich mehr weiterführende Schulen für die vielen Schülerinnen und Schüler, deren Schulwege immer noch viel zu lang sind, weil sie eben nicht auf wohnortnahe Schulen gehen können und wild in Potsdam verteilt jeden sich bietenden Platz annehmen müssen. Eine unzumutbare Situation für viele Familien, die dringend geändert werden muss – unabhängig von Krampnitz.

Krampnitz soll aus Sicht der Stadt ein Vorzeige-Projekt werden, dass auch die Entwicklung anderer Stadt- bzw. Ortsteile beeinflussen soll. Bleibt nur zu hoffen, dass die unterschiedlichen Verwaltungsbereiche bei der Planung transparent und realistisch bleiben, sonst wird aus einem Vorzeige-Projekt ein städtebauliches Waterloo. sts

Download der Präsentation der ProPotsdam