Gregor Gysi stellte in Marquardt sein neues Buch vor: „Was Politiker nicht sagen“
Eine prall gefüllte Kulturscheune, mit etwa 100 Zuschauern, erwartete den Promi-Politiker Gregor Gysi an einem Dienstag im März in Marquardt. Er wurde begleitet von Hans Dieter Schütt, Journalist, Autor und Herausgeber vieler Bücher, der als Moderator und Gesprächspartner Gysis dabei war.
„Was Politiker nicht sagen“ heißt der Titel des neu erschienenen Buches von Gregor Gysi. Allerdings war das Gegenteil Motto dieses Abends, denn der in vielen Talk-Shows gefragte Politiker sagte sehr viel. Es ging natürlich um ihn als letzten Vorsitzenden der SED, ein Amt, das damals, unmittelbar nach der Wende, keiner machen wollte sowie um den jetzigen Zustand der Linken.
Er erzählte von seinen Vermittlungsversuchen zwischen Sarah Wagenknecht und Jeanine Wissler, die allerdings nichts gebracht hätten. „Und gerade jetzt – in Zeiten von Inflation, Krieg und Flüchtlingskrise, braucht die Gesellschaft eine starke Linke“, so Gysi.
Das Publikum erhielt auch einen kurzen Einblick in die interessante Familiengeschichte der Gysis. Und natürlich ging es auch um die aktuellen Probleme in der Gesellschaft, vor allem den Krieg in der Ukraine. Der Politiker sprach dazu die Friedensdemo in Berlin an. Er hat die Initiative von Sarah Wagenknecht und Alice Schwarzer unterschrieben, weil er der Meinung ist, dass man einen Waffenstillstand erreichen und dazu die Nato mit Putin verhandeln müsse. Sein Vorschlag: Die Nato liefert keine Waffen mehr und Putin beendet sofort den Krieg. Gysi zitierte in diesem Zusammenhang die Äußerung des US-Generals Mark Milley, der von einer Abnutzungsschlacht in der Ukraine spricht und der der Meinung ist, dass keiner der beiden Kriegsparteien gewinnen könne.
Für Gysis Aussage, dass andere Konflikte momentan in der Tagesschau nicht stattfänden – von den Kriegen in Syrien, im Jemen und Irak gäbe es keine Bilder und Berichte – bekam er Beifall. Und auch seine Aussage, dass eine Mehrheit der Bevölkerung inzwischen den öffentlich-rechtlichen Medien misstrauen würde, sie zwar keine Lügenpresse, aber einseitig geworden sei, beklatschten die Zuhörer vehement. Gysi ergänzte dazu, dass inzwischen auch 38 Prozent der Bevölkerung nicht mehr wählen gehen würden, was bedauerlich sei.
Gregor Gysi ist noch immer als Anwalt tätig und ließ das Publikum auch an einigen interessanten Fällen kurz teilhaben. Mit der Aussage, dass er wild entschlossen sei, das Alter zu genießen, endete die offizielle Veranstaltung. Gern hätte man dem erfahrenen Politprofi die eine oder andere Frage zu den großen Problemen der jetzigen Zeit gestellt, aber das hätte wohl den zeitlichen Rahmen der Veranstaltung gesprengt.
Auf einem Büchertisch des bekannten Potsdamer Buchhändlers Wist konnte man sowohl das neue Buch von Gysi „Was Politiker nicht sagen“ sowie weitere Bücher von ihm erwerben und sich ein Autogramm holen. Es war ein sehr interessanter Abend, der bei einem Glas Wein oder Bier gewiss die eine oder andere Diskussion entfachte.
Renate Plage