Die Landeshauptstadt nutzt ihr Potential für den Wohnungsbau nicht, sagt Jan Jacobi (CDU)

Seit einem knappen Jahrzehnt leidet die Potsdamer Bevölkerung unter den Folgen der Wohnungsnot in ihrer Stadt. Immer mehr Menschen können sich das Wohnen in der Stadt nicht mehr leisten. Seit Jahren beteuert die Rathauskooperation aus SPD, Grünen und Linken, die Linderung der Wohnungsnot zähle zu den Hauptaufgaben ihrer Regierungspolitik. Auf einen „Wumms“ im Wohnungsbau wartet man jedoch vergeblich. Die von Oberbürgermeister Schubert verfolgte „Strategie des behutsamen Wachstums“ stellt lediglich die Fortsetzung der Wohnungspolitik der letzten Jahre dar, die der Stadt einen defizitären Wohnungsmarkt beschert hat und ihre Gesamtfunktion zunehmend gefährdet.

Infolge des dynamischen Bevölkerungswachstums der letzten Jahre, sind der Nachfrage- und Preisdruck auf den Potsdamer Wohnungsbestand und somit der Verdrängungsdruck auf die angestammte Bevölkerung signifikant gestiegen und folglich auch der Preisdruck, insbesondere auf Haushalte der unteren und mittleren Einkommensschichten. Ferner hat der Konkurrenzkampf um Wohnungen dazu geführt, dass in der Bevölkerung zunehmend feindliche Haltungen gegenüber Zuzüglern und auch Flüchtlingen zu beobachten sind. Die Zeit der bedingungslosen Willkommenskultur einer weltoffenen und vielfältigen Stadtgesellschaft scheint passé.
Auch der Wirtschafts- und Bildungsstandort Potsdam leidet, da für die Rekrutierung neuer Fachkräfte für dringend zu besetzenden Positionen schlichtweg der Wohnraum fehlt, und verspielt somit seine Attraktivität für die Ansiedlung neuer oder das Wachstum bestehender Unternehmen oder auch Einrichtungen der öffentlichen Daseinsfürsorge. Auch auf das Klima wirkt sich die Wohnungsnot negativ aus, da infolge von Verdrängung immer mehr Menschen in das Umland abwandern müssen, deren beruflicher und gesellschaftlicher Lebensmittelpunkt weiterhin in Potsdam liegt. Daraus folgen höhere Infrastruktur- und Mobilitätsbedarfe für die Erschließung des ländlichen Raums und die damit verbundenen Ressourcenverbräuche und erhöhten CO2-Ausstöße.

Jan Jacobi (CDU Potsdam) kritisiert die Wohnungsbaupolitik der Rathaus-Kooperation und sieht ungenutzte Potentiale im Stadtgebiet Potsdams.

Jan Jacobi (CDU Potsdam) kritisiert die Wohnungsbaupolitik der Rathaus-Kooperation und sieht ungenutzte Potentiale im Stadtgebiet Potsdams.
Foto: Claudia Basermann, bildschoen Fotografie

Das sind also die aktuellen Zwischenergebnisse einer behutsamen Stadtentwicklung, die angeblich der sozialen Wohnraumversorgung, dem Umwelt- und Klimaschutz, der Wirtschaftsförderung und dem Wohlstand dienten soll.
In der nächsten Dekade dürfte sich die Situation noch weiter zuspitzen. Nachdem Potsdam in den letzten zehn Jahren um rund 25.000 Einwohner gewachsen ist, sollen bis 2030 weitere 23.000 und bis 2040 sogar zusätzliche 38.000 Einwohner folgen. Einwohner, die die Stadt auch dringend benötigt, um ihre Funktion auch künftig gewährleisten zu können, die eine Entspannung auf dem Wohnungsmarkt nicht erwarten lassen.
In den letzten 10 Jahren wurden in Potsdam durchschnittlich 1.500 Wohnungen pro Jahr fertiggestellt, maßgeblich durch die Entwicklung des Bornstedter Feldes oder Nachverdichtungen in der Innenstadt, die von gemeinsamen Kraftanstrengungen kommunaler und privater Wohnungsbauakteure getragen waren. Darauf kann man natürlich durchaus stolz sein, wenn man beim Thema Wohnungsnot, wie die Mitglieder der Rathauskooperation, in den Mustern einer egozentrisch veranlagten und unsolidarischen Provinzstadt denkt. Tatsächlich muss man über dieses Ergebnis hochgradig enttäuscht sein, wenn man als Oberbürgermeister der Landeshauptstadt des immerhin viertgrößten Flächenlandes der Bundesrepublik, eine größere solidarische Verantwortung und Vorbildfunktion auch auf Landes- oder Bundesebene bei sich sehen würde.
Potsdam könnte und sollte einen größeren Beitrag zur Bewältigung der Wohnungskrise in Deutschland leisten. Zumal die von der Ampel-Koalition ausgerufene Wohnungsbauoffensive mit 400.000 Neubauwohnungen pro Jahr auf die persönliche Initiative von Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) zurückzuführen ist, die mit Schubert nicht nur das gleiche Parteibuch, sondern auch den Hauptwohnsitz in Potsdam teilen. Doch mit 1.500 Neubauwohnungen pro Jahr wird Schubert nur jämmerliche 0,375% zu den Zielen der Neubauoffensive beitragen können, wenn es denn gut läuft.
Schon die Erreichung dieses bescheidenen Beitrags dürfte für Schubert und die Rathauskooperation künftig vor große Herausforderungen stellen. Seit Schuberts Amtsantritt ist die Zahl der in Potsdam genehmigten Neubauwohnungen und somit der Bauüberhang insgesamt rückläufig. Zugleich haben sich im aktuellen Inflationszeitalter die Herstellungskosten im Wohnungsbaugewerbe massiv erhöht, bei zudem steigenden Baufinanzierungskosten und stagnierenden Ertragsaussichten. Infolgedessen werden derzeit zahlreiche Wohnungsbauvorhaben zurückgestellt, weil deren Wirtschaftlichkeit einfach nicht mehr gegeben ist. Erst recht nicht in einer Stadt, die ihre Wohnungsbauakteure bei der Erteilung von Baugenehmigungen mit zusätzlichen Bauauflagen förmlich überschüttet und damit die Herstellungskosten und den Druck hohe Mieten- und Kaufpreise verlangen zu müssen, noch weiter erhöht.

Auch mit seinen Visionen für ein Wohnquartier in der Pirschheide, welches mit der Abholzung eines rund zehn Hektar großen Waldgebietes verbunden gewesen wäre, ist Schubert bereits gescheitert, da ihm das Land Brandenburg die hierfür benötigten Flächen nicht verkaufen wollte. Ebenfalls schlecht läuft es in Krampnitz, wo Anwohner den Bau einer Tram-Trasse über ihre Grundstücke blockieren, oder Umweltverbände gegen die mit dem Projekt verbundenen Umwelteingriffe klagen wollen. Deshalb ist man sich unter Fachleuten schon heute einig, dass in Krampnitz bis zum Jahr 2029 sehr wahrscheinlich keine 10.000 Menschen mit neuem Wohnraum versorgt werden. Bis dahin dürften noch nicht einmal die gegen das Quartier zu erwartenden Klageverfahren abgeschlossen sein.
Wenn sich nun die Bevölkerungsprognosen bewahrheiten und zugleich die Neubaufertigstellungen auf dem bisherigen Niveau stagnieren oder gar rückläufig sind, könnten sich die von der Wohnungsnot ausgehenden Spannungen in der Stadt weiter verschärfen und auf die Rathauskooperation ein wohnungspolitischer Tsunami zurollen.
Deshalb braucht Potsdam eine dringende Korrektur seiner Stadtentwicklungs- und Wohnungsbaupolitik. Weg vom behutsamen Wachstum, hin zu einem dynamischen aber verantwortungsbewussten Wachstum. Dieses Wachstum muss durch innerstädtische Nachverdichtung forciert werden und alle Marktak-teure einbinden, im Rahmen eines Wohnungsbaubündnisses zwischen der öffentlichen Hand und den kommunalen und privaten Wohnungsbauunternehmen. Nur auf diese Weise werden sich die Ziele einer sozialen Wohnraumversorgung, dem Umwelt- und Klimaschutz, einer lebendigen und lebenswerten und prosperierenden Stadt zum Wohle der Allgemeinheit darstellen lassen.

Potsdam hat auch den Raum für eine Stadtentwicklung im vorgenannten Sinne. Dieser befindet sich im Bereich zwischen südlicher Innenstadt, den südlichen Ausläufern Babelsbergs, der Teltower Vorstadt, dem Schlaatz und der Waldstadt. Er würde ein rund 68 Hektar großes Entwicklungsgebiet umfassen, welches momentan durch Kleingärten und einzelne Gewerbebetriebe genutzt wird, oder ungenutzt brachliegt. Der dortige Grund und Boden in zentraler Lage und mit seiner bereits vorhandenen Grundinfrastruktur, erfüllt momentan nur untergeordnete Funktionen und bietet damit sämtliche Voraussetzungen, um die aktuellen Probleme und Aufgaben der Stadt zu lösen. In diesem Gebiet wäre die Schaffung eines verdichteten und bunt durchmischten Stadtteils für Wohn-, Gewerbe- und Kulturnutzungen, in Verbindung mit öffentlichen Parks, Schulen, Kitas und auch neuen Fuß- und Radwegebeziehungen zwischen den oben genannten Stadtteilen sinnvoll. Bis zu schätzungsweise 25.000 Menschen könnten hier einmal leben und arbeiten, sich weiterbilden oder auch erholen und somit eine viel größere Solidarfunktion für die Stadt und ihre Gesellschaft leisten, als das mit den aktuellen Nutzungen der Fall ist.

Wer die Transformation Potsdams zu einer sozialen und ökologisch nachhaltigen, aber auch weiterhin prosperierenden, weltoffenen und vielfältigen Landeshauptstadt mit Vorbildfunktion vorantreiben möchte, der muss solche städtebaulichen Entwicklungen heute umsetzen und der Bevölkerung kommunizieren, dass die damit verbundenen städtebaulichen Konflikte und Wachstumsschmerzen letztlich den Transformationszielen dienen, die die Menschen von der Politik heute erwarten, die von ihnen deshalb auch mitgetragen werden müssen. Nur auf diese Weise kann die Transformation zu einer weiterhin freien, nachhaltigen und wohlhabenden Gesellschaft in Potsdam gelingen und die Landeshauptstadt ihrer Funktion und Verantwortung gerecht werden.

Jan Jacobi
CDU Stadtbezirksvorsitzender
Drewitz-Stern-Kirchsteigfeld
Kreisvorsitzender der CDA Potsdam (Sozialflügel der CDU)