Das Thema „Verkehr“ ist das Thema, das momentan alle beschäftigt. Immer mehr Autos auf Potsdammer Straßen lassen einen Verkehrskollaps nicht nur erahnen, sondern machen ihn wahrscheinlich. Nicht zuletzt deswegen, weil die Verwaltung das Problem zu bagatellisieren scheint.
An dieser stelle geben wir Interessierten, Engagierten und Involvierten die Möglichkeit, sich zu diesem Thema zu äußern.
Verkehr nicht verkehren
Verkehrsmobilität ermöglicht uns allen ein extrem mobiles Leben: Wohnen in der einen Stadt, arbeiten in einer anderen und die Familie in einer dritten oder sogar vierten Stadt besuchen. Das Verkehrsmittel für diese oftmals recht großen Entfernungen: Billigflieger. Verkehrsmobilität scheint uns unabhängig zu machen: Ich selber entscheide, wann und wohin ich fliege: Meine Freiheit!
Wer allerdings zwischen der Hauptstadt und der Landeshauptstadt demnächst nur ein paar Kilometer weit „reisen“ will, wird wohl auf die geliebte Freiheit verzichten müssen: In Krampnitz werden Menschen wohnen (man hört Zahlen von bis zu 10.000), die mit dem Auto unterwegs sein wollen und müssen, wenn es keinen attraktiven ÖPNV geben wird. Das Nadelöhr nach Spandau wird die Ortsdurchfahrt durch Groß Glienicke sein. Das Nadelöhr nach Potsdam: die verkehrsberuhigte und auf Tempo 30 heruntergebremste B2 in Höhe Krampnitz. Das Verkehrschaos ist also bereits am Krampnitzer Horizont zu sehen.
Und so ist es richtig, auf umweltfreundliche Schienenfahrzeuge zu setzen, denn bei guter Planung fahren diese stauunabhängig und schnell ans Ziel. Ja, die Tramstrecke vom Jungfernsee in Richtung Innenstadt war eine gute Entscheidung. Nur, der Gedanke muss nun auch konsequent zu Ende gedacht werden:
In Krampnitz entsteht ein komplett neuer Stadtteil. Leider sieht es sich für viele Bürgerinnen und Bürger so aus, dass teure Gutachten der Stadt als ideologische Rechtfertigung für die Verwaltung dienen sollen, möglichst wenige Stellplätze für die rund 10.000 Neubürgerinnen und Neubürger zu genehmigen. Ideologie pur! Statt Verkehr ideologisch zu diskutieren, sollte vielleicht ein wenig mehr gesunder Menschenverstand und die Erfahrungen der Betroffenen zu Rate gezogen werden.
Über bisherige Tabus, auch wenn es weh tut, muss (erneut) nachgedacht werden – nur so kommt man voran: Dazu gehört eine Tunnellösung der B2 in Höhe von Krampnitz, genauso wie eine schnelle Schienenverbindung aus Potsdam heraus mit der vorläufigen Endstation in Groß Glienicke neben dem Kreisel. Eine überwiegend ungestörte Trassenführung würde möglicherweise sogar Schienenfahrzeuge ohne Fahrer/Fahrerin ermöglichen, vielleicht gäbe es ja sogar Fördergelder. Die spätere Option, von dort aus, die Trasse in Richtung Berlin zu verlängern, könnte schon jetzt mitgedacht werden.
Groß Glienicke, als Brücke zu Berlin, wo nicht nur Landesbehörden untergebracht sind, sondern sich unter anderem im Villenpark auch Diplomaten ansiedeln, sich das Gewerbegebiet am Schlahn entwickelt und möglicherweise demnächst eine moderne Mehrzweck-Preussen-Halle zur Verfügung steht, wächst ebenfalls – mit einer Menge bebaubarer Flächen in der Nachbarschaft. Auch wenn sich diese Flächen nicht auf Stadtgebiet befinden, der bei Bebauung entstehende spätere Verkehr würde eben doch Groß Glienicke und somit Potsdam betreffen.
Gregor Ryssel