Es ist der erste sommerliche Tag des Jahres im Frühling. Die sich entfaltenden Blätter der Bäume und Sträucher haben das Uferareal am Luftschiffhafen in eine gelbgrüne Idylle verzaubert. Von der Havel weht eine frische Briese herüber am Morgen.

Schon um 9.00 Uhr wartet im Sportpark Luftschiffhafen Teresa Zurek. Die 19-jährige Bornstedterin ist Geherin. Ihre Trainerin, Manja Berger, Disziplintrainerin im Deutschen Leichtathletik Verband, hatte das Interview mit der Deutschen Hallenmeisterin, die im Vorjahr auch Vizeeuropameisterin der U20 wurde, ermöglicht.

Jetzt strömen von allen Seiten junge Menschen zum Stadion und in die Hallen. Es sind die Schülerinnen und Schüler der Potsdamer Sportschule „Friedrich Ludwig Jahn“. Das tägliche Hochleistungstraining beginnt. Gleichzeitig stehen Abiturprüfungen an. Um das Schulpensum neben dem täglichen Training zu schaffen, wurde das Lernprogramm auf vierzehn Klassen verteilt. Geschenkt wird den Schülerinnen und Schülern dabei nichts.

Das junge und motivierte Team der Geher(innen), hier stimmen Erfolg und Teamgeist

Die ganze Trainingsgruppe trifft sich im Stadiondurchgang. Der POTSDAMER begrüßt Teresa und die anderen Athletinnen und Athleten des C-Kaders. Mit dabei Saskia Feige, Carolin Kirchner, Julia Henze, Julia Richter, Josefine Grandie und Jacob Schmidt, Niklas Richter und Johannes Franze. Die Mädels und Jungen gehören dem SC Potsdam an, wie auch die Männer mit Christopher Linke, Hagen Pohle und Nils Brembach, die von Bundestrainer Ronald Weigel trainiert werden.

Die Trainerin kommt. Die Erfolge des Vortages, den in Naumburg stattgefundenen Deutschen Meisterschaften im 20-km-Gehen, die aus Berliner und Potsdamer Sicht eine Sensation waren, scheinen schon wieder Vergangenheit zu sein. Dreimal wurde die Norm für die Europameisterschaften im Berliner Olympiastadion erreicht:

  1. Emilia Lehmeyer, Polizei-SV Berlin 1:32:49 h
  2. Saskia Feige, SC Potsdam  1:33:23 h
  3. Teresa Zurek, SC Potsdam  1:33:30 h

Bereits am 7. April 2018 hatte sich beim EA Walking Permit Meeting im tschechischen Podebrady die überraschende Entwicklung abgezeichnet. Die beiden Potsdamer Geherinnen Saskia Feige und Teresa Zurek verbesserten ihre persönlichen Bestzeiten über 20 km gleich um mehrere Minuten und belegten die Plätze zehn und elf. Die erzielten Bestmarken um 1:35 h sind für U20- Geherinnen sehr gut. Die EM-Norm des DLV für „Erwachsene“ liegt bei 1:33:30 h.

Die Weltspitze ist somit noch ein Stückchen entfernt. Die WM-Vierzehnte des Vorjahres, die Italienerin Eleonora Giorgi siegte in Podebrady mit 1:28:49 h. Weltmeisterin 2017 in London war die Chinesin Yang Jiayu in 1:26:18 h geworden. Ihre Landsfrau Liu Hong hält den Weltrekord mit unglaublichen 1:24:38 h, den Deutschen Rekord immer noch die Potsdamerin Sabine Zimmer mit 1:27:56. Die Trauben hängen also hoch.

Bei der Deutschen Meisterschaft haben sich die beiden 20-Jährigen und die 19-Jährige um über zwei Minuten verbessert. Jetzt muss dieses Leistungsniveau bestätigt werden, wobei Steigerungen in solch großen Schritten in den kommenden Monaten nicht erwartet werden können. Der DLV nominierte nun die drei Grazien für die Team-Weltmeisterschaften Anfang Mai im chinesischen Taicang. Bei den Männern treten die drei Potsdamer Christopher Linke, Hagen Pohle und Nils Brembach an.

Manja Berger setzt heute, einen Tag nach den Meisterschaften, ein Erholungsprogramm an. Acht Kilometer in 40 Minuten. Für Normalsterbliche alles andere als ein gemütlicher Spaziergang. Die Strecke führt entlang der Uferwege bis Caputh. Die Trainerin ist mit dem Fahrrad dabei. So habe ich ein wenig Zeit und laufe am sanierten Uferpavillon und dem geschlossenen Regattahaus vorbei, beides Bauten des einstigen Potsdamer Architekten Reinhold Mohr.

Auf dem Templiner See haben mittlerweile etwa 20 Kanuten mit ihrem Intervalltraining begonnen. Der Trainer sitzt im Motorboot und gibt Anweisungen über ein Mikrophon.

Saskia Feige und Teresa Zurek beim Gehtraining, auf dem Rad Trainerin Manja Berger

Dann kommen alle zurück. Teresa und Saskia zuerst. Neben ihnen die Trainerin auf dem Rad. Im Anschluss steht Gymnastik auf dem Programm, um die Muskeln und Bänder flexibel zu halten und das Training ausklingen zu lassen. Zeit, um ein paar weitere Fragen stellen zu können.

Teresa wird zum Abi in Deutsch und Sport geprüft und möchte Sportwissenschaften studieren, Sakia hingegen Bio-Informatik. Sie wird in Mathematik und Psychologie geprüft. Einen Freund haben die beiden Hübschen noch nicht, sagen sie.

Dann trifft Bundestrainer Ronny Weigel ist mit seinen Männern ein. Christopher Linke will es in diesem Jahr endlich wissen. Für Saskia und Teresa ist es wohl noch etwas zu früh, um nach einer WM-Medaille zu greifen. Bei der WM in China und bei der EM in Berlin werden sie in erster Linie wichtige Erfahrungen sammeln. Zuversicht und Ehrgeiz haben sie und das Wissen um die hohe Fachkompetenz ihrer Trainer.

Leider entsprachen die Ergebnisse der Teamweltmeisterschaften nicht ganz den Erwartungen.

Zeitumstellung und hohe Luftfeuchtigkeit im chinesischen Taicang machten den deutschen Geherinnen und Gehern zu schaffen. Sie blieben viele Minuten unter ihren Saisonbestleistungen. Aus dem angestrebten 3. Platz bei den 20-km-Männern wurde ein 6. Platz. Die Frauenmannschaft wurde lediglich Neunte. Erfreulich aus Potsdamer Sicht war der 11. Platz von Hagen Pohle und der 32. Platz von Saskia Feige, die mit 1:33:12 h sogar eine persönliche Bestleistung erzielte.

hg