Die Demonstration am 30.11.2018 war eine Initialzündung. Jetzt ist die Politik gefragt.

Das Gutshaus Satzkorn verfällt. Der Putz bröckelt, Decken sind eingestürzt, Fenster eingeschlagen. Allein das Notdach, das von der Stadt Potsdam aufgesetzt wurde, gibt Hoffnung, dass das marode Denkmal vielleicht doch noch zu retten ist. Gegenwärtig steht das Gebäude leer und droht zu verfallen. Die Demonstration am 30. November letzten Jahres hat das Gutshaus wieder in den Blick der Öffentlichkeit gerückt.

Fröhliches Wiedersehen: Tilo Catenhusen (l.), Orgelbauer und Sohn von Carl Friedrich Wilhelm Catenhusen, der von 1927 bis 1962 Pfarrer in der Gemeinde Fahrland-Satzkorn-Marquardt war, Kurt Brandhorst-Satzkorn und der Potsdamer Tischlermeister Hans-Joachim Zietemann trafen sich auf der Demo nach langer Zeit wieder. Brandhorst und Zietemann gingen gemeinsam auf das Arndt Gymnasium in Dahlem.

Eine ausführliche Berichterstattung war wegen des Drucktermins für die Dezemberausgabe des POTSDAMER leider nicht mehr möglich. Das soll an dieser Stelle nachgeholt werden. Denn die Demonstration war mit rund 80 Menschen gut besucht und hat möglicherweise unverhoffte Folgen. Zur Überraschung vieler Satzkorner war der 89-jährige Kurt Brandhorst-Satzkorn mit seinem Sohn Fredrik extra aus Schweden angereist, um der Demonstration beizuwohnen. Bis 1947 war das Gutshaus im Besitz der Familie Brandhorst. Kurt Brandhorst verbrachte dort seine Kindheit.

Die Geschichte des Gutshauses

Johann Conrad Friedrich Brandhorst erwarb 1739 den Satzkorner Rittersitz von Cuno von Hünicke. Brandhorst, der als Leibarzt Friedrich Wilhelm I. das Vertrauen des Königs genoss und dem als Hofrat sogar die Teilnahme am royalen Tabakskollegium gestattet war, ließ bald nach dem Erwerb des Anwesens das damals bestehende spätmittelalterliche Gutshaus weitgehend abreißen und baute ein neues Gebäude in barocken Formen auf. Die Fertigstellung seines Gutshauses erlebte Brandhorst nicht mehr, da er bereits am 1. Mai 1740 in seinem Wohnhaus Am Kanal 26 in Potsdam verstarb.

Das Gutshaus Satzkorn ca. 1925

Familie Brandhorst feierte im Jahre 1889 das 150-jährige Besitzjubiläum in Satzkorn. Seit dieser Zeit tragen die Nachkommen der Familie den Doppelnamen Brandhorst-Satzkorn.
1947 wurde die Familie Brandhorst-Satzkorn enteignet und floh in den Westen. Das Gut diente der Roten Armee als Versorgungsdepot. Im Jahr 1950 folgte die Übergabe des Besitzes an das Volkseigene Gut Satzkorn. Nach und nach wurden große Ländereien an die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) Marquardt abgegeben.
Nach der Wende, wurde das Gut 1991 durch die Treuhand in mehrere Teile geteilt und an Privatbesitzer verkauft. Danach wechselte die Anlage, die im April 2002 unter Denkmalschutz gestellt wurde, mehrmals den Besitzer. Versuche der Familie Brandhorst, das Gutshaus zurück zu kaufen, misslangen. Der Verfall des leer stehenden Gutshauses schritt unterdessen immer weiter voran.

Orts-vorsteher Dieter Spira bedankt sich bei den vielen Teilnehmern.

Dieter Spira (SPD), Ortsvorsteher von Satzkorn, ist froh über das notgesicherte Dach: „Die Eingemeindung in die Landeshauptstadt Potsdam erfolgte im Jahr 2003. Dabei ist lobend zu erwähnen, dass die Landeshauptstadt vor einigen Jahren dafür gesorgt hat, diese hier erkennbaren Sicherungsmaßnahmen am Gutshaus für 60.000,00 € anzubringen. Sonst wäre der Schaden heute wahrscheinlich noch wesentlich größer.“

Fredrik Brandhorst-Satzkorn zeigt das Foto aus besseren Zeiten während der Demonstration am 30.11.2018.

Rettung in Sicht?

Fredrik Brandhorst-Satzkorn heiratete Anfang der neunziger Jahre in der Satzkorner Kirche. „Damals konnte man am Gutshaus noch etwas machen, heute nicht mehr!“ Das sagte Brandhorst am 30.11.2018 während der Demonstration ziemlich resigniert. Manfred Graf von Schwerin, Bundesvorsitzender der ARE e.V., der die Demonstration initiierte, klang da schon etwas hoffnungsvoller: „Eigentlich ist es 5 nach 12, aber wir drehen die Zeit mal zurück. Es ist 5 vor 12 und es muss etwas getan werden. Jetzt!“
Gutshäuser vor dem Verfall zu retten, das ist seine Mission. „Das Gutshaus Satzkorn ist ein krasses Beispiel für den verheerenden Umgang mit den alten Gutshäusern in Brandenburg“, so Schwerin.
Dieter Spira richtete sich an die Demonstranten: „Als Ortsvorsteher bin ich sehr dankbar, dass Sie dem Aufruf in so großer Anzahl gefolgt sind. Es stimmt mich sehr wohl, dass wir gemeinsam ein Zeichen setzen können, dass es hier so nicht weitergehen kann.“

Manfred Graf von Schwerin (mit Megafon) unter den Demonstranten.

Die Satzkorner Feuerwehr servierte leckere Erbsensuppe.

Die große Hoffnung der Satzkorner ist, dass jetzt auf politischem Weg etwas für die Rettung des Gutshauses Satzkorn getan wird. Andreas Walter und Ingeborg Naundorf aus der Grünen-Stadtfraktion gesellten sich zu den Demonstranten und verkündeten einen Antrag, den sie dann am 5. Dezember in die Stadtverordnetenversammlung einbrachten: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt zu prüfen, ob und wie es möglich werden kann, das Gutshaus Satzkorn zu erwerben. Es soll saniert und für öffentliche Funktionen nutzbar gemacht werden … Es wäre für gemeindliche Aufgaben in den nördlichen Ortsteilen geeignet und würde dem Ort seine Mitte wiedergeben. Der Erhalt des Denkmals und eine sinnvolle öffentliche Nutzung sind zwei gute Gründe für den Erwerb durch die Stadt.“

Andreas Walter und Ingeborg Naundorf (Grüne) mit ihrem Antrag vor dem Gutshaus.

Einen ähnlich lautenden Antrag stellte der Ortsbeirat Satzkorn zuletzt im Februar 2018. Darin heißt es: „Die Geschichte des Gutes Satzkorn, zu dem auch das Gutshaus gehört, reicht bis in das Jahr 1416 zurück. Fachleute gehen davon aus, dass sich der tonnengewölbte spätmittelalterliche Keller in der nordwestlichen Ecke des Gutshauses befindet … Es sprechen demnach Gründe dafür, dass es sich hierbei um eine der ältesten baulichen Anlagen der Landeshauptstadt handeln dürfte, welche es zu erhalten gilt.“ Dem Antrag der Grünen wurde am 20.12.2018 seitens des Ortsbeirats Satzkorn zugestimmt. Ortsvorsteher Dieter Spira: „Ich habe die Hoffnung, dass unser Kulturgut einem vernünftigen Zweck zugeführt wird.“ sk