Lassen Baupläne den Ortsteil hinter Betonwänden verschwinden?

Sicher ist, dass ein sehr großer Möbelmarkt mit einer Verkaufsfläche von über 30.000 qm und ein kleinerer Möbelmarkt neben dem Baumarkt Hornbach auf dem Gewerbehof am Friedrichspark kommen werden. Ziel der Stadt ist es, den Friedrichspark zwischen Marquardt, Satzkorn und Paaren zu einem prosperierenden Gewerbegebiet zu entwickeln. Allein die Rahmenbedingungen sind noch unklar und werden aktuell wieder zwischen der Potsdamer Stadtplanung, den beteiligten Ortsbeiräten und dem Bauausschuss diskutiert. Weil die Ausrichtung der alten Bebauungspläne den neuen Erfordernissen wie so oft nicht mehr gerecht wird, soll jetzt ein ganz neuer Bebauungsplan her. Einzelhandel, Freizeit- und Vergnügungsstätten wurden als Planungsziele verworfen. Jetzt wird ein reines Gewerbe- und Logistikzentrum geplant. Großen Logistikunternehmen à la Zalando, Amazon oder DHL könnte das gefallen, liegt doch der Friedrichspark direkt an der Autobahnabfahrt Potsdam Nord.


Ursprünglich wollte die Stadtverwaltung auch jeglichen Einzelhandel auf dem Gewerbegelände verbieten. Die Ortsbeiräte der betroffenen Ortsteile haben aber
schon im letzten Frühjahr gemeinsam einen Supermarkt eingefordert. „Zum Einkaufen fährt man derzeit nach Bornstedt, Ketzin oder gar in den Havelpark. Das ist zu weit. Wenn zum Baumarkt und zu den Möbelmärkten sowieso schon sehr viele Kunden fahren, macht ein Supermarkt in der Nachbarschaft doppelt Sinn“, ist Susanna Krüger, stellvertretende Ortsvorsteherin von Satzkorn, der Meinung. Hierin konnten die Ortsbeiräte die Stadtverordneten überzeugen. Im neuen Bebauungsplan wird jetzt eine Fläche für einen kleinen Supermarkt reserviert.
Die anderen Forderungen der Ortsbeiräte werden weiter kontrovers diskutiert, aktuell in den letzten Bauauschusssitzungen. Vor allem der Satzkorner Ortsbeirat verteidigt die Voten der Ortsbeiräte, die ursprünglich von den Ortsteilen in den meisten Punkten gemeinsam gefasst wurden. 18 Satzkorner Einwohner leben unmittelbar neben dem zu planenden Gewerbegebiet in der Bahnhofssiedlung. Die Bewohner müssen sich jetzt schon mit den Lärm-, Staub- und Abgasbelastungen von der Eisenbahn, den ansässigen Bauunternehmen und der Autobahn arrangieren. Sie befürchten, es ohne jeglichen Schutz vor dem neuen Logistikpark dort nicht mehr auszuhalten. Eine große Grünäche mit Lärmschutzwall könnte die Wohnbebauung von dem Gewerbegebiet abschirmen.
Eine Höhenbeschränkung auf 15 bis 20 Meter im südlichen Bereich scheint aus städtebaulicher Sicht sinnvoll. Krüger, die selbst Anwohnerin ist, meint: „Eine 30 Meter hohe Halle in unmittelbarer Nachbarschaft zur Bahnhofssiedlung würde die Häuser regelrecht erschlagen“.


Im nördlichen Bereich sollen sogar 60 Meter hohe Gebäude erlaubt sein. Zum Vergleich: Das höchste Hochregallager Europas steht in Polen und ist 45 Meter hoch. Der Satzkorner Ortsbeirat sagt: „Das passt nicht in unsere Landschaft. Und auch zu einem so großen Gewerbegebiet mit einigen hundert Arbeitsplätzen und sehr vielen Kunden muss ein Bus fahren. Das wird für die Stadt Potsdam selbstverständlich sein. Die vorhandene Bushaltestelle am Fährweg ist mit 1.400 Metern zu weit weg. Der deutlich kürzere, wilde Trampelpfad an der Autobahnauffahrt – eine extreme Gefahrenquelle. Die Planer müssen hier bald eine gute Lösung finden.“


Den Ortsbeiräten war auch wichtig, auf den 66-Seen-Wanderweg hinzuweisen, der an der östlichen Grenze des Friedrichsparks entlang führt. Ein einfacher Bürgersteig neben einer viel befahren LKW-Straße würde den Abschnitt extrem unattraktiv machen. Hier bietet sich die Chance für die Touristik-Stadt Potsdam, Brandenburgs Hauptwanderweg bewusst zu gestalten und zu zeigen, wie gute Landschaftsplanung gelingen kann.
Weitere Vorschläge der Ortsbeiräte bezogen sich auf den zu erhaltenden Baumbestand, mögliche Ausgleichsflächen und eine Regelung zum nächtlichen Parken der LKW. Es muss verhindert werden, dass schwere LKW die Straße des Friedens in Satzkorn als Zufahrt zum Gewerbegebiet nutzen, denn diese führt durch ein reines Wohngebiet.
Peter Roggenbruk, Ortsvorsteher von Marquardt, plädierte kürzlich im Bauausschuss für einen ganz anderen Weg. Man solle den Investoren freie Hand lassen und dürfe die wirtschaftliche Entwicklung nicht behindern, so Krüger.
„Nach der Idee der Stadt darf das Gebiet zu 80% bebaut werden und alle Flächen – bis auf die Möbelmärkte – in reines Gewebegebiet umgewandelt. Die Gebäude dürfen in den meisten Flächen 30 Meter hoch sein, im Schnitt 5 Meter höher als im alten Bebauungsplan. Das alles führt zu einer erheblichen Wertsteigerung. Schätzungen gehen von einem Verkaufswert um die 36 Millionen Euro aus. Man sollte meinen, da dürfte etwas übrig sein, um das Gewebegebiet für die umliegenden Ortsteile und alle öffentlichen Interessen verträglich zu gestalten“, fordert Krüger ein.

sts