Gesundheitstipps für die bessere Bewältigung des Alltags

Seit vier Jahren gibt es in Potsdam das Netzwerk für ganzheitliche Gesundheit. Besonders seit Beginn der Coronazeit geben die 50 Expert:innen jeden Monat Tipps, Anregungen und Übungen für körperliche und mentale Gesundheit. Denn es ist bekannt, dass nur ein entspannter und vitaler Allgemeinzustand dazu führt, dass wir glücklicher sind, seltener krank werden oder in seelische Not geraten. Wie aber ist es möglich, angesichts der vielen beunruhigenden Nachrichten und damit verbundenen Gefühlen von Hilflosigkeit, Wut, Angst, Unsicherheit, Orientierungslosigkeit und Überforderung angemessen zu reagieren? Kann man es lernen, besser damit umzugehen? Ja, man kann.

Gefühle als Teil des kollektiven Bewusstseins

Jeden Tag schauen wir auf einen Bildschirm, ob es der Fernseher, der Computer oder das Handy ist, lassen uns berieseln und von dem beeinflussen, was wir sehen und hören. Je nachdem für welches Programm wir uns entscheiden, wählen und ahnen wir auch schon die Reaktion unseres Nervensystems. Natürlich kann jeder selbst entscheiden, wie viel Aufregung er oder sie gerade braucht oder möchte, sei es im Kino, Fernsehen oder auf der Playstation, das Nervensystem wird aktiviert und eine prompte Reaktion folgt.


„Wenn ein traumatisierter Mensch ein Re-trauma erlebt, ist er oft nicht in der Lage, den Bildschirm auszustellen“, so die Körperpsychotherapeutin Saleha Ruck. „Kürzlich habe ich mir Medien-Fasten auferlegt, genau in der Zeit, als der Krieg in der Ukraine begann. Ich wusste nichts davon und dennoch träumte ich fünf Nächte hintereinander von Hoffnungslosigkeit, Dunkelheit, Angst, Schrecken und Flucht. Ich war sehr verwundert und in großer Unruhe über diese Träume und dachte, es hätte mit der Vulkaninsel Lanzarote zu tun, auf der ich mich befand. Als ich begann, Informationen aus den Medien, von Freunden und Klienten zu sehen und zu hören, wurde mir bewusst, dass die Träume offenbar mit dem Kriegsbeginn zu tun hatten. Die überwältigenden Erfahrungen meiner Eltern, Großeltern aus dem Krieg, worüber sie nicht oder nur selten gesprochen haben, waren in meinem Unterbewusstsein abgespeichert.“
Durch diese Ereignisse sind aktuell bei vielen Menschen die kollektiven Kriegserinnerungen wieder an die Oberfläche gespült worden. Saleha Ruck konnte hier zum ersten Mal fühlen, was kollektives Bewusstsein ist. Es ist gut, verbunden und in Gemeinschaft über die Betroffenheit zu sprechen, zu fragen wie es anderen, auch den alten Menschen geht und empathisch zuzuhören.

Nervensystem wieder in Balance bringen

Es gibt viele Möglichkeiten bei überwältigenden Gefühlen das Nervensystem wieder in Balance zu bringen. Wenn gesunde Menschen zu Saleha Ruck in die Praxis kommen, dann schlägt sie drei Grundübungen vor, die sich bewährt haben:

Erstens: Machen Sie mit ihren Armen schwingende Achterschleifen vor Ihrem Körper, atmen Sie gleichmäßig ein und aus, verankern Sie sich dabei gut mit den Füßen auf der Erde, und schauen Sie den Achterschleifen nach.
Zweitens: Sie haben einen Talisman in ihrer Tasche oder einen anderen vertrauten Gegenstand. Halten Sie diesen in der Hand und werden still. Sie können auch die Augen schließen, je nachdem was Ihnen Sicherheit bietet, und gehen innerlich an einen Wohlfühlort, zu Hause im Sessel oder in der Natur am Wasser. Dann konzentrieren Sie sich nur auf den Atem in folgendem Rhythmus:
vier Atemzüge einatmen, sechs Atemzüge ausatmen. Je länger Sie ausatmen, desto besser kann Ihr Nervensystem sich beruhigen und regenerieren. Wenn das nicht geht, dann summen Sie ein Lied vor sich hin.
Drittens: Sie stehen fest mit den Füßen auf dem Boden, Knie leicht gebeugt, ein Arm und die Hand strecken sich nach oben Richtung Himmel, der andere Arm und die Hand strecken nach unten Richtung Erde, und Sie fühlen sich verbunden mit Himmel und Erde, schließen die Augen und atmen gleichmäßig. Vielleicht wollen Sie die Arme einmal wechseln, und das können Sie so lange machen, bis Sie eine innere Ruhe verspüren.

Wie Menschen Krisen empfinden und bewältigen hängt nicht nur davon ab, wie sehr sie in sie involviert sind, sondern wie sehr sie sie an sich heranlassen und sie bewerten. Kinder gehen oft anders mit Krisen um als Erwachsenene. Sie scheinen resilienter zu sein, weil sie (unbewusst) eine andere Haltung einnehmen. Die eigene Position zu einer Situationen ist daher für das individuelle Wohlbefinden mitbestimmend.

In die Handlungsfähigkeit kommen

Trotz der allgegenwärtigen Krisenmeldungen sagt die Ayurveda-Medizinerin Gabriele Oppermann: „Ich besitze die Fähigkeit, mich nicht von etwas überwältigen zu lassen. Körperlicher wie seelischer Schmerz vergehen bei guter Pflege und Ruhe. Es bedarf Mut und Zuversicht, Plötzliches und Unerwünschtes einfach geschehen zu lassen und darauf angemessen und vor allen Dingen gelassen zu reagieren. Man bezeichnet diese Fähigkeit fachsprachlich auch als Resilienz.“
„Gefühle können Stressauslöser sein, wenn sie anhalten. Wir können einen Umgang damit finden, indem wir ihnen gegenüber eine annehmende Haltung einnehmen“, weiß Katharina Höricke und empfiehlt stille Übungen zur Selbstwahrnehmung. Und Andreas Fiedler ergänzt: „Wir sind Verbindungswesen und brauchen positive geistige und körperliche Kontakte, Menschen, die wir berühren und die uns berühren.“
Schockstarre kann zu Handlungsunfähigkeit führen. Das Rezept von Michael Schmidt heißt: „Versuchen Sie in die Handlung zu kommen. Wie funktioniert das? Indem wir unseren Verstand einschalten und uns sinnvoll engagieren.“ In der Mediathek des Netzwerks gibt es einige Videos und Texte von Kolleg:innen, die hilfreiche und praktisch anwendbare Hinweise geben.

Netzwerk für ganzheitliche Gesundheit

www.ganzheitlich-gesund-potsdam.de