Der Naturschutz Förderverein Döberitzer Heide bittet um Hilfe

Ein heißer und trockener Sommer liegt hinter uns. Auch wenn die aktuellen frostigen Temperaturen und die Vorfreude auf eine besinnliche Winterzeit die vergangenen Monate mehr und mehr in den Hintergrund rücken lassen, reicht ein kurzer Blick in die Landschaft, um die Erinnerung zurückzuholen.
Nicht nur für die Landwirtschaft war es ein hartes Jahr, auch die Brandenburger Naturschutzgebiete und ihre tierischen Bewohner haben noch immer mit den Folgen zu kämpfen.
So auch die halbwilden Konikpferde in der Naturerlebnis-Ringzone der Döberitzer Heide. Durch die extreme Witterung sind die ausgedehnten „wilden Weiden“ in den Naturschutzgebieten Döberitzer Heide und Ferbitzer Bruch erschöpft. Nach über 25 Jahren erfolgreicher Arbeit mit großen Weidetieren musste der Naturschutz Förderverein Döberitzer Heide e.V. erstmalig Heu im Wert von rund 15.000 Euro zukaufen, um die Versorgung seiner Pferde zu gewährleisten.

Optisch erinnern die Koniks dem ausgestorbene europäischen Wildpferd.

Für den gemeinnützigen Verein ein erheblicher finanzieller Rückschlag. Denn anders als für die Landwirtschaft greifen für das spendenbasierte Naturschutzprojekt keinerlei staatliche Förderprogramme zum Ausgleich der extremen Klimabedingungen.
Bereits seit 1992 setzt sich der Naturschutz Förderverein Döberitzer Heide e.V. für den Erhalt der Artenvielfalt auf dem früheren Truppenübungsplatz Döberitzer Heide ein: Mithilfe der halbwilden Konikpferde, urtümlichen Auerochsen und schottischen Gallowayrindern sichert der Verein wertvolle Biotope und Lebensräume. Ganzjährig bleiben die Tiere auf den ausgedehnten Flächen der Naturschutzgebiete und sorgen durch ihr Fraßverhalten dafür, dass die offene Landschaft nicht von Sträuchern und Bäumen überwachsen wird. Ergänzt wird diese Naturschutzarbeit durch maschinelle Pflegemaßnahmen wie Mahd oder Mulchen.
Das erklärte Ziel: Erhalt einer halboffenen Weidelandschaft als Rückzugsort für zahlreiche bedrohte Tier- und Pflanzenarten wie etwa Steinschmätzer, Wiedehopf und Feldlerche oder Sumpfknabenkraut, Teufelsabbiss und Spargelerbse. Denn ohne den Einsatz der Weidetiere würde die vorhandene Artenvielfalt für immer verschwinden. Max Jung, Vorsitzender des Vereins: „Das beste Mittel gegen das Insektensterben sind große Weidetiere. Sie geben unserer Landschaft das zurück, was fehlt: Unordnung und Strukturreichtum.“

Optisch erinnern die Koniks dem ausgestorbene europäischen Wildpferd.

 

Landschaftspfleger in wilder Optik

Das Konik erinnert optisch stark an das ausgestorbene europäische Wildpferd, den Tarpan. Dennoch handelt es sich um eine ursprüngliche polnische Hauspferderasse, die in ihrer Heimat früher vorwiegend als Kutsch- und Arbeitspferd Verwendung fand. Mit einer Widerristhöhe von etwa 140 cm und ihrem kräftigen und kompakten Körperbau zählt man sie zu den Kleinpferden.
Typisch für diese Rasse ist ihr freundliches, neugieriges und selbstbewusstes Wesen. Auch bei extensiver Haltung suchen die Fohlen oft aus eigener Motivation Kontakt zu den Menschen. In der Döberitzer Heide hat man sich bewusst dazu entschlossen, dies zugunsten eines guten Tier- und Herdenmanagements zu nutzen. Durch den regelmäßigen Kontakt zu den Pferden besteht ein ausgeprägtes Vertrauensverhältnis zwischen Tieren und Betreuern, welches im Notfall notwendige tierärztliche Eingriffe ermöglicht oder den Wechsel von Weideflächen deutlich erleichtert.
Derzeit gibt es in der Döberitzer Heide rund 50 Koniks, die aufgeteilt in drei Herden leben. Die Hengste leben seit diesem Jahr von den Stuten und Wallachen getrennt, denn eine Vergrößerung der Herden ist vorerst nicht mehr geplant.
Koniks sind überdurchschnittlich robust und wenig anfällig für Erkrankungen. Aus diesem Grund eignen sie sich auch besonders für die ganzjährige halbwilde Haltung zu Zwecken der Landschaftspflege. Sie entwickeln ein dichtes, fast plüschig anmutendes Winterfell, das sie zuverlässig vor widrigen Witterungseinflüssen schützt.

Die harten Hufe sind kaum empfindlich und bedürfen bei unbegrenztem Auslauf auf Flächen mit ausreichend mineralischen Bestandteilen selten Hufpflege, da sie sich durch das ausgeprägte Bewegungsverhalten selbstständig abnutzen. Aufzeichnungen via GPS haben ergeben, dass die Pferde im Ferbitzer Bruch täglich über 20 km Strecke zurücklegen und dabei rund 18 Stunden mit der Futteraufnahme beschäftigt sind. Denn auch was die Verwertung von nährstoffarmen Futter wie Schilf, Seggen und Landreitgras angeht, sind Koniks wahre Spezialisten. Steht den Tieren ausreichend Weidefläche zur Verfügung, können sie sich in weniger extremen Jahren auch in den Wintermonaten von dem ernähren, was die Natur ihnen bietet.
Unter „halbwild“ versteht der Verein, dass die Pferde ganzjährig im natürlichen Herdenverbund weiden und so ihr artspezifisches Verhalten ausleben können. Jeder Herde stehen rund 50 ha Fläche zur Verfügung. Insgesamt beträgt das vom Förderverein gepflegte Gebiet etwa 350 Hektar (das sind immerhin 3,5 Quadratkilometer).
Die Pferde lassen sich derzeit entlang des „Priorter Heiderundweges“, im „Kiefbruch“ und am Rastplatz „Große Wüste“ beobachten. Mit etwas Glück kommen die Tiere sogar bis auf wenige Meter an die Gatter und Zäune heran, denn Koniks sind ungemein neugierig. Im Sinne der Gesundheit der Tiere ist es wichtig, dass sie unter keinen Umständen von den Besuchern gefüttert werden. Das Verdauungssystem der Pferde ist optimal auf die Verwertung von Gräsern, Kräutern, und Blättern eingestellt. Brot oder andere ungewohnte Futtermittel führen schnell zu lebensbedrohlichen Koliken.
Gelegentlich werden Koniks aus dem Beweidungsprojekt des Fördervereins in geeignete Hände abgegeben.
Potentielle Käufer sind Pferdefreunde, die sich ein besonderes, robustes Reitpferd in „wilder Optik“ wünschen oder auch andere Naturschutzorganisationen, die Unterstützung bei der Landschaftspflege brauchen. Denn durch die pferdegerechte Aufzucht in der Herde entwickeln die Jungpferde eine gesunde Muskel- und Knochenstruktur und sind darüber hinaus bestens sozialisiert.

Ganzjährig leben die Pferde im natürlichen Herdenverband. Fotos: Max Jung

„Das beste Mittel gegen das Insektensterben sind große Weidetiere. Sie geben unserer Landschaft das zurück was fehlt: Unordnung und Strukturreichtum.“ Max Jung, Vorsitzender des  Naturschutz Fördervereins Döberitzer Heide e.V.

Abgegeben werden die Pferde nur in artgerechte Offenstallhaltung mit Pferdegesellschaft. Denn für die Boxenhaltung eignet sich das Konik nicht.
Mit einem kleinen, aber engagierten Team ist der Förderverein 365 Tage im Jahr für die Artenvielfalt im Einsatz: Er unterhält Zaunanlagen, betreut die vierbeinigen Landschaftspfleger, mäht Orchideenwiesen, erfasst Flora & Fauna und führt Besucher durch die einmalige Landschaft der Döberitzer Heide.
Auch im kommenden Jahr wird wieder eine Auswahl an interessanter Veranstaltungen angeboten, wie z.B. die beliebten Vogelstimmenwanderungen, Führungen zu Auerochse, Konik & Co., Workshops zur Verwendung von Wild- und Heilkräutern und erstmalig auch eine entschleunigende Wandertour mit Ziegen.

Naturschutz Förderverein Döberitzer Heide e.V./sk
www.doeberitzerheide.de