Worauf es beim Uferkonflikt ankommt
Es war ein heißer Tag, da ist die Stimmung ohnehin gereizter. Ich unterhielt mich auf dem Uferweg mit einem Ufereigentümer und erlebte, wie es im Handumdrehen zu einem heftigen Schlagabtausch kam. Spaziergänger und Eigentümer gerieten in einen Streit, bei dem verbal ziemlich geholzt wurde. Mich hat die Szene erschreckt, weil spürbar war, wie angespannt die Lage ist.
Am selben Nachmittag hatte die Initiative „Freier Uferweg“ ihr drittes Uferpicknick veranstaltet. In diesem Jahr waren die Organisatoren etwas spät dran – mitten im Badebetrieb an einem heißen Junitag ist es schwierig, das Augenmerk auf so eine Veranstaltung zu lenken. Aber es gab ein gewichtiges Thema. Im Ortsbeirat ist eine Diskussion entbrannt, ob man beim Uferkonflikt mit einer anderen Strategie schneller vorankommt. Wenn die Stadt landschaftsgeschützte Uferflächen als freie Landschaft deklariert, könnten sie betreten werden, auch wenn sie im Privateigentum sind: Darauf zielt ein Antrag ab, den Andreas Menzel im Ortsbeirat gestellt hat.
Die Rechtslage ist da etwas kompliziert, sodass dieser juristische Kniff auf den ersten Blick interessant erscheinen mag. Doch kundige Juristen warnen: ein dauerhaftes Betretungsrecht von Privatland wird dadurch nicht erreicht. Am Griebnitzsee hat es solche Versuche gegeben – mit dem Ergebnis, dass schließlich alles gesperrt war: das Ufer und der Weg. Im Übrigen würde sich nur bei ein paar Uferflächen die Frage stellen, ob sie als freie Landschaft deklariert werden könnten. Ein durchgängig freier Uferweg wäre damit noch lange nicht erreicht.
Nein: der Gedanke hilft bei der Lösung des Uferkonflikts keinen Zentimeter weiter. Der Weg, den der Ortsbeirat in seiner großen Mehrheit schon 2009 eingeschlagen hat, ist der einzig vernünftige: Entlang des gesamten Seeufers soll es einen öffentlichen Uferweg geben, entweder durch Verträge zwischen Stadt und Eigentümern (bei denen der Verlauf des Weges ausgehandelt wird) oder durch eine Dienstbarkeit, die auf dem Rechtsweg durchgesetzt wird. Die Stadt hat erhebliche Uferflächen erworben, nicht zuletzt durch erfolgreiche Verhandlungen mit der bundeseigenen Bima. Dadurch gibt es zum Teil weitläufige Uferflächen in städtischem Besitz. Hier kommt man bis ans Ufer. Dazwischen aber gibt es Bereiche jenseits des Uferweges, die im Privateigentum sind. Diese Flächen kann man nicht gegen den Willen der Eigentümer betreten.
Das ist der Kern des Kompromisses, der auf der Basis des Bebauungsplans juristisch durchsetzbar sein wird: Die Eigentümer müssen das öffentliche Wegerecht hinnehmen, die Öffentlichkeit akzeptiert, dass private Uferzonen nicht allgemein zugänglich sind. Nur mit diesem Interessenausgleich erreichen wir den Rechtsfrieden und den sozialen Frieden, mit dem sich die Verhältnisse in der Uferzone entspannen können. Wir sollten gar nicht erst überlegen, von diesem Weg abweichen zu wollen!
Birgit Malik und ich haben im Ortsbeirat einen Antrag eingebracht, der die Konzentration auf den freien Uferweg noch einmal bekräftigen soll. Nach unserer Überzeugung gehört dazu auch die Überlegung, wie man dafür sorgt, dass öffentliche Uferzonen von privaten unterschieden werden. Vielleicht durch eine Parkordnung mit Schildern? Und dann wollen wir noch etwas anderes erreichen: dass man in öffentlichen Uferzonen vom Weg aus den See nicht mehr sehen kann, weil das Ufer blickdicht zugewachsen ist, ist eigentlich ein Witz. Es soll ja kein Waldweg sein, sondern ein Uferweg.
Übrigens hat mich bei dem Uferstreit an jenem heißen Junitag noch etwas anderes gestört: Die Spaziergänger behaupteten, es sei ihr Recht, über den Weg zu gehen. Das trifft auf viele Abschnitte des Weges inzwischen zu, aber nicht auf alle. Es gibt Wegstrecken, auf denen das Wegerecht noch nicht erreicht ist, die Wegnutzung aber geduldet wird. Auch das sollte man bedenken, wenn man den Weg nutzt und sollte es respektieren.
Ruhe bewahren: das gehört auch zu den Tugenden, die für die erfolgreiche Bewältigung des Uferkonflikts nötig sind.
Winfried Sträter