Wer führt Potsdams Wachstum am besten in die Zukunft?
Am 23. September haben alle Potsdamerinnen und Potsdamer die Möglichkeit, ihre neuen Oberbürgermeister direkt zu wählen, doch inwiefern bestimmen sie damit die zukünftigen Geschicke der Landeshauptstadt mit?
Der POTSDAMER versucht Ihnen die Möglichkeiten und Aufgaben zu erklären, die ein Oberbürgermeister hat (der Einfachheit wegen verwenden wir hier die maskuline Schreibweise).
Seit 1993 können in Brandenburg die Bürgermeister direkt gewählt werden. In dem kreisfreien Potsdam heißt der Bürgermeister Oberbürgermeister (OB) und ist ein hauptamtlicher Beamter, der für die Dauer von acht Jahren gewählt wird.
Von den neun BewerberInnen wurden zur OB-Wahl in Potsdam vom Wahlausschuss sechs zugelassen. Die drei Einzelbewerber wurden aus gesetzlichen Gründen vom Wahlausschuss nicht bestätigt, weil sie die im Wahlgesetz benötigte Anzahl von 112 Unterstützerunterschriften nicht vorweisen konnten.
Folgende KandidatInnen stehen zur Wahl: Götz Friederich tritt für die CDU an, Janny Armbruster für Bündnis90/Grüne, die parteilose Martina Trauth für Die Linke, Mike Schubert für die SPD, Lutz Boede für Die andere, Dennis Hohloch für die AfD.
Für die Wahl des Oberbürgermeisters ist eine absolute Mehrheit der gültigen Stimmen notwendig. Erzielt keiner der Kandidaten mehr als 50 % im ersten Wahlgang, kommt es am 14. Oktober 2018 zu einer Stichwahl der beiden Bewerber, die die meisten Stimmen im ersten Wahlgang erhalten haben. Wichtig dabei ist, dass diese Mehrheit mindestens 15 Prozent der wahlberechtigten Personen umfassen muss. Erhält kein Bewerber die benötigte Mehrheit, wählt die Stadtvertretung den Oberbürgermeister.
Was macht ein Oberbürgermeister?
Der OB ist Vorgesetzter aller Mitarbeiter der Stadtverwaltung, vertritt diese in Rechtsfragen und repräsentiert sie nach außen. Auf der Website der Landeshauptstadt heißt es zusätzlich:
„Der Geschäftsbereich des Oberbürgermeisters umfasst wesentliche zentrale Dienstleistungs- und Kontrollelemente der Stadtverwaltung. Die Büros und Fachbereiche werden direkt vom Oberbürgermeister geführt bzw. sind diesem dienstaufsichtlich zugeordnet.“
Laut Kommunalverfassung (§ 54) ist er auch für folgende Aufgaben zuständig:
• Er bereitet die Beschlüsse der Stadtvertretung und des Hauptausschusses vor und führt sie aus. Ein Hauptausschuss stimmt die Arbeit verschiedener Ausschüsse in der Gemeindevertretung ab. Der OB ist stimmberechtigtes Mitglied des Hauptausschusses. (Kommunalverfassung § 49)
• Beschlussvollzug: Haben die Stadtvertretung oder der Hauptausschuss einen Beschluss gefasst, so ist der OB verpflichtet, diesen umsetzen zu lassen
• Entscheidungsgewalt: Der Staat kann der Stadt (oder den Gemeinden) bestimmte Aufgaben übertragen, zum Beispiel die Bauaufsicht. Diese Aufgaben heißen im Amtsdeutsch: „Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung“. Das heißt, die Stadt muss diese Aufgaben übernehmen, wenn sie ihr zugewiesen werden. Der OB hat bei der Erfüllung dieser Pflichtaufgaben das letzte Wort. Er entscheidet, wie diese Aufgaben umgesetzt werden.
• Widerspruchsrecht: Der OB darf Beschlüssen der Stadtvertretung widersprechen, wenn er der Meinung ist, dass diese rechtswidrig sind. Die betreffenden Beschlüsse werden dann aufgeschoben und müssen erneut in der Stadtvertretung behandelt werden. In dringenden Angelegenheiten, deren Erledigung nicht aufgeschoben werden kann, hat er ein Eilentscheidungsrecht (§ 58 Kommunalverfassung). Der OB kann in solchen Fällen im Einvernehmen mit dem Vorsitzenden der Stadtverordneten (Gemeindevertretung) eine Entscheidung treffen, um eine Gefahr oder einen erheblichen Nachteil für die Stadt abzuwenden.
Der hauptamtliche OB darf zwar Mitglied einer Partei, nicht aber Mitglied einer Fraktion sein. Dadurch soll gewährleistet werden, dass er Entscheidungen aus fachlichen Gründen und nicht nach parteipolitischen Gesichtspunkten trifft. (§ 32 Kommunalverfassung).
Der OB kann durch einen Bürgerentscheid auch vor Ablauf der regulären Amtszeit abgewählt werden, wenn die Bürger mit dessen Arbeit unzufrieden sind. Wenn man jedoch zufrieden ist, kann der OB immer wieder gewählt werden. Auch eine Begrenzungen der Anzahl von Amtszeiten oder eine Höchstaltersgrenze besteht für einen OB nicht.
Potsdam muss das Wachstum lenken
In jedem Fall steht Potsdam vor einem Wechsel. Hat der bisherige Amtsinhaber, Jann Jakobs (SPD), in den vergangenen 16 Jahren seinen Fokus erfolgreich darauf gelegt, Potsdam zu einer wachsenden Metropole zu machen, stehen die Kandidaten heute vor der großen Aufgabe, das eingetretene Wachstum in die richtigen Bahnen zu lenken.
Ein drohender Verkehrskollaps, eine auszubauende Verkehrsinfrastruktur mit einem attraktiven ÖPNV, die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum und ausreichend vielen Kitaplätzen, der Bau weiterführender Schulen – insbesondere im Norden Potsdams –, die Vermeidung eines exzessiven Personalabbaus und Sparkurses in den Bereichen der inneren Sicherheit und anderer hoheitlicher Aufgaben, die notwendige Digitalisierung und Vereinfachung von Prozessen in der Stadtverwaltung sind nur einige der Mammutaufgaben, denen sich der neue Oberbürgermeister mit seinen Beigeordneten stellen muss.
Keine Lust mitzugestalten?
Trotz der Möglichkeiten für den einzelnen Bürger, durch seine Stimme direkt mitzuentscheiden, wer in Potsdam dieses wichtige Amt besetzt, war die Beteiligung der vergangenen Wahlen mit noch nicht einmal 50 % relativ niedrig. 2010 lag die Wahlbeteiligung bei unter 46 %.
Gründe dafür könnten sein, dass viele Wähler gar nicht wissen, was ein Oberbürgermeister macht. Ebenso ist die sehr auf eine Person ausgerichtete Wahl nicht gerade davon geprägt, ein aussagekräftiges Programm zu präsentieren.
Wer also mitreden oder mitgestalten und seinen Kandidaten am Ende oben sehen möchte, sollte auf jeden Fall zur Wahl gehen, denn viele rechnen mit einem sehr knappen Ergebnis.
sts