Dorit Rust von der Partei dieBasis im Gespräch

Weiter geht es in dieser und der kommenden Ausgabe mit den Interviews der einzelnen Kandidatinnen und Kandidaten, die sich im Wahlkreis 61 um das Direktmandat für den Sitz im Bundestag bewerben.

Erfahren Sie hier, warum sich Dorit Rust von der Partei dieBasis für eine Kandidatur entschieden hat und wofür sie steht.

Dorit Rust möchte mehr direkte Mitbestimmung der Bevölkerung

Dorit Rust möchte mehr direkte Mitbestimmung der Bevölkerung
Foto: privat

Rust, Jahrgang 1959, lebt seit 40 Jahren mit einem Violinisten und Geigenbauer, mit dem sie drei gemeinsame Kinder und einen Enkel hat, in Stahnsdorf.
Als gelernte Werbegestalterin wechselte sie früh in den Bildungs-, Kultur und medizinischen Bereich. Seit ihrem 25. Lebensjahr arbeitet sie als Lektorin für Graduierende und als Prüfungscoach. Die Arbeit für naturwissenschaftliche, geisteswissenschaftliche und medizinische Fachbereiche sowie in Ingenieurwissenschaften und Lehrämtern beschreibt sie als ihre „Universität“. Dann begann sie selbst mit dem literarischen Schreiben. „Das Schreiben gehört zu meinem Stoffwechsel“, sagt Rust, die Mitarbeit in der eigenen Geigenbauwerkstatt sei obligat, alles andere Nebenerwerb zur Existenzsicherung.

Welche Erfahrungen haben Sie in der Politik? Warum haben Sie sich entschieden, als Bundestagskandidatin im WK 61 anzutreten?
Ich bin schon als Kind ein sehr politischer Mensch gewesen. Vermutlich hängt das mit einer Prägung durch besonders früh tiefgehende, gleichzeitig sehr gegensätzliche gemachte soziale Erfahrungen zusammen.
In der Kinder- und Jugendorganisation der DDR war ich immer in Führungsverantwortung, in sachbezogenen Bürgerinitiativen schon Anfang der 80er Jahre aktiv, in allen Gewerkschaftsvertretungen meiner Angestellten-Zeit, in den Elternvertretungen während der Schulzeiten meiner Kinder – in einer Partei war ich aber bisher nie. Mir hat es einfach Ende letzten Jahres gereicht mit diesem unsäglichen Abbau unserer verbrieften Freiheitsrechte durch parlamentarisches Abnicken, das habe ich als Verrat am Souverän durch das Parlament und seinem eingeübten Fraktionszwang empfunden. Ich habe mich unglaublich fremdgeschämt dafür, für diese ungeheure Feigheit vor dem Freund, um es mal mit Bachmann zu sagen – der Mensch ist schließlich keine Goldgrube!
Ich habe mich gar nicht entschieden, im Wahlkreis 61 als Bundeskandidatin anzutreten, sondern einfach da anzutreten, wo ich seit Jahrzehnten lebe, wo meine Kinder geboren wurden, wo meine Familie, Freunde, Bekannten und Nachbarn ihre Geschichten angesammelt haben, weil ihre Geschichte sich durch ganz Brandenburg und Berlin zieht und in vielen Fällen genau hier, in und um Potsdam, eine Mitte im Strudel gesellschaftlicher Verwerfungen gefunden hat, die das Private ja immer tangieren und durchdringen. Das sind alles Menschen, die man umarmen kann oder Zeit ihres Lebens konnte, und da wird Geschichte eben sinnlich erfahrbar und hat dann was mit dem eigenen Körper und seiner Wahrnehmung zu tun – wenn das nun Wahlkreis 61 heißt – nebbich…

Welche sind für Sie die wesentlichen Themen, die Sie aus Potsdam und der Region mit nach Berlin nehmen möchten?
Das ist eine besonders schwierige Frage, die ich den Leuten in der letzten Zeit oft gestellt habe und ich könnte jetzt uns, den Leuten und Ihnen als einem an meinen Ansichten interessierten Medienvertreter, bequem in die Tasche lügen und sagen: Ach ja, diese schrecklichen Verkehrsbehinderungen in der Behlertstraße und alle diese Baumfällungen da entgegen all diese wütenden, traurigen Bürgerprotesten in Stahnsdorf oder am Nuthetal.
Und alle diese unerträglich ständig steigenden Mieten in der Stadt, die von so Vielen nicht mehr lange gezahlt werden können und von noch mehr Leuten nicht mehr gezahlt werden konnten… Tatsache aber ist, dass das leider schon lange keine regionalen Probleme mehr sind! Denn sie zeigen sich in ALLEN urbanen Regionen unseres Landes.
Und sie sind kein zufälliges Ergebnis eines Modernisierungsbedarfs, dem nachgegangen wurde oder von ernsthafter Auseinandersetzung mit berechtigten Anwohner- und Bürgerinteressen, sondern das Ergebnis einer jahrzehntelang eingeschliffenen Berufs-Politik, die über diese geäußerten Bürgerinteressen hinweggeht wie über vermeintlich dümmliche und inkompetente Willensäußerungen, die sich einem irgendwie größeren, fraktioniert parteipolitischen Plan zu unterwerfen haben, anstatt sich der vermeintlich unwesentlichen Gestaltung eines lebenswerten Gemeinwesens durch effektive Mitbestimmung zu widmen.

Man findet im Internet keine Informationen zu Ihnen und Ihrem Wahlkampfprogramm. Meiden Sie die Öffentlichkeit?
Oh nein! Niemand, der Literatur schreibt – noch dazu Dramatik, die ja gemacht ist, um dargestellt zu werden vor Publikum, meidet die Öffentlichkeit! Die Frage ist halt: Wer oder was genau ist eigentlich Öffentlichkeit? Das Internet?
Was genau ist wirkliche Information? Wodurch qualifiziert sie sich?
Eine Information, die als Information präsentiert wird, ist Propaganda. Und eine Information, die nicht als Information präsentiert wird, ist Fehl-Information. Nur eine Information, die gleichzeitig als Information und als Fehl-Information präsentiert wird, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine qualifizierte Information. Nämlich eine, die einen Mehrwert für Fühlen und Denken, also Erfahrung, generieren kann.

Wenn sich potenzielle Wähler über Sie informieren möchten, wo können sie das tun?
Sie können mich ansprechen, wenn ich einkaufen gehe, anrufen oder anmailen über das Digitale Bürgerbüro, das wir gerade hier im Potsdamer und Mittelmärkischen Kreisverband einrichten für die Wahlkreise 61 und auch 60. Oder sie können meine Mit-Basistas nach mir befragen. Sie können auf meiner Webseite „www.drustautorin.wordpress.com“ ein Gedicht von mir lesen oder einen Vortrag oder ein kurzes Bühnenstück zum Beispiel, dann wissen die potenziellen Wähler schon alles über mich; darüber, was mich ausmacht und antreibt – das wäre der kürzeste Weg, sich über mich zu informieren.

Wofür stehen Sie? Was bekommt man, wenn man Sie wählt?
Ich stehe für den Willen zum sofortigen Beginn einer neuen und vor allem allseitigen Entspannungspolitik, den Willen zur Neuordnung der Förderstrukturen in der Grundlagenforschung und in den Angewandten Wissenschaften, die die Universitäten und ihre Institute von dem Zwang zur Drittmittel-Einwerbung wesentlich befreien.
Außerdem stehe ich für den Kampf um eine Kulturpolitik, die weitgehend sicherstellt, dass die Künste nicht ideologisch als Propagandainstrumente missbraucht werden.
Wenn man mich wählt, bekommt man nichts, was man nicht selbstbestimmt und möglichst begründet mir zur konkreten Vermittlung innerhalb eines breiten Meinungsspektrums anheimstellt. Und man bekäme das garantiert nur vier Jahre lang. Länger sollte niemand ein Mandat anvertraut bekommen oder ein politisches Amt bekleiden. Davon bin ich zutiefst überzeugt.

Was machen Sie in Ihrer Freizeit?
Ich brauche keine extra Freizeit. Es ist meine Lebenszeit, und alles was ich während dieser Zeit tue, tue ich aus und mit freiem Willen aus Liebe zum Leben als solchem.

Weshalb sind Sie im Wahlkreis 61 die beste Wahl?
Das weiß ich nicht und – bitte verzeihen Sie mir diese Antwort und nehmen Sie das bitte nicht persönlich: Es interessiert mich auch gar nicht, darüber nachzudenken. Das ist doch wenn, Sache der Wähler, darüber nachzudenken.

Das digitale Bürgerbüro von Dorit Rust erreichen Interessierte unter: buergerbueroWK61@diebasis-bb.de.

Das Interview führte Steve Schulz