Deiche sind empfindliche Bauwerke, die Schutz und Pflege brauchen

Es sind 297 ha Fläche, die der Deich am westlichen Ufer des Fahrländer Sees vor Hochwasser schützt. Die Seitendämme des Sacrow-Paretzer-Kanals wirken an der Südseite dieser riesige Fläche mit.
Damit die Dämme ihren Zweck dauerhaft erfüllen, müssen sie regelmäßig gewartet werden. Denn durch verschiedene natürliche und vom Menschen gemachte Einflüsse verlieren sie mit der Zeit an Stabilität. Schwere Baufahrzeuge müssen jederzeit gut über den Damm kommen. Denn wenn der Deich an einer Stelle ein Leck hat, gelangen sie in den meisten Fällen nur über den Weg auf dem Deich selbst zur schadhaften Stelle.

Tausende Tonnen frischer Mutterboden für den Deich am Westufer des Fahrländer Sees wurden mit Hilfe eines Radladers verteilt. Fotos: sk

Regelmäßig überprüfen sogenannte Deichläufer die Deiche. Außerdem treffen sich zweimal im Jahr alle Verantwortlichen vor Ort zur „Deichschau“, begutachten den Zustand und beschließen notwendige Maßnahmen. Am 4.11.2019 waren die Deiche in Golm, Nattwerder, Schlänitzsee, Marquardt und in Fahrland dran. Klar wurde: Die Deichkrone braucht auf den ersten 1.000 Metern des ingesamt 2.000 Meter langen Deiches an der Westseite des Fahrländer Sees dringend eine Erneuerung.
Dazu hat der Wasser- und Bodenverband (WBV) Nauen Ende November 2019 rund 1.500 t Mutterboden anfahren lassen. Das sind 68 große LKWs voll. Der Verband ist im Auftrag des Brandenburger Landesamts für Umwelt (LfU) für die Pflege und Wartung der Deiche zuständig. Die Stadt Potsdam ist wie die meisten Kommunen im Einzugsgebiet „Großer Havelländischer Hauptkanal-Havelkanal-Havelseen“ Mitglied des Verbandes. Seit 1. Januar 2019 beträgt der Jahresbeitrag 11,37 Euro je Hektar der Verbandsfläche.

Anlieferung des Mutterbodens

Die neue Erde haben die Arbeiter des Verbands mit Hilfe eines Radladers gleichmäßig auf der Deichkrone verteilt und mit einer Rüttelmaschine und per Hand mit ihren Schippen festgedrückt. „Das war eine aufwändige und sehr besondere Aufgabe“, sagt Maschinist Rene Siegismund, „ansonsten kümmern wir uns um die alltäglichen Sachen.“ Dreimal im Jahr werden alle Deiche (insgesamt 57,6 km) gemäht. Das frisch gesäte Gras auf dem Fahrländer Deich ist eine spezielle Sorte mit starken Wurzeln, um die Deichkrone zusätzlich zu stabilisieren.

Abschlussbesprechung der Deichschau auf dem Deich in Schlänitzsee

Damit das Gras schön gleichmäßig wachsen kann, achten die Deichläufer auch immer darauf, dass keine Bäume oder Sträucher zu viel Schatten auf die Deiche werfen. Ansonsten werden sie entsprechend beschnitten. Totes Holz wird umgehend beseitigt. In Golm müssen demnächst einige Bäume gefällt werden, da sie drohen umzukippen und mit ihrem Wurzelwerk dann den angrenzenden Deich beschädigen würden. Technische Anlagen, wie Schöpfwerke, Absperreinrichtungen und Durchlässe müssen regelmäßig überprüft und gewartet werden.

Tiere können großen Schaden anrichten

Große Sorgen bereiten den Deichpflegern regelmäßig alle möglichen Tiere, die sich in der Nähe und auf den Deichen aufhalten. Immer wieder buddeln Biber, Nutrias und Bisame an den Deichen. Wie z.B. 2016, als sich ein Biber im Schlosspark von Marquardt einen Tunnel quer unter dem Deich hindurch grub. Gegen Biber helfen zum Beispiel spezielle Gitter, die unter Wasser in den Kanälen eingebaut werden.

Frank Paul vertreibt die Wildschweine mit Chili – hier auf dem Marquardter Deich.

Großen Schaden können auch die zahlreichen Wildschweinrotten anrichten, wenn sie anfangen, auf den Deichen zu wühlen. Auf allen Deichen gilt das Jagdrecht, das heißt Wildschweine dürfen dort geschossen werden. Viel wirksamer ist aber das Vergrämungsmittel „Sucrosan“. Der organische Bodenhilfsstoff wird dort ausgestreut, wo Spuren von Wildschweinen zu sehen sind. Der Hauptbestandteil dieser Körner ist Chili. Das mögen Wildschweine überhaupt nicht. Wenn sie es einmal gekostet haben, suchen sie ganz schnell das Weite, wenn ihnen der Geruch wieder in die Nase steigt. „Ein Sack ‚Sucrosan‘ ist richtig teuer, er kostet um die 200 Euro. Das lohnt sich aber, denn wir sparen damit 5.000 bis 6.000 Euro an Reparaturkosten ein“, freut sich Frank Paul. Er ist als Jäger täglich für den Wasser- und Bodenverband Nauen auf den Landesgewässern und Deichen unterwegs, für die der Verband verantwortlich zeichnet.

Rene Siegismund (2.v.l.) mit seinen Kollegen auf dem Deich in Fahrland

Was man selbst tun kann

Ärger bereiten nicht nur wilde Tiere. Immer wieder lassen Hundebesitzer ihre Hunde frei laufen. Nicht selten entdecken die Deichläufer Wühllöcher, die offensichtlich von Hunden stammen. Hundebesitzer sollten verantwortungsvoll sein und ihren Hund auf dem Deich an die Leine nehmen. So ist es auch gesetzlich vorgeschrieben.
Auf Deichen und ihren beidseitigen, fünf Meter breiten Geländestreifen ist das Reiten und Befahren nach dem Brandenburgischen Wassergesetz (BbgWG) §98 genauso verboten wie das „Entfernen der Grasnarbe, das Pflanzen von Bäumen und Sträuchern, das Verlegen von Rohren, Kabeln und Leitungen und das Anlegen von Abgrabungen und Eintiefungen.“


Außer Schafen dürfen keine anderen Tiere darauf weiden. Fahrradfahren auf befestigten Deichen ist erlaubt, soweit der Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt wird. Auf diesen Deichen ist das Fahren auch mit anderen Fahrzeugen ohne Motor erlaubt. Damit sind Verbrennungsmotoren gemeint. Für Pedelecs also freie Bahn! sk

www.wbv-nauen.de

Tipp: Dissertation von Dr. Ramona Simone Dornbusch „Landschaft als Kulturgut. Zum Aussagewert der aktuellen Kulturlandschaft, dargestellt am Beispiel der Gemarkung Fahrland mit vergleichenden Aspekten zur Gemarkung Satzkorn“: https://opus4.kobv.de/opus4-euv/frontdoor/deliver/index/docId/56/file/Dornbusch.Ramona.pdf

Der Wasser- und Bodenverband Nauen unterhält:

Für seine Mitglieder:
2.116 km Gewässer II. Ordnung, davon ca. 22 km verrohrt
35 Schöpfwerke mit öffentlichem Interesse
663 Stauanlagen, davon 36 Wehre
2.043 Durchlässe
Im Auftrag des LfU:
73,5 km Gewässer I. Ordnung
13,5 km Druckwassergräben
57,6 km Hochwasserschutzdeiche

Früher und heute

Zum Ackerland wurde das Gelände des „Rohrbruchs“ westlich des Fahrlander Sees erst mit dem Bau der Deiche. Vorher grasten nur Kühe und Schafe auf den feuchten Wiesen. Jedes Jahr waren sie monatelang überflutet und dann überhaupt nicht nutzbar. Mit der Zeit legten die Fahrländer immer mehr Gräben an und versuchten so, das viele Wasser abzuleiten.

Geologisch-landwirschaftliche Ansicht von Fahrland (1867) Karte: Untere Denkmalschutzbehörde Potsdam

Mit dem Bau des Deiches am Westufer 1953 und des Schöpfwerks an seinem nördlichen Ende veränderte sich das Landschaftsbild deutlich. Auf den nun trockenen Flächen legte die Gärtnerische Produktionsgenossenschaft «Neuer Obstbau» Apfel- und Kirschplantagen an. Für die industriemäßige Bewirtschaftung in Monokultur mussten zahlreiche Feldgehölze und offene Gräben beseitigt werden. Nach der Wende kam es zu starken Absatzeinbrüchen. Mit den Erfordernissen der Marktwirtschaft und der Konkurrenz aus Holland konnte die hiesige Obstproduktion nicht mithalten. Eine Fällprämie tat ihr übriges. Nun gibt es nur noch wenige Obstplantagen. Getreide- und Rapsanbau dominieren.

Von den Deichen vor Überflutung geschützte Fläche (gelb) Karte: LfU (GeoBasis-DE/LGB, 2019, dl-de/by-2-0, Daten verändert)