Viel Geschichte rund um den Pfingstberg –  3. Teil der Serie „Potsdams Berge“

Mit seinen 76 Metern ist der Pfingstberg die höchste Erhebung der sogenannten Insel Potsdam.
Das alles beherrschende Bauwerk des Pfingstberges ist das Belvedere, durch dessen zwei Türme er auch aus der Ferne gut zu erkennen ist. Das Belvedere hat kaum nutzbare Räume, weshalb man es getrost als Schauarchitektur bezeichnen kann. Im Erdgeschoss befindet sich heute eine Dauerausstellung zur Geschichte des Belvederes. An weiteren Räumen gibt es nur noch das Römische Kabinett im Westturm und das Maurische Kabinett im Ostturm.
Den Innenhof der Anlage bildet ein Wasserbassin, in das aus dem Jungfernsee Wasser gepumpt wird. Durch das von dort in Rohren herabfließende Wasser werden die Bewässerung und die Wasserkünste im Neuen Garten ermöglicht.
Etwas weiter südöstlich befindet sich der Pomonatempel, der als das Erstlingswerk des damals noch unbekannten Karl Friedrich Schinkel gilt. Das Bauwerk befand sich damals in einem privaten Weingarten und ist nach der römischen Schutzgöttin des Obstanbaus benannt.

Das Belvedere auf dem Pfingstberg

Das Belvedere auf dem Pfingstberg
Fotos: W. Mörtl

Vom Pfingstberg gibt es wiederhergestellte Sichtachsen, so unter anderem zum Hofgärtner- und Maschinenhaus im Park Klein Glienicke und zum Flatow-Turm auf dem Babelsberg. Auf diesem wie auch am Pfingstberg finden sich eine Reihe prachtvoller Villen.
Aus der Ferne ist neben den Türmen des Belvederes der Turm der Villa Henckel, Große Weinmeisterstraße 43, zu sehen, die 1868 bis 1870 für den Berliner Bankier Hermann Henckel erbaut wurde.
In der Nähe des Jüdischen Friedhofs befindet sich in der Puschkinallee 17 die Villa Gericke. Sie wurde 1892 für »Frau Stadträtin E. Gericke« errichtet. Von den vielen Schmuckelementen am Gebäude soll stellvertretend das Relief am Sockel des Turmes genannt werden, zu dem wesentlich Christian Daniel Rauch beigetragen hat. Übrigens sind Zirkel und Dreieck in der hölzernen Verzierung der Giebel keine Hinweise auf die Freimaurerei, wie teilweise gemutmaßt wird, sondern das Berufswappen der Baumeister und Architekten.

Der Kreuzstein bei der Villa Lepsius

Der Kreuzstein bei der Villa Lepsius

In der Parkanlage des Pfingstbergs befindet sich in der Großen Weinmeisterstraße 44 die Villa Lepsius, in der 1908 bis 1926 der evangelische Theologe und – wie man heute sagen würde – Menschenrechtler Johannes Lepsius wohnte und arbeitete. Heute befindet sich in der Villa eine deutsch-armenisch-türkische Begegnungsstätte. Neben der Villa steht seit 2010 ein geweihter armenischer Kreuzstein. Auf seiner Vorderseite ist ein Kreuz als Lebensbaum dargestellt, auf seiner Rückseite trägt er die Inschrift: Erleuchte Herr ihre Seelen
Von diesem Ort in Potsdam führte Dr. Johannes Lepsius (1858 – 1926) seinen Kampf gegen den Völkermord an den Armeniern.

Die Russensauna im Keller der Villa Quandt

Die Russensauna im Keller der Villa Quandt

Der abschließende, auf Altarmenisch geschriebene Satz lautet: »Erleuchte Herr (die) Seelen deiner Diener«.
In unmittelbarer Nähe der Villa Lepsius befindet sich in der Großen Weinmeisterstraße 46 die Villa Quandt. 1945 wurde das Gelände von der Roten Armee besetzt und die Villa als Heizhaus und Sauna genutzt. Nach der Sanierung 2006/07 zog das Theodor-Fontane-Archiv in die Villa ein. Bekannter ist jedoch die sogenannte Russensauna, die sich immer noch im Keller des Gebäudes befindet.

Der Blick vom Pfingstberg auf den Flatow-Turm

Der Blick vom Pfingstberg auf den Flatow-Turm

Nach Beendigung der Potsdamer Konferenz beschlagnahmte die Sowjetische Militäradministration in Potsdam und der näheren Umgebung mehrere Bereiche. Mehr als 20 dieser Objekte wurden Militärstädtchen genannt und mit Nummern versehen. Ein etwa 16 Hektar großes Gebiet am Fuße des Pfingstberges wurde für die sowjetischen Streitkräfte und den Geheimdienst eingerichtet und erhielt die Bezeichnung »Militärstädtchen Nr. 7«. Es erlangte eine besondere Bedeutung, denn es entwickelte sich mit der Zeit zu einer kleinen Sowjetunion. Das Gelände wurde durch Mauern, Wachtürme und Schussanlagen abgeschirmt und mit einer eigenen Infrastruktur sowie eigenen Straßennamen versehen.
In der – wie die Potsdamer sagten – »Verbotenen Stadt« lag auch das ehemalige Kaiserin-Augusta-Stift, eine Höhere Töchterschule, die von der Gemahlin Kaiser Wilhelms I. gegründet worden war. Ab 1945 wurde in diesem Gebäude die Hauptverwaltung der militärischen Spionageabwehr bei den sowjetischen Streitkräften in Deutschland aufgebaut. Der ehemalige Sitz der Evangelischen Frauenhilfe (heute Leistikowstraße 1) wurde dabei zum zentralen Untersuchungsgefängnis der Spionageabwehr umfunktioniert. Heute befindet sich dort eine Gedenk- und Begegnungsstätte. Seit dem Frühjahr 1995 ist das Gebiet wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. 2014 wurde um die ehemalige Geheimdienststadt ein 2,5 Kilometer langer Geschichtspfad angelegt. Auf 14 Informationstafeln werden die wenigen restlichen Spuren beschrieben und die Nutzung des Areals bis 1945 sowie von 1945 bis 1991 und heute erläutert.
1743 wurde am Fuße des Pfingstberges ein Jüdischer Friedhof eröffnet. Auf ihm befinden sich heute etwa 800 Gräber, 532 davon gehören zum Altbestand. Der Friedhof kann – außer an Sonnabenden und den jüdischen Feiertagen – besichtigt werden. Auf den Grabsteinen werden häufig kleine Steine abgelegt. Dafür gibt es verschiedene Erklärungen. Deren gemeinsamer Kern besteht in etwa darin, dass die abgelegten Steinchen ausdrücken sollen: Ich war hier, habe dich besucht und an dich gedacht.
Sehr interessant sind die Inschriften und Symbole auf jüdischen Grabsteinen. Ein hebräisch geschriebener Schlusssegen fehlt fast nie: תנצ‘ב‘ה. Er besagt: »Möge seine/ihre Seele eingebunden sein in das Bündel des Lebens« oder anders formuliert: „Du bist in Gedanken immer noch bei uns.“
1910 erhielt der Friedhof eine neoklassizistische Trauerhalle. An und in der Trauerhalle sieht man die bekanntesten jüdischen Symbole, den Davidsstern und die Menora (den siebenarmigen Leuchter).
Im »Bergführer Potsdam« finden Interessierte noch weiterführende Informationen zum Pfingstberg.

W. Mörtl