Unterschiedliche Rechsauffassungen erschweren Zusammenarbeit weiterhin

Schon seit Jahren beklagen sich die Ortsbeiräte des Potsdamer Nordens über die schlechte Zusammenarbeit mit der Verwaltung und der Stadtverordnetenversammlung. Die Belange der Ortsbeiräte würden nicht ausreichende Berücksichtigung in politischen Entscheidungen und dem Handeln der Verwaltung finden, heißt es immer wieder von Seiten der Ortsbeiräte.
Um in Zukunft die Frage des Umgangs zwischen verwaltung und Ortsbeiräten nachhaltig zu klären, wurde ein Workshop-Verfahren eingeleitet, nachdem ein von der Golmer Ortsvorsteherin Kathleen Krause eingeforderter Schlichtungsrat wegen eines umstrittenen B-Plans seitens der Verwaltung nicht einberufen wurde und der Ortsbeirat Golm daraufhin klagte.
Der am 11. Juni 2022 stattgefundene Workshop konnte erste Ergebnisse in Bezug auf einige formale Abläufe klären, die die Zusammenarbeit und den Austausch in Zukunft verbessern sollen.


Nicht geklärt wurde die Frage nach den Rechten der Ortsbeiräte – vorallem in Bezug auf deren Eingemeindung im Jahr 2003 und die damit in Zusammenhang stehenden Verträge.
Während die Verwaltung die Meinung vertritt, dem Ortsbeirat maximal eine Anhörungsrecht zuzusprechen, verstehen die Ortsbeiräte die Verträge so, dass man – vor allem in städtebaulichen Fragen – mit ihnen eine Einigung erzielen müsse.
Diese beiden sehr unterschiedlichen Auffassungen führen immer wieder zu Interessenskonflikten, die vor dem Verwaltungsgericht enden. Und genau darum geht es:
Wenn ein Ortsbeirat gegen das Handeln der Verwaltung klagen muss, weil er seine Interessen bzw. Rechte verletzt sieht, darf er sich rechtlich dazu beraten und vertreten lassen, ohne dafür die genehmigung der Verwaltung zu benötigen. Der Ortsbeirat braucht allerdings dann die Genehmigung der Verwaltung, wenn es um die Kostenübernahme der anwaltlichen Beratung und Betreuung geht. Ist die Verwaltung der Meinung, dass die rechte des Ortsbeirats nicht verletzt wurden, kann sie die Kostenübernahme ablehnen, was dazu führt, dass der Ortsbeirat nicht für die Durchsetzung seiner Rechte kämpfen bzw. klagen kann.
Diese für viele sicherlich sehr widersprüchliche Situation bestätigte eine Sprecherin der Stadt auf Nachfrage des POTSDAMERs. Der POTSDAMER fragte nach, ob
• ein Ortsbeirat grundsätzlich vor einer Klage, der Vergabe eines Gutachtens o.Ä. die Genehmigung der Stadt einholen muss,
• ein Ortsbeirat eine Klage oder ein Gutachten gegen die Stadt führen bzw. beauftragen kann,
• die Stadt die Kosten für eine Klage oder ein Gutachten des Ortsbeirates gegen die Stadt übernimmt,
• welche Rahmenbedingungen für eine Kostenübernahme in dem Fall einer angestrebten Klage / eines Gutachtens des Ortsbeirates gegen die Stadt gegeben sein müssen, und
• welche Begründungen die Stadt anführen kann, um die Kostenübernahme für eine Klage, die Beauftragung eines Gutachtens abzulehnen?
Auf diese Fragen antwortete die Sprecherin der Stadt wie folgt:
„Die Fragen müssen in einem Zusammenhang betrachtet werden. Ob der Klageweg beschritten werden soll, obliegt der alleinigen und ausschließlichen Entscheidungskompetenz der Ortsbeiräte. Eine andere Frage ist aber, wer die dadurch entstandenen Kosten trägt. Ausgehend von dem Grundsatz, dass die Kosten dem Ortsbeirat von der LHP grundsätzlich erstattet werden, gilt dies nicht ausnahmslos. Um beurteilen zu können, ob diese Ausnahme gegeben bzw. nicht gegeben ist, kann eine Kostenübernahme nur nach entsprechender Beteiligung der Verwaltung zugesagt werden. Nicht in jeder Angelegenheit ist ein Ortsbeirat berechtigt, von dem anderen eine Kostenerstattung zu verlangen. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn keine Anhörungsrechte bestehen, der Ortsbeirat aber eine Verletzung dieser Rechte behauptet.“
Die Entscheidung, ob die Rechte der Ortsbeiräte verletzt werden oder nicht, scheint hier willkürlich von der Verwaltung getroffen werden zu können.
Um diese unterschiedlichen Positionen und für beide Parteien verbindlich zu regeln, ist wohl wirklich der Gang vor das Verwaltungsgericht notwendig.

sts